Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Augenjäger / Psychothriller

Der Augenjäger / Psychothriller

Titel: Der Augenjäger / Psychothriller
Autoren: Sebastian Fitzek
Vom Netzwerk:
Ich hätte Julian töten können, aber dann hätte ich dir nie diese Lektion hier erteilen können.«
    Ich hörte eine Autohupe durch das Telefon und dachte:
Irgendjemand hupt gerade, ohne es zu wissen, den Mörder meiner Frau an, weil er ihm die Vorfahrt genommen hat.
    »Nur deswegen habe ich ausnahmsweise meine Regel gebrochen und deinen Sohn am Leben gelassen. Aus demselben Grund, weshalb ich dir das hier alles erzähle. Das ist ein Teil deiner Strafe. Denn nur wenn du alle Fakten kennst, Zorbach, kannst du dich nicht selbst belügen.«
    Scholles Monolog passte sich immer mehr meinem Gemütszustand an. Er wurde zunehmend irrealer.
    »Gott, was habe ich alles unternommen, um dich auf das Spielfeld zurückzubringen. Aber du hast es ja vorgezogen, einen auf Psycho zu machen, also musste ich mir was ausdenken, um dich aus Schwanenwerder wieder rauszuholen.«
    Ich hörte ein Rascheln und hob den Kopf.
    Stoya hielt mir einen Zettel vor die Augen: SUKER stand da. Ich nickte.
    »Was hat Suker mit der Sache zu tun?«
    Wieder ließ Scholle sich nicht lange bitten.
    »Ich hatte einen einfachen Deal mit ihm. Er schafft mir Alina vom Hals, und ich bewahre ihn dafür vor dem Knast.«
    »Wieso Alina?«
    »Weil sie ein Dorn in meinem Arsch war. Sie hat unser Spiel verzerrt. Verdammt, hatte ich einen Joker, der mir die Zukunft vorhersagt, oder was? Ich musste sie ausschalten, bevor wir weiterspielen konnten. Alles andere wäre unfair gewesen. Immerhin taugte sie wenigstens dafür, dich aus deinem Dornröschenschlaf zu wecken. Deswegen hab ich sie gegen Stoyas Willen nach Schwanenwerder gelockt, und, voilà, du bist auf sie angesprungen wie ein läufiger Hund.«
    »Und danach hast du sie an Suker ausgeliefert?«
    »Er hat sie sich selbst geholt. Ich hab ihn nur ein bisschen mit Infos gefüttert. Wusste ja, dass er auf Vergewaltigungsopfer steht. Hab ihm also erzählt, der Augensammler wäre ein gesuchter Vergewaltiger, der uns schon längst ins Netz gegangen wäre, wenn Alina ihre sexuelle Belästigung schon früher angezeigt hätte.«
    »Dann hast du also Tamara gezwungen, ihre Aussage zurückzunehmen, damit Suker freikam?«
    Julian stöhnte in meinen Armen.
    »Das war mein Teil des Deals. Kinderleicht. Ich wusste von Suker, welche Angst sie vor einer gewissen Assistentin hatte …«
    »Iris!«
    »Genau. Ich überbrachte Tamara eine Nachricht. Sollte sie ihre Zeugenaussage nicht zurückziehen, würde Iris ihren Vater töten. Dann legte ich ihr ein Bild vor, das ich aus dem Schlafzimmer deines Sohnes entwendet hatte. Sie sollte die Wände vollkritzeln, als Beweis dafür, dass sie auf einmal irre geworden ist und ihre Aussage wertlos war. Mann, sie ist auf diesen Psychoscheiß voll eingestiegen.«
    Sein kurzes Kichern ging in einen weiteren Hustenanfall über, was seinen Redefluss etwas ausbremste. Als er sich beruhigt hatte, war das Rauschen im Hintergrund verschwunden. Ich stellte mir vor, wie er rechts rangefahren war. Wie Passanten an seinem Wagen vorbeigingen, einen Mann telefonieren sahen und nicht wussten, dass sie gerade einen Serienmörder dabei beobachteten, wie er die Hinterbliebenen seiner Opfer verhöhnte.
    »Ich sagte Tamara, sie sollte so lange auf Macke schieben, bis du ihr das Tagebuch deines Sohnes zeigst.
SAFRAN WECKT HIRN
.
Hat sie dir davon erzählt?«
    »Ja.«
    »Und du hast es nicht verstanden, was? Verdammt, das war ein Zeichen, Zorbach! Damit hatte ich dir helfen wollen. Siehst du, wie fair ich war? Würfel die Buchstaben durcheinander, und was kommt raus?«
    FRANK WAR ES NICHT
    »Na ja, du kommst noch drauf.«
    Stoya hielt mir einen weiteren Zettel hin, aber ich ignorierte ihn.
    »Wieso das Bild?«
    Ich war in den alten Interviewmodus meines früheren Lebens verfallen. Wollte Antworten haben. Suchte nach unlogischen Aussagen, die Scholles Worte als einen grausamen Scherz entlarvten, damit ich mich nicht länger als der fühlen müsste, der ich war: der Mörder eines Unschuldigen. Doch je länger wir sprachen, umso sicherer wurde ich mir, dass Scholle in jedem Punkt die Wahrheit sagte. Und das tat er nicht, um sich etwas von der Seele zu reden, sondern um meine Seele zu vergiften. Wie er soeben gesagt hatte: Die Wahrheit zu erfahren war der eigentliche Teil meiner Bestrafung.
    »Hier habe ich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen«, hörte ich ihn weiterreden. »Früher oder später, wusste ich, würdest du an Tamaras Zimmer vorbeikommen, und wenn ich es selbst arrangierte. Und was soll ich sagen? Bingo!
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher