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Der Angstmacher

Der Angstmacher

Titel: Der Angstmacher
Autoren: Jason Dark
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ich konnte mein Sichtfeld erweitern und entdeckte vor mir eine hellere Fläche, die sich sogar ausgebreitet hatte. Dort War der Wald zu Ende und lief aus in einem freien Platz, über dem noch die Dämmerung schwebte.
    Bis dorthin war ich noch nie gekommen. An der Lautstärke konnte ich erkennen, daß ich mich meinem Ziel bis auf einige Schritte genähert hatte.
    Mehrere Häuser standen sich gegenüber, so daß die Ansammlung schon ein Minidorf bildete.
    In welch einem Haus verbarg sie sich? Trotz der Musik konnte ich es nicht genau sagen. Ich hatte das Gefühl, als würde sie von überall herkommen.
    Die Häuser besaßen zum Teil kleine Anbauten. Ich entdeckte auch einige eingezäunte Flecken, mehr Ställe im Freien, in denen sich zu dieser Zeit keine Tiere aufhielten.
    Sally spielte noch immer.
    Der Klang war jetzt sehr laut geworden. Ich vernahm ihn so deutlich wie beim erstenmal im Zimmer des toten Jens Andersen. Nur wirkten die Melodien diesmal anders auf mich. Sie gingen nicht tiefer, beeinflußten mich nicht und bereiteten mir auch keine Angst. Irgendwie hatten sie sich verändert. Den Grund konnte ich nicht nennen, ich dachte auch nicht näher darüber nach, denn ich spürte plötzlich ein gewisses Unwohlsein, als wäre etwas Schreckliches in der Nähe, das nur darauf wartete, mich anzufallen.
    Auf der Stelle drehte ich mich, sah aber in der Dunkelheit nichts. Hatte ich mich geirrt?
    So recht konnte ich daran nicht glauben. Mein Gefühl reagierte wie ein hochempfindliches Meßgerät und hatte mich eigentlich noch nie im Stich gelassen.
    Mit langsam gesetzten Schritten betrat ich den Platz zwischen den Häusern.
    Unter meinen Sohlen zerknirschten kleine Steine. In der Platzmitte blieb ich stehen und richtete den Blick auf die vor mir liegenden Häuser. Bei einem stand die Eingangstür offen, und aus ihr wehten mir auch die Klänge der Harfe entgegen.
    Jetzt war alles klar!
    Dennoch verhielt ich mich ruhig. Das Gefühl der Beklemmung hatte auch jetzt, wo praktisch alles geklärt war, nicht von mir weichen wollen. Es war nicht so wie in Andersens Zimmer, es ging nicht unbedingt tiefer, ich konnte es als innere Unruhe bezeichnen. Etwas lauerte… Nicht im Haus, nein draußen, vielleicht hatte es mich schon längst eingekreist.
    Ich atmete flach und durch die Nase, während das Mädchen noch immer spielte.
    Sally mußte mich längst gesehen haben. Wenn sie durch die Tür schauen konnte, fiel ihr Blick auch auf die freie Fläche vor dem Haus. Ich war gekommen, um dem Spuk ein Ende zu bereiten, das nahm ich auch in Angriff.
    Mit einer sicheren Bewegung streifte ich die Silberkette über den Kopf. An ihr hing das Kreuz. Schon einmal hatte ich erlebt, daß Sally es nicht mochte.
    Es verschwand in meiner rechten Seitentasche. Und genau in dem Augenblick verstummte der Klang.
    Stille kehrte ein. Sie war bedrückend und belastend. Bis auf das leise Rauschen des Blätterwerks in den Baumkronen hörte ich keine anderen Geräusche.
    Dafür sah ich plötzlich ein Licht hinter der Flaustür. Es war unruhig und flackerte, weil der Wind hineindrang und die Kerzenflamme berührte. Licht ist ein Siegel der Hoffnung. In diesem Fall würde es sich anders verhalten.
    »John Sinclar…« Die Stimme der jungen Musikerin klang mir dünn entgegen. »Ich weiß, daß du vor dem Haus stehst. Ich kann dich sogar sehen. Weshalb kommst du nicht? Fürchtest du dich? Los, komm zu mir!«
    »Ja, Sally«, erwiderte ich. »Keine Sorge, ich werde kommen…«
    Sie saß an einem klobigen Holztisch, hatte die Harfe neben sich stehen und wurde vom Schein der Kerze angestrahlt. Vielleicht war ihr Gesicht blaß, doch jetzt zauberte das Licht einen gelbroten Schleier über die Haut und erfüllte es mit einem ungewöhnlichen Leben. Nachdem ich die Schwelle überschritten hatte, richtete ich mich auf. Soeben konnte ich noch stehen, nur meine Haare berührten die Decke. Sally sagte nichts mehr. Sie starrte mich nur an und hatte eine Handfläche auf das Holz der Harfe gelegt.
    Ich trat noch einen kleinen Schritt vor, um mich besser umschauen zu können. Zwar war der Raum ziemlich klein, dennoch schaffte es die eine Lichtquelle, ihn ganz auszuleuchten. Vieles blieb in der Dunkelheit verborgen, wie der Kamin, das aufgeschichtete Holz, die Töpfe und Pfannen und auch das Regal.
    »Gefällt es dir?« fragte Sally mich.
    »Es geht. Aber deshalb bin ich nicht gekommen.«
    Sie nickte. »Ich weiß. Du bist meinem Ruf gefolgt, um mich töten zu können.«
    »Wer sagt
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