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Der Archipel in Flammen

Titel: Der Archipel in Flammen
Autoren: Jules Verne
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welchen Seeräuberkapitänen er gefahren war, unter welcher Flagge er seine ersten Wassertaten vollführt hatte, welches Blut, ob das der Feinde oder das der Beschützer Griechenlands, oder gar das gleiche, das in seinen Adern floß, er vergossen hatte: das zu sagen wäre wohl kaum ein Mensch imstande gewesen. Indessen mehr denn einmal war er schon in den verschiedenen Häfen des Meerbusens von Koron gesehen worden. Gar mancher von seinen Landsleuten hatte erzählen können von den Heldenstückchen als Seeräuber, die er zusammen mit ihm ausgeführt hatte, manches Kauffahrteischiff hatten sie mit ihm überfallen und in Grund gebohrt, gar manche reiche Prise mit ihm geteilt! Aber ein Geheimnis war um den Namen Nikolas Starkos gewoben, – und so rühmlich bekannt war derselbe in den Provinzen des Magnos, daß sich all und jeder vor ihm beugte.
    Hiernach begreift sich der Empfang, der diesem Manne von den Leuten von Vitylo bereitet wurde; hieraus erklärt sich, daß sein bloßer Name, seine bloße Gegenwart genügt hatte, sie Abstand nehmen zu lassen von der Plünderung der Sakolewa, die sie schon als ihnen verfallen betrachtet hatten.
    Sobald der Kapitän der "Karysta" kurz hinter der Mole den Fuß auf den Kai gesetzt hatte, bildeten Männer und Weiber, die herbeigelaufen waren, um ihn zu sehen, respektvoll Spalier. Kein Ruf war laut geworden, als er aus seiner Gig stieg. Sein Prestige war scheinbar groß genug, um durch sein bloßes Erscheinen schon Ruhe ringsum zu stiften. Man wartete, bis er sprechen würde, und wenn er es unterließ, zu sprechen, – ein Fall, der leicht eintrat – so getraute sich niemand, das Wort etwa selber an ihn zu richten.
    Nikolas Starkos schritt, nachdem er die Matrosen mit der Gig wieder an Bord seiner Sakolewa geschickt hatte, auf den Winkel zu, der im Hintergrunde des Hafens von dem Kai gebildet wird. Aber kaum hatte er zwanzig Schritt in dieser Richtung getan, als er stehen blieb. Dann wendete er sich an den ihm bekannten alten Seemann, der ihm, gleichsam gewärtig eines Befehls, gefolgt war, und sagte:
    "Gozzo! ich werde wohl noch zehn kräftige Leute brauchen, um meine Mannschaft vollzählig zu machen."
    "Die sollst du haben, Nikolas Starkos," erwiderte Gozzo. Und hätte der Kapitän der "Karysta" hundert Leute begehrt, so würde er sie unter dieser seefahrenden Bevölkerung gefunden haben, ganz, wie er sie haben wollte ... und diese hundert Leute würden, ohne zu fragen wohin man sie führen, zu welchem Gewerbe man sie bestimmen wolle, für wessen Rechnung sie fahren oder kämpfen sollten, ihrem Landsmann gefolgt sein, männiglich bereit, sein Schicksal zu teilen, da sie alle wußten, auf diese oder jene Weise auf ihre Rechnung dabei zu kommen.
    "In einer Stunde," setzte der Kapitän hinzu, "sollen die zehn Mann an Bord der "Karysta" sein!"
    "Sie werden dort sein," erwiderte Gozzo.
    Nikolas Starkos bedeutete Gozzo durch einen Wink, daß er seine Begleitung nicht weiter wünsche, stieg den Kai hinauf, der sich an die Mole schloß, und verschwand in einer der engen Gassen, die beim Hafen mündeten.
    Gozzo, der Alte, kehrte, gehorsam Starkos' Willen, zu seinen Kameraden zurück und widmete sich bloß der Auswahl der zehn für die Ergänzung der Mannschaft der Sakolewa notwendigen Leute.
    Mittlerweile stieg Nikolas Starkos langsam über die Hänge des steilen Uferfelsens, welcher den Flecken Vitylo trägt. In dieser Höhe war kein anderes Geräusch vernehmlich als das Gebell der bissigen Hunde, die für Reisende kaum weniger zu fürchten waren als Schakals und Wölfe, Hunde mit furchtbaren Kinnladen und großem Bulldoggen-Gesicht, die sich mit dem Stocke kaum abwehren lassen. Ein paar Möwen kreisten mit kurzen Schlägen ihrer großen Flügel durch die Lüfte, auf dem Wege zu ihren Schlupfwinkeln am Strande befindlich.
    Bald hatte Nikolas Starkos die letzten Häuser von Vitylo hinter sich. Von hier ab schlug er den rauhen Pfad ein, der um die Akropolis von Kerapha heraufläuft. An den Ruinen einer Feste vorbei, die hier zur Zeit, als die Kreuzfahrer verschiedene Punkte des Peloponnes besetzt hielten, durch Ville-Hardouin erbaut worden war, um die Mauern von alten Türmen herum, von denen der Uferfelsen noch immer gekrönt wird, führte ihn sein Weg. Bei dem alten Gemäuer blieb er eine Weile stehen und drehte sich um.
    Am Horizont, diesseits vom Kap Gallo, war die zunehmende Mondsichel schon halb in den Fluten des Ionischen Meeres versunken. Hie und da funkelten ein paar Sterne durch
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