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Der 7. Lehrling (German Edition)

Der 7. Lehrling (German Edition)

Titel: Der 7. Lehrling (German Edition)
Autoren: Volker Hesse
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und machten ihrem Unmut mit deutlichen Worten Luft. Die Versammlung drohte aus den Fugen zu geraten.
    Da schlug Korbinian so fest mit der Faust auf den Tisch, dass es laut durch den ganzen Saal krachte. Er donnerte die Versammelten an: „So! Ihr haltet das für Unfug, was? Ihr, die ihr seit Stunden hier sitzt und keine einzige brauchbare Idee präsentieren könnt! Ihr, die ihr in diesem Jahr nur vier von sechs Lehrlingen gefunden habt, obwohl ihr alle wusstet, dass wir sieben brauchen? Ihr, die ihr mit Euren Einfällen genauso wie ich völlig am Ende seid? Ihr besitzt tatsächlich die Überheblichkeit, Euch diesen Vorschlag noch nicht einmal anhören zu wollen? Wenn aus unseren Überlegungen auch nur eine einzige brauchbare Lösung hervorgegangen wäre, glaubt mir, ich hätte nicht einmal im Traum daran gedacht, euch diesen Vorschlag zu unterbreiten. Aber so wie ich die Situation sehe, können wir weder wählerisch sein, noch uns einbilden, immer die einzig guten Lösungen für alles zu haben. Also setzt euch gefälligst wieder hin und hört euch erst einmal an, was ich zu sagen habe!“
     
    Korbinians Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Diejenigen, die gerade noch laut schimpfend herumgestanden hatten, setzten sich wieder und schwiegen. Eingebildet zu sein, wollte sich keine Hexe und kein Zauberer unterstellen lassen. Und irgendwie hatte Korbinian ja auch recht: Es konnte nicht schaden, sich die Idee anzuhören. Vermutlich war der Vorschlag sowieso nicht besser als das, was sie bisher diskutiert hatten. Er würde genauso scheitern wie alle anderen bisherigen Versuche. Vielleicht sah Korbinian dann endlich ein, dass es Zeitverschwendung war, sich die unausgegorenen Fantasien von jungen Lehrlingen anzuhören.
     
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    Quentin schlief tief und fest. Er hatte einen schönen Lagerplatz an einem Bach gefunden. Eine uralte Trauerweide streckte ihre mächtige Krone zur einen Hälfte über das Wasser und zur anderen Hälfte über das Ufer. Mit ihren lang herabhängenden Ästen hatte sie auf diese Weise einen kreisrunden Platz geschaffen, der gegen Wind, Regen und insbesondere neugierige Blicke gut schützte. Man brauchte das Versteck noch nicht einmal zu verlassen, um frisches Wasser zu holen, schließlich floss der Bach geradewegs an der Weide vorbei. Die Zweige waren so dicht, dass sogar der Schein eines kleinen Feuers von außen kaum zu sehen war, während im Inneren ein sehr behaglicher und warmer Raum entstand. Quentin hatte sich ein Feuer gemacht und seinen kleinen Topf daraufgestellt. Dann hatte er mit seinem Taschenmesser die Champignons geputzt und zusammen mit etwas klein geschnittenem Speck und wildem Lauch gebraten. Was für ein Festmahl! Nach dem Essen hatte er noch eine Weile ins Lagerfeuer geschaut und war irgendwann eingeschlafen.
    Quentin träumte von der Stadt Balsberg und malte sich in den buntesten Farben aus, was er alles erleben würde. So lag er friedlich schlummernd am langsam niederbrennenden Feuer, während am Himmel über der alten Trauerweide die Sterne ihre Bahn zogen.
     
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    Korbinian hatte den Hexen und Zauberern Adinas Plan dargelegt. Bevor jedoch darüber diskutiert wurde, unterbrach er die Versammlung für das Abendessen.
    Der Speisesaal war riesig. Lange Tische und Bänke standen unter hohen Kreuzgewölben, deren Bögen auf gewaltigen siebeneckigen Pfeilern ruhten. Pentagramme, geheimnisvolle Schriftzeichen und Reliefs schmückten die Schlusssteine jedes einzelnen Gewölbes. Die langen Wände waren mit Bildern verziert, die Geschichten aus dem Leben der Magier vor einigen hundert Jahren erzählten. An jedem Pfeiler waren sieben Fackeln angebracht, die ein helles, unruhiges Licht in den Saal warfen und die Figuren auf den Wandgemälden scheinbar zum Leben erweckten.
    Alle Magier waren gern in diesem Saal. Sie fanden ihn sehr gemütlich, und oft kam es vor, dass sich ein Abendessen bis tief in die Nacht erstreckte.
    Während alle im großen Speisesaal saßen und hungrig über den leckeren Braten, die Kartoffelklöße und das Gemüse herfielen, wurde natürlich über Adinas Vorschlag geredet. Und hier, abseits der eher strengen Versammlungsregeln, geschah etwas Unerwartetes: Es gelang den Befürwortern der Idee, die Zweifler langsam, aber sicher auf ihre Seite zu ziehen. Korbinian merkte dies und beendete das Essen daher bei Weitem nicht so schnell, wie er eigentlich beabsichtigt hatte. Er musste schmunzeln: Er hätte nicht gedacht, dass bereits einige andere – und ihre Zahl war
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