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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)
Autoren: Stefan Aust
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sich genommen. Wir hatten mehrere Opfer zu verantworten, zum Schluß ist die ganze Moral der RAF gekippt – und bei allem stand ihre Befreiung im Mittelpunkt. Da haben sie mit ihrem Tod einfach auch eine Grenze gesetzt.
    Die Botschaft war: Unseretwegen jetzt nichts mehr. Beendet es oder findet einen Inhalt für euch! In der Inszenierung ihres Todes ist ja vieles enthalten: Der letzte Tritt gegen die Macht, von der sie sich völlig befreit sahen. Ein Aufscheinen der alten Moral – ›das Projektil sind wir‹. Aber auch die Übernahme einer Verantwortung, vielleicht sogar so etwas wie Buße und die Erkenntnis, daß das alles für sie in keinem Verhältnis mehr zum Einsatz steht.«
     
    Viele Wochen verbrachten die Reste der RAF in ihrem irakischen Exil, geduldet von Sadam Husseins Geheimdienst, betreut, finanziert und instrumentalisiert von diversen palästinensischen Terrorgruppen, allen voran die Palästinensische Volksbefreiungsfront ( PFLP ) des Wadi Haddad, Kampfname Abu Hani.
    Der Schock von Stammheim saß tief. Peter-Jürgen Boock behauptete, an Krebs zu leiden, dafür benötigte er Medikamente, die nur in Europa erhältlich waren. In Wirklichkeit war er drogensüchtig. Um ihn mit den nötigen Mitteln zu versorgen, wurden immer wieder Kuriere in die Niederlande geschickt. Gruppenchefin Brigitte Mohnhaupt, die immer noch mit Boock liiert war, gab dazu die Anweisungen. Die Drogenboten folgten gehorsam, einige wurden bei Beschaffungsaktionen festgenommen.
     
    Bis zum »Deutschen Herbst« des Jahres 1977 waren 28  Menschen bei den Anschlägen oder Schußwechseln ums Leben gekommen. Siebzehn Mitglieder der »Stadtguerilla« fanden den Tod. Zwei gänzlich Unbeteiligte waren bei Fahndungsmaßnahmen versehentlich von der Polizei erschossen worden.
    47 Tote. Das ist die Bilanz von sieben Jahren »Untergrundkampf«. In diesen sieben Jahren hatte die Bundesrepublik Deutschland aufgerüstet, juristisch und polizeilich und im Bewußtsein der breiten Bevölkerung. Das Land hatte an Liberalität verloren. Doch auch der hochgezüchtete Polizeiapparat hatte den Krieg der nächsten Generation der RAF nicht stoppen können.
     
    Das blutige Ende des »Deutschen Herbstes« war nicht das Ende des Terrorismus in Deutschland. Die neue RAF hatte nur dazugelernt. Sie hinterließ keine Spuren mehr. Sie mordete aus dem Hinterhalt.
    Im Juni 1979 zündete Rolf Clemens Wagner per Funk in einem unter eine Straße getriebenen Stollen einen Sprengsatz, als der NATO -General Alexander Haig auf dem Weg zum Hauptquartier war. Die Detonation wurde einen Sekundenbruchteil zu spät ausgelöst, so daß drei Personenschützer in einem Begleitfahrzeug nur leicht verletzt wurden. Die Erklärung des »Kommandos Andreas Baader« endete mit dem Satz: »Der Kampf hört nie auf.«
    Inzwischen hatte Peter-Jürgen Boock sich aus der Gruppe abgesetzt, und neben Brigitte Mohnhaupt war nun Christian Klar der männliche Part der Doppelspitze.
     
    Ende 1979 wollten sich acht Gruppenmitglieder aus dem bewaffneten Kampf verabschieden. Sie mußten ihre Waffen abgeben und warteten in einem Ferienhaus in der Bretagne darauf, daß ein sicheres Exil für sie gefunden würde. Es sollte ein sozialistisches Land in der Dritten Welt sein.
    Inge Viett, eine Veteranin des bewaffneten Kampfes in der Bundesrepublik, zog die Fäden. Im Frühjahr 1978 hatte sie, eher zufällig, auf dem Ostberliner Flughafen Schönefeld einen Stasi-Major kennengelernt und war mit ihm ins Gespräch gekommen. Im Juni wurde sie bei einer Durchreise in der CSSR zusammen mit zwei weiteren Frauen festgenommen. Der Genosse aus Ostberlin eilte zu Hilfe und erreichte ihre Freilassung. Ende 1980 sprach Inge Viett mit dem Stasi-Offizier und einem seiner Kollegen von der Hauptabteilung XXII des Ministeriums für Staatssicherheit über die Pläne einiger RAF -Mitglieder, sich vom bewaffneten Kampf zu verabschieden und nach Afrika zu gehen.
    Die Geheimdienstler rieten ab. In Afrika würde eine Gruppe von Weißen auffallen, außerdem sei die Lage in den meisten in Betracht kommenden Ländern zu unsicher. Der Leiter der Hauptabteilung XXII informierte Stasi-Chef Erich Mielke, und der entschied: Dann sollen sie doch einfach zu uns kommen.
    Jeder Aussteiger erhielt aus der Kasse der RAF 3000 D-Mark als Startkapital für die Eingliederung in den Arbeiter- und Bauernstaat. Geld war genügend vorhanden: Allein durch die Entführung des österreichischen Wäschekönigs Walter Palmer hatte die »Bewegung 2
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