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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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befindlich und Euch dienlich sein möchte; ja wenn Ihr selber wollt, Euch wiederum aus dieser verdrießlichen Einsamkeit mit uns nach Europam zu nehmen.« Aber es wurde uns zur Antwort, er bedankte sich zwar des guten Anerbietens, sei aber ganz nicht bedacht, etwas von unseren Offerten anzunehmen; denn gleich wie er vermittelst göttlicher Gnaden nunmehr über fünfzehen Jahr lang mit höchster Vergnügung aller menschlichen Hilf und Beiwohnung an diesem Ort entbehren können, also begehre er auch noch nicht wieder nach Europam zu kehren, um so törichterweis seinen jetzigen vergnügsamen Stand durch eine so weite und gefährliche Reise in ein unruhiges immerwährendes Elend zu verwechseln.

Das 26. Kapitel
    Nachdem Simplicius mit seinen Belagerern akkordiert, kommen seine Gäst wieder zu ihrer Vernunft
    Nach Vernehmung dieser Meinung wäre uns der Teutsche zwar wohl gesessen gewesen, wenn wir nur wieder aus seiner Höhlen hätten kommen können; aber solches war uns unmöglich; denn gleich wie wirs ohne Licht nicht vermochten, also durften wir auch auf keine Hilf von den Unserigen hoffen, welche auf der Insel in ihrer Tollerei noch herumraseten. Derowegen stunden wir in großen Ängsten und suchten die allerbesten Wort hervor, den Teutschen zu persuadiern, daß er uns aus der Höhlen helfen sollte, welche er aber alle nichts achtete, bis wir endlich (nachdem wir ihm unseren und der Unserigen Zustand gar beweglich zu Gemüt geführt, er auch selbst ermaß, daß kein Teil dem andern von uns ohne seinen Beistand nicht helfen würde können) vor Gott dem Allmächtigen protestierten, daß er uns aus Hartnäckigkeit sterben und verderben ließe und daß er dessentwegen am Jüngsten Gericht würde Rechenschaft geben müssen; mit dem Anhang, wollte er uns nicht lebendig aus der Höhlen helfen, so müßte er uns doch endlich, wenn wir darin verdorben und gestorben wären, tot herausschleppen; wie er denn auch besorglich auf der Insel Tote genug finden würde, die ewig Rach über ihn zu schreien Ursach hätten, um willen er ihnen nicht zu Hilfe kommen, ehe sie einander vielleicht, wie zu fürchten, in ihrem unsinnigen Zustand selbsten entleibten; durch dies Zusprechen erlangten wir endlich, daß er uns versprach aus der Höhlen zu führen, jedoch mußten wir ihm zuvor folgende fünf Punkte wahr, stet, fest und unzerbrechlich zu halten bei christlicher Treu und altteutschem Biedermannsglauben versprechen.
    Erstlich daß wir diejenigen, so wir anfänglich auf die Insel gesendet, wegen dessen, damit sie sich gegen ihn vergriffen, weder mit Worten noch Werken nicht strafen sollten; zweitens daß hingegen auch vergessen, tot und ab sein sollte, daß er, der Teutsche, sich vor uns verborgen und so lange nicht in unser Bitten und Begehren verwilligen wollen; drittens daß wir ihn als eine freie Person, die niemand unterworfen, wider seinen Willen nicht müßigen wollten, mit uns wiederum nach Europam zu schiffen; viertens daß wir keinen aus den Unserigen auf der Insel hinterlassen wollten, und fünftens daß wir niemanden weder schrift- noch mündlich, viel weniger durch eine Mappa kund oder offenbar machen wollten, wo und unter welchem Gradu diese Insel gelegen. Nachdem wir nun solches zu halten beteuert, ließ er sich gleich mit vielen Lichtern sehen, welche aus dem Finstern wie die hellen Stern hervorglänzten; wir sahen wohl, daß es kein Feur war, weil ihm Haar und Bart voll hing, welches auf solchen Fall verbrennt wäre, hielten es derowegen für eitel Karfunkelstein, die wie man sagt im Finstern leuchten sollen; da stieg er einen Felsen auf den andern ab und mußte auch an etlichen Orten durchs Wasser waten, also daß er durch seltsame Krümme und Umweg (welche uns unmöglich zu finden gewesen wären, wenn wir gleich wie er mit solchen Lichtern versehen gewesen wären) sich gegen uns nähern mußte; es sah alles mehr einem Traum als einer wahren Geschichte, der Teutsche selbst aber mehr einem Gespenst als einem wahrhaftigen Menschen gleich; also daß sich etliche einbildeten, wir wären auch gleich unseren Leuten auf der Insel mit einer aberwitzigen Wahnsucht behaftet.
    Als er nun nach einer halben Stund (denn so lange Zeit mußte er mit Auf- und Absteigen zubringen, ehe er zu uns kommen konnte) bei uns anlangte, gab er jedem nach teutschem Gebrauch die Hand, hieß uns freundlich willkommen und bat, wir wollten ihm verzeihen, daß er aus Mißtrauen so lang verzogen hätte, uns wieder an Tageslicht zu bringen; reichte darauf
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