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Der Augenjäger / Psychothriller

Der Augenjäger / Psychothriller

Titel: Der Augenjäger / Psychothriller
Autoren: Sebastian Fitzek
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ist, um mir völlig das Bewusstsein zu nehmen, aber doch ausreichend stark, dass ich mich gegen die Gewalt des Augensammlers nicht länger zur Wehr setzen kann. Ich leide unter unerwünschter Wachheit. Nur dass bei mir, im Unterschied zu Lara Weitzmann, die Operation ewig andauern wird.
    All das kann Stoya nicht verstehen, nicht einmal erahnen. Daher ist er nicht darauf vorbereitet, als ich etwas in die Knie gehe, um den Kopf von unten gegen sein Kinn zu rammen. Er stöhnt auf, strauchelt, fällt aber erst durch die geöffnete Stahltür nach draußen, nachdem ich ihm die Taschenlampe aus den Händen gerissen und ihm einen Fußtritt in den Magen verpasst habe.
    Es dauert keine drei Sekunden, da habe ich das Schott von innen geschlossen und den Polizisten ausgesperrt.
    In diesem Moment klingelt mein Handy.

4. Kapitel
    D as Display zeigt hier unten kaum Empfang, dafür umso deutlicher den Namen des Monsters, das für all meine Qualen verantwortlich ist: Frank Lahmann. Der Augensammler, der seinen Namen der Tatsache verdankt, dass er all seinen Entführungsopfern nach ihrem Tod das linke Auge entfernt.
    Ich drücke auf die Sprechtaste und presse mir das Handy ans Ohr.
    »Hallo, Alex«, sagt Frank. So hat er mich tausendmal am Telefon und in der Redaktion begrüßt. Seine Stimme klingt neutral, emotionslos und sachlich. Als wären wir nichts als Zeitungskollegen, die einen gemeinsam recherchierten Artikel zu besprechen haben, der in einer Stunde in den Druck muss. Als hätte er nicht meiner Frau das Genick gebrochen und meinen Sohn entführt.
    »Ich werde dich finden!«, will ich brüllen. »Ich werde dich finden, und wenn es den Rest meines Lebens dauert. Wobei du dir besser wünschen solltest, dass es eher früher geschieht als später. Denn je länger ich dich suche, umso mehr Zeit habe ich, über die Foltermethode nachzudenken, mit der ich dich töte.«
    Doch so viel Durchsetzungskraft lässt der Zustand meiner unerwünschten Wachheit nicht zu, also krächze ich nur ein einziges Wort in den Hörer: »Wo?«
    Wo ist Julian? Wo hast du seine Leiche hingebracht?
    Es ist ein weiteres Merkmal seines Modus Operandi, dass der Augensammler die Leichen niemals in ihren Verstecken zurücklässt, sondern im Freien aussetzt. In einer ähnlich bewaldeten Umgebung wie der, in der damals auch die Kühltruhe gestanden hatte.
    »Du kommst zu spät«, sagt er. Stoya hämmert hinter mir wie ein Verrückter gegen die verschlossene Stahltür, weshalb ich Frank kaum verstehen kann. »Aber ich verzeihe dir.«
    »Du verzeihst
mir

    »Ja. Obwohl du alle Zeichen falsch gedeutet hast, Alex. Obwohl du deine Zeit damit verschwendet hast, mich zu jagen und eine Zeitungsstory nach der anderen über mich zu schreiben, anstatt den elften Geburtstag deines Sohnes zu feiern. Obwohl du nicht besser bist als all die anderen Väter, die ihr Leben mit Arbeit vergeuden, anstatt sich ihren Kindern zu widmen, erkenne ich die besondere Bindung zwischen uns an.«
    Besondere Bindung.
Mir wird so übel, dass mir die Luft wegbleibt. Frank ist mein Volontär gewesen. Ich habe ihn bei dem Sensationsblatt, für das ich arbeitete, ausgebildet. Habe ihn eingestellt und mich immer wieder bei der Chefredaktion für ihn eingesetzt, weil ich in seinem vorlauten Wesen und seinem Arbeitseifer einen Teil von mir selbst wiederzuerkennen glaubte. Ich weiß, dass der Gedanke, den Mörder meiner Familie eigenhändig ausgesucht und gefördert zu haben, mich irgendwann, wenn das alles vorbei ist, in den Wahnsinn treiben wird.
    »Ich wollte nie, dass wir zu Gegnern werden, Alex. Ich habe in dir wirklich ein Vorbild gesehen. Deshalb habe ich alles getan, damit du dich von meinem Spielfeld fernhältst. Doch du wolltest ja nicht hören. Aber wie gesagt, ich bin kein Unmensch. Ich hab dich wirklich gern. Vielleicht ist es eine dumme Sentimentalität, wenn ich dir in Anerkennung unserer Vergangenheit eine zweite Chance geben will, Julian zu retten.«
    Zu retten?
    In dieser Sekunde begreife ich, weshalb Menschen gläubig werden. Ich bete zu jedem mir bekannten Gott, dass Franks Sadismus nicht so weit geht, mir unbegründete Hoffnung zu machen.
    »Julian lebt?«
    »Ja. Aber dieser Zustand ist veränderlich, wie du weißt.«
    »Was muss ich tun?«, frage ich und versuche die Rufe hinter der Stahltür zu ignorieren. Stoya ist jetzt nicht mehr alleine und droht, das Schiff evakuieren und mich hier zurückzulassen, wenn ich nicht sofort herauskomme.
    In meinem aufgewühlten Zustand bin ich
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