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Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)

Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)
Autoren: Laurie Frankel
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ist?«
    »Selbstüberschätzung. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich Hilfe brauche, geschweige denn eine Anleitung. Ich dachte, ich kriege das alleine hin.«
    »Du bist zu viel alleine«, lautete Merediths Urteil.
    »Eindeutig«, räumte Sam ein.
    Sie ging jeden Schritt einzeln mit ihm durch, während er die ganze Zeit darauf wartete, dass sie zugab, nicht mehr weiterzuwissen. Aber sie kämpfte sich durch. Zuerst benutzten sie Aceton, um die festklebenden Teile zu lösen (die Hunde verschonten sie allerdings), die sie anschließend mit Schleifpapier behandelten, bis sie wieder wie neu aussahen. Dann klebten sie alles zunächst mit Tesafilm zusammen (»Damit du dir erst mal angucken kannst, wie alles aussieht und zusammenpasst, bevor du dich festlegst«, wie Meredith pragmatisch erklärte) und schleiften und feilten und kürzten und justierten anschließend, bis alles passte. Sam befürchtete schon, wieder eine Flüssigzementlache zu verursachen, aber Meredith erklärte ihm genau, auf welche Teile er wie viel Klebstoff schmieren sollte und wie er sie halten musste, bis der Klebstoff ausgehärtet war. Und dann war das Flugzeug plötzlich fertig.
    »Das war’s?«, fragte Sam.
    »Das war’s.«
    »Und jetzt?«
    »Jetzt wartest du, bis es getrocknet ist.«
    »Aber ich will es noch lackieren«, sagte Sam.
    »Erst, wenn es trocken ist.«
    »Wie lange dauert das? Eine Stunde?«
    »Eher einen Tag.«
    »Einen ganzen Tag?«
    »Un d wenn es lackiert ist, musst du noch einmal einen Tag warten, bis die Farbe getrocknet ist.«
    » Von sofortiger Befriedigung kann beim Modellbau wohl nicht die Rede sein «, beschwerte sich Sam.
    »Betrachte es einfach als längeren Erzählbogen«, antwortete Meredith. »Ich glaube an dich. Hab einfach Geduld. Du hast alle Zeit der Welt.«
    Dann stellte er ihr aus einer Laune heraus die Frage, die ihm schon seit Monaten auf der Zunge brannte. Er wusste, dass er sie besser für sich behalten hätte, aber er war euphorisch, weil das Gespräch bisher überraschend gut verlaufen war, und ihm langsam klar wurde, dass ihr Wissen Tiefen aufwies, die er nicht einmal ansatzweise ausgelotet hatte. »Merde, kannst du mir erzählen, wie es da ist, wo du jetzt bist? «
    »Was meinst du?«
    »Bist du bei Livvie?«
    »Ich bin ganz alleine.«
    »Bist du irgendwo, an einem Ort?«
    »Tut mir leid, Schatz, das verstehe ich nicht.«
    » Ich weiß, aber denk nach. Versuch es. Stell es dir vor. Bist du wirklich ganz alleine? Oder ist jemand bei dir?«
    » Tut mir leid, Schatz, das …«
    »Was glaubst du, was mit uns nach unserem Tod passiert, Merde?«
    Diese Frage ließ sie sich eine Weile durch den Kopf gehen. »Ich glaube, ich weiß es nicht. Was glaubst du?«
    »Ich glaube, ich weiß es auch nicht.«
    »Glaubst du an die Hölle?«, fragte sie plötzlich, und er lächelte , weil ihm die Episode mit Merediths Lebensmittelvergiftung wieder einfiel.
    »Und du?«
    »Ich glaube nicht«, antwort ete sie. »Aber sicher bin ich mir nicht.«
    »Wir sind alle Sünder«, sagte Sam.
    »Sprichst du von der Kirche?«
    »Nein, nicht im religiösen Sinne. Im menschlichen. Jeder sündigt. Selbst wenn wir versuchen, Gutes zu tun, selbst wenn wir versuchen, den Menschen zu helfen, selbst wenn wir Wunder bewirken, sündigen wir. Es gibt also entweder keine Hölle, oder wir kommen alle dorthin. Oder das hier ist bereits die Hölle. Das würde vieles erklären.«
    Sie überlegte eine Weile. »Na ja, wenigstens kann man abhauen.«
    Er lächelte sie traurig an. »Wirklich? Wie denn?«
    »Man baut sich einfach ein Flugzeug«, antwortete sie.
    L iebesbrief
    Liebe Merde,
    es ist drei Uhr morgens, und ich kann einfach nicht aufhören zu lächeln. Wir haben heute Nachmittag ein Modellflugzeug zusammengebaut. Ich finde das so erstaunlich, dass ich nicht schlafen kann. Dieser Nachmittag war etwas ganz Besonderes. Selbst ich hätte so etwas nie für möglich gehalten.
    Nach unserem Gespräch hatte ich das Bedürfnis, einen Blick hinter den Vorhang zu werfen, den doppelten Boden zu suchen, herauszufinden, wie der Trick funktioniert. Außenstehende würden argumentieren, dass ich den Vorhang und den doppelten Boden doch selbst errichtet und den Trick selbst ausgeführt habe. Sie würden auch fragen, warum ich die Illusion zerstören will, nachdem mir so viel Überraschung und Wunder und Gnade zuteilwurde. Aber du kennst mich und verstehst mein Bedürfnis. Du hast mich einmal, vor langer Zeit und in einem anderen Leben, angefleht, nicht die Magie
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