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Der 13. Brief

Titel: Der 13. Brief
Autoren: Lucie Klassen
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wir sind doch unter uns! Sie sind doch nicht so blöd zu glauben, dass Eva sich wegen Jendrick umgebracht hat?! Sie sind doch dem kleinen Spanner nicht auf den Leim gegangen, oder?«
    »Sprich nicht in diesem Ton mit mir!«, schnauzte Ahrend mich an.
    »Sie haben ihm wirklich geglaubt?«
    »Schwachsinn! Der kleine Scheißer hat versucht, mich zu erpressen.«
    Erpressung?
    »Womit?«
    Ahrends Faust krachte auf den nächsten Tisch.
    »Nacktfotos von Eva?«, riet ich drauflos.
    »Mit diesem bescheuerten Brief!«, explodierte Ahrend.
    Brief?
    O Gott!
    »Ihr Weiber seid doch dumm wie Stroh, eine wie die andere!«
    Konnte es sein, dass –?
    Ein Brief! Mir fiel nur eine Person ein, die einen geschrieben haben könnte.
    »Eva hat einen Brief geschrieben?!« Ich krächzte, meine Stimme wollte mir nicht gehorchen. Meine Finger umklammerten fester den lächerlichen Federhalter in meiner Tasche.
    »Eva hat Lena einen Brief geschrieben? Und damit hat Jendrick Sie erpresst?«
    »Er hat ihn aus ihrem Rucksack geklaut!« Ahrends Gesicht war jetzt dunkelrot. An seiner linken Schläfe trat eine bläuliche Ader dick hervor. Seine Augen waren blutunterlaufen.
    »Er wollte eine Drei in Sport, lächerlich! Aber die Fünf hätte ihn die Versetzung gekostet.« Er kam näher. »Und jetzt willst du wissen, was in dem Brief stand, nicht wahr? Du willst es wissen, du gibst keine Ruhe! Ihr gebt nie Ruhe, wenn man es euch sagt. Ihr könnt eure Schnauze nicht halten, wenn man sie euch nicht einschlägt. Ihr könnt nicht gehorchen, wenn man es euch nicht beibringt.«
    Der Kerl war irre!
    Ich wich noch einen Schritt zurück und stieß an die Kante der Fensterbank. Erschrocken blieb ich stehen. Ich riss den Füller aus der Tasche und hielt ihn Ahrend wie ein Messer entgegen.
    »Du willst mir drohen?«, schnaubte er verächtlich. »Du wagst es, mir zu drohen, du kleines Miststück?« Blitzschnell packte er meine Hände. »Dir bring ich auch noch Manieren bei!«
    Sein Griff umschloss meine Handgelenke wie ein Schraubstock, schien meine Unterarme zu zerquetschen. Er schleuderte mich gegen den nächsten Tisch. Ein heißer Schmerz zuckte durch meinen Rücken, nahm mir den Atem. Einen Augenblick lang sah ich Sterne.
    »Mir drohst du nicht, du Flittchen! Ihr Weiber glaubt, ihr könntet euch alles erlauben! Aber auch dir zeige ich, wer das Sagen hat!«
    Ahrend drückte mich mit dem Rücken auf den Tisch. Mit der Rechten presste er meine Hände über meinem Kopf auf die Tischplatte. Ich roch den beißenden Schweiß seiner Achsel neben meinem Gesicht. Mit der Linken riss er meine Hose auf.
    Das musste ein Albtraum sein! Das konnte nicht wirklich passieren!
    »Lass mich los! Lass mich sofort los!«, schrie ich und wollte nach ihm treten. Doch ich konnte meine Beine nicht bewegen. Ahrend lehnte mit seinem vollen Gewicht auf meinen Knien, ich spürte die harte Tischkante schmerzhaft an der Rückseite meiner Oberschenkel.
    »Halt die Fresse, du Schlampe!«
    »Hast du das zu Eva auch gesagt? Hat sie nicht gehorcht? Hat sie Widerworte gegeben?«
    »Hörst du schwer? Halt die Fresse, hab ich gesagt!«
    Er riss meinen Slip einfach auseinander, den Griff um meine Hände lockerte er keine Sekunde.
    Der tat das nicht zum ersten Mal. Jede Bewegung saß. Der wusste ganz genau, wie man das machte.
    Ich schrie, versuchte zu treten, mich loszureißen – keine Chance!
    Ich spürte, wie er ein breites, haariges Bein zwischen meine Oberschenkel schob. Mit aller Kraft presste ich die Knie zusammen, jeder meiner Muskeln verkrampfte sich.
    Ich konnte es nicht verhindern. Ich hatte nicht genug Kraft, um mich gegen ihn zu wehren.
    Lieber Gott! Hilf mir hier raus!
    Denn Gott war wohl der Einzige, der mir noch helfen konnte.
    Und ich selbst.
    Eine Sekunde schien die Zeit stillzustehen.
    Wenn er mich vergewaltigte, würde ich überleben. Denn dann war die Pause zu Ende, bevor er mich umgebracht hatte.
    Und ich wollte überleben. Tatsächlich!
    Einen Sekundenbruchteil lang staunte ich, weil ich wirklich ein Leben hatte, für das sich das Überleben lohnte.
    Meine Panik wich eiskalter Wut.
    Ich fühlte den stabilen Plastikschaft des Federhalters in meiner Faust, obwohl Ahrend meine Hände so fest hielt, dass sie beinahe taub waren. Ich hörte auf, mich zu wehren, und starrte Ahrend an.
    Er hielt inne. »Du traust dich, mir in die Augen zu sehen, du Miststück? Hast du noch nicht genug Angst?«
    »Du hast deine eigene Tochter vergewaltigt, du Schwein«, zischte ich. »Hat’s denn Spaß
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