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Der alte Mann und das Meer

Der alte Mann und das Meer

Titel: Der alte Mann und das Meer
Autoren: Ernest Hemingway
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er, daß der Kampf zwecklos war. Sie kamen in einem Rudel, und er konnte nur die Linien sehen, die ihre Flossen im Wasser machten, und ihr Phosphoreszieren, als sie sich auf den Fisch stürzten. Er schlug mit seiner Keule auf Köpfe ein und hörte ihre Kiefer zu hacken und spürte das Beben des Bootes, als sie sich festbissen. Er schlug mit seiner Keule verzweifelt auf das los, was er nur hören und fühlen konnte, und er fühlte, wie etwas die Keule packte und sie weg war.
    Er zerrte die Pinne vom Ruder und schlug und hackte mit ihr drauflos, und hielt sie in beiden Händen und ließ sie wieder hinuntersausen. Aber sie kamen jetzt bis zum Bug, und einer nach dem andern und alle zusammen jagten heran und rissen die Fleischstücke los, die sich leuchtend in der See abhoben, als sie wendeten, um zurückzukommen.
    Einer stieß schließlich gegen den Kopf selbst, und der alte Mann wußte, daß es nun vorbei war. Er schwang die Pinne über den Schädel des Hais, wo die Kiefer in der Zähigkeit des Fischkopfes, der nicht zerreißen wollte, verfangen waren.
    Er schwang sie einmal und zweimal und noch einmal. Er hörte, wie die Pinne zerbrach, und er schlug ungestüm mit dem zersplitterten Ende auf den Hai ein.
    Er fühlte, wie es eindrang, und da er wußte, daß es scharf war, stieß er es zum zweitenmal hinein. Der Hai ließ los und rollte fort. Das war der letzte Hai von dem Rudel, der kam. Es gab nichts mehr für sie zu fressen.
    Der alte Mann konnte jetzt kaum atmen, und er hatte einen merkwürdigen Geschmack im Mund. Es war kupferartig und süßlich, und einen Augenblick hatte er Angst davor. Aber es war nicht viel davon.
    Er spie in den Ozean und sagte: »Freßt das,
galanos
. Und träumt, daß ihr einen Mann getötet habt.«
    Er wußte, daß er jetzt endgültig und unwiderruflich geschlagen war, und er ging ins Heck zurück und fand, daß das zersplitterte Ende der Pinne in die schmale Öffnung des Steuerruders gut genug hineinpaßte, um damit zu steuern.

Er legte sich den Sack um die Schultern und brachte das Boot auf seinen Kurs.
    Er segelte jetzt unbeschwert, und er hatte weder Gedanken noch Gefühle irgendwelcher Art. Nichts ging ihn mehr an, und er segelte das Boot so gut und mit so viel Überlegung, wie er konnte, um seinen Heimathafen anzulaufen. In der Nacht fielen Haie das Gerippe an, wie jemand von einer Tafel Krumen auflesen mag. Der alte Mann kümmerte sich nicht um sie, und kümmerte sich um nichts als um sein Steuern. Ihm fiel nur auf, wie leicht und gut das Boot dahinsegelte, jetzt, als kein großes Gewicht an seiner Seite hing. Ein gutes Boot, dachte er. Das ist in Ordnung und hat keinen Schaden erlitten bis auf die Pinne. Die läßt sich leicht ersetzen.
    Er konnte spüren, daß er jetzt innerhalb des Stroms war, und er konnte die Lichter der Strandkolonien längs des Ufers sehen. Er wußte jetzt, wo er war, und es war ein leichtes, nach Haus zu kommen.
    Wenigstens der Wind ist unser Freund, dachte er. Dann fügte er hinzu, manchmal. Und die große See mit unsern Freunden und unsern Feinden. Und mein Bett, dachte er. Mein Bett ist mein Freund. Ja, mein Bett, dachte er. Das Bett wird wunderbar sein. Es ist einfach, wenn man geschlagen ist, dachte er.
    Ich wußte niemals, wie einfach es ist. Und was hat dich geschlagen? dachte er.
    »Nichts«, sagte er laut. »Ich bin zu weit hinausgefahren.«
    Als er in den kleinen Hafen hineinsegelte, waren die Lichter der »Terrasse« aus, und er wußte, daß alle schliefen. Der Wind hatte ständig aufgefrischt und blies jetzt stark. Im Hafen jedoch war es ruhig, und er segelte auf das kleine Stückchen steinigen Strands unter den Felsen hinauf. Es war niemand da, um ihm zu helfen, deshalb stakte er das Boot so weit hinauf, wie er konnte. Dann stieg er aus und machte es an einem Felsblock fest.
    Er nahm den Mast heraus und schlug das Segel drum und band es fest. Dann schulterte er den Mast und begann hinaufzuklettern. Da erst wurde ihm die Tiefe seiner Müdigkeit bewußt. Er blieb einen Augenblick stehen und blickte zurück und sah in der Spiegelung der Straßenlaterne den großen Schwanz des Fisches hoch über das Heck des Boots ragen. Er sah die nackte, weiße Linie seines Rückgrats und die dunkle Masse des Kopfes mit dem hervorstehenden Schnabel und all die Nacktheit dazwischen.
    Er begann wieder zu klettern, und oben fiel er hin und lag eine Weile da mit dem Mast über der Schulter. Er versuchte aufzustehen. Aber es war zu schwierig, und er saß da mit dem
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