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Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition)

Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition)

Titel: Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition)
Autoren: Gabriele Goettle
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Nosema auch ein Fernziel, also, die entsprechende Immunabwehr gegen solche Krankheiten in den Bienen heranzuzüchten. Aber in der Zwischenzeit müssen wir sie behandeln können.
    Sehr wichtig ist auch die Art und Weise, wie neue Pathogene, neue Krankheitserreger, hier reinkommen. Eben nicht nur über Bienenforscher, wie im Fall der Varroamilbe.« Wir geben unserer Überraschung Ausdruck. »Na ja, es ist ja allgemein bekannt, die Varroamilbe, Varroa destructor, ist in den 70er Jahren von Bienenforschern eines Bieneninstitutes – Namen tun hier nichts zur Sache – nach Deutschland eingeschleppt worden. Sie brachten die asiatischen Bienen Apis cerana mit, um daran forschen. Die Varroamilbe sitzt auf der Apis cerana, richtet dort aber keinen Schaden an. Aber, wie gesagt, die Pathogene kommen eben nicht nur über die Bienenforscher zu uns, sondern natürlich über den Handel mit Bienen weltweit, mit Königinnen. Also, ich kann mir Königinnen schicken lassen, Bienenköniginnen muß man sowieso immer mit Pflegebienen verschicken. Ich kann mir aber auch so ein kleines Volk gleich als ›Paketbienen‹ kaufen, die werden im Paket verschickt. Es ist in Europa verboten, wegen des hohen Risikos, aber es sind die Imker selbst, die dieses Risiko und das Verbot ignorieren, weil sie gehört haben, daß diese Biene, diese Königin besonders gut sein soll. Das Verbot von Bienenimporten einzuhalten, ist sehr wichtig, vor allem wegen des Kleinen Beutenkäfers, der in den USA bereits verheerende Schäden angerichtet hat. Es besteht die große Gefahr, daß er auch nach Europa eingeschleppt wird. Ursprünglich stammt er aus Afrika. 1996 wurde er im Süden der USA entdeckt und hat sich inzwischen im ganzen Land ausgebreitet, bis hinauf nach Kanada. Noch spielt er bei uns keine Rolle, es gibt aber vorsorglich eine Anzeigepflicht in der EU. Der ist in der Lage, in Amerika Imkereien mit Tausenden von Völkern dem Erdboden gleichzumachen. Da habe ich Filme gesehen, das kann man sich nicht vorstellen. Der ernährt sich von allem, was in dem Volk drin ist, Eier, Brut, Honig, Pollen, der vermehrt sich explosionsartig in den Völkern. In einem Film wurde eine amerikanische Großimkerei gezeigt, man sah eine riesige Lagerhalle mit Betonfußboden. Der Imker mußte in Gummistiefeln durch diese Lagerhalle gehen, weil er zentimeterhoch durch die Maden dieses Kleinen Beutenkäfers gewatet ist. Diese Imkerei war platt. Also, es war sehr eindruckvoll.
    Aber kommen wir wieder zurück zu den Krankheiten, die wir hier haben. Noch mal zu den Ursachen: Ein Bienenvolk hat so viele Faktoren um sich rum, nicht nur Krankheiten, auch Umweltbedingungen usw. Ich muß, wenn ich über Bienensterben rede, nicht zwanghaft nach einem einzigen Grund suchen. Ich kann vielleicht sagen, dieses Jahr hat die Varroamilbe das Faß zum Überlaufen gebracht. Und zwar in Regionen, in denen Pflanzenschutzmittel ein Problem waren, aber auch in Regionen, in denen die Trachtversorgung ein Problem war, und auch in Regionen, in denen das Wetter ein Problem war. Wir haben drei verschiedene Bedingungen, die bedeuten, diesen Völkern geht es nicht gut. Und jetzt kommt noch ein Faktor drauf, und alle kippen um.
    Hier hängt eine Tabelle an der Wand. Das sind die Völkerverluste in der Vergangenheit. Sie sehen hier: 1945/1946, außergewöhnliche Winterverluste. Es war ein sehr kalter Winter und just Kriegsende, Zucker war Mangelware. Aber 1962/63, 1972/73 und 1974/75 gab es die Verluste ebenso, 1995/96 und 2002/03 waren sie teilweise zwar höher, aber die Winterverluste gab’s immer: Schon vor dem Saatgutbeizmittel, schon vor der Varroamilbe, schon vor gentechnisch veränderten Pflanzen. D. h., es muß Gründe geben, die unabhängig davon sind. Was nicht heißt, daß z. B. die Varroamilbe keinen Schaden anrichtet. Sie ist einfach ein zusätzlicher Faktor gewesen. Ebenso verhält es sich mit Saatgutbeizmitteln und GVOs. Bei uns sind nur 0,16 Prozent der Flächen mit GVOs belastet, aber die Bienenverluste waren flächendeckend. Gentechnisch veränderte Organismen können als zusätzlicher Faktor dazukommen. Es muß aber nicht so sein. Ich darf sie nicht als alleinigen Faktor an den Pranger stellen wollen. Die Gefahr, die ICH dabei sehe, ist: Wenn ich aus ideologischen Gründen einen bestimmten Schuldigen anprangere, dann kann es mir passieren, daß ich den wahren Schuldigen laufen lasse. Daß ich nicht mehr neutral das Ganze angucke.
    Natürlich, ich kann nur gute Forschung machen und
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