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Depeche Mode

Depeche Mode

Titel: Depeche Mode
Autoren: Serhij Zhadan
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der Erektion.
    – Wie Erektion?
    – Erektion, hast du gesagt.
    – Erektion, ja.
    – Und weiter?
    – Nichts. Steh da mit meiner Erektion.
    – Scheiße …
    – Mhm.
    – Da kommt die besoffene Kuh vom Balkon, könnt ihr euch das vorstellen?
    – Also ich nicht.
    – Und sieht mich. Und denkt – was für ein Arschloch, kommt hier einfach rein und steht rum.
    – Was steht?
    – Steht rum, sagt sie.
    – Vielleicht der Nachbar, denkt sie, geil aufs Ficken. Also greift sie sich ne leere Sektflasche und zieht sie mir über.
    – Und du?
    – Kipp um. Geh zu Boden, alles voller Blut. Und die Kuh, die besoffene, die rennt zu der anderen und rüttelt sie wach, steh auf, sagt sie, wir müssen ihn fesseln, also mich. Und stellt euch vor, sie steht auf und sie fesseln mich mit Bettlaken an Händen und Füßen.
    – Aber sie kannte dich doch, die andere, meine ich.
    – Die hatten doch schon schwer geladen! Irgendwelchen Scheiß geschluckt, und dann noch Wodka. Keine Ahnung, wie die überhaupt vom Balkon zurückgefunden hat. Erkannten sich schon gegenseitig nicht mehr.
    – Und?
    – Sie fesseln mich also, zerren mich ins Bad, schmeißen mich hin und gehen schlafen.
    – Tsssss …
    – Und am nächsten Morgen – logisch, die vom Balkon kann sich an nichts mehr erinnern und kriecht ins Bad, um sich zu waschen. Macht nicht mal Licht, die Sau, tastet sich vor. Steigt in die Wanne, und da liege ich …
    – Verstehst du, Wodka betäubt die Frauen, sie werden zu Fischen.
    – Ich hab mal eine Kontrolleurin in der Straßenbahn getroffen, die trug einen Entwerter mit sich rum.
    – Erzähl keinen Scheiß.
    – Wie – Scheiß? Echt – kommt ne Tuss, hundertpro blau, ich geb ihr meinen Fahrschein, und sie zieht einen Entwerter aus der Tasche, klar?
    – Eigentlich cool, deinen eigenen Entwerter zu haben.
    – Genau.
    – Ja-a-a …
    – Ich habe mal versucht, in der Straßenbahn einen abzumontieren. Nacht, niemand in der Nähe, ich fang an, ihn abzureißen, verletzte mich an der Hand, das Blut spritzt nach allen Seiten, da steigen Kontrolleure ein.
    – Schweinebacken.
    – Und gleich zu mir, war im Prinzip ja auch allein im Wagen. Wieso, Scheiße, machst du den Entwerter kaputt, sagen sie.
    – Und du?
    – Was ich? Ich mach hier gar nichts kaputt, sag ich. Wollte gerade den Fahrschein entwerten, da beißt mich Ihr scheiß Entwerter in die Hand. Da, schaun Sie, sage ich.
    – Irre.
    – Ja-a-a …
     
    Unförmig und verschwitzt, wie er ist, fühlt sich Kakao ziemlich wohl in dieser Gesellschaft. Das Zimmerchen, in dem sie sitzen, ist ganz verraucht und von Kaffeeduft erfüllt, die Tassen reichen nicht für alle, sie lassen den ersten Kaffee kreisen, dann den zweiten, geben die Tassen von Hand zu Hand, dann das Weißbrot, nach einer Stunde riechen ihre Kleider, ihr Haar und sie selbst nach Tabak und Brot, nach Brot vor allem. Kakao trocknet sich mit dem Ärmel die verschwitzte Stirn, he, Kakao, ziehen sie ihn auf, das ist doch dein bester Anzug, macht nichts – Kakao wird ganz rot – kein Problem, ich bring ihn in die Reinigung, ja ja, ziehen sie ihn weiter auf, das sagst du schon seit zwei Jahren, hier, Brot, Kakao nimmt aus den Händen seiner Freunde das frische Weißbrot und hört weiter ihren Stories zu, er könnte immer mit ihnen zusammen sein, er fühlt sich wohl, sie teilen Brot und Zigaretten, und das Wichtigste – niemand jagt ihn weg. Wo findest du heutzutage noch Leute, die dich mehrere Tage lang ertragen in deinem sandfarbenen Anzug, den du schon zwei Jahre nicht gereinigt hast, wenn nicht drei.
    Kakao ist irgendwie zu dick für diese Gesellschaft, und er sieht scheiße aus in seinem Anzug, aber der Anzug gefällt ihm, keine Ahnung, wo es solche Anzüge zu kaufen gibt. Kakao hat ihn irgendwo ausgegraben, hält ihn für stylish, fährt voll auf so was ab, Kakao ist fast der einzige meiner Bekannten, der zum Friseur geht, er benutzt so ein schwules Gel, rasiert sich sogar manchmal, obwohl ihm das gar nicht guttut. Zu sechst haben sie sich in das Zimmerchen gedrängt, sitzen rum und hören Little Chuck Berry zu, der erzählt, wie er seinen Geburtstag gefeiert hat, alle finden die Geschichte gut, Kakao lauscht mit offenem Mund, das mit der verschiedenfarbigen Unterwäsche hat ihm besonders gefallen, er versucht, sich das vorzustellen, aber es gelingt ihm nicht. Little Chuck Berry reicht noch einen Joint herum und sagt plötzlich, Kakao, erzähl doch du mal was, die anderen stimmen ein, ja, Kakao, los, erzähl uns
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