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Denken Sie Nicht an Einen Blauen Elefanten

Titel: Denken Sie Nicht an Einen Blauen Elefanten
Autoren: Michael Spitzbart , Thorsten Havener
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verstehen Sie mich richtig: Hilfe von außen ist in vielen Fällen sehr wertvoll, und auch ich habe Mentoren und Freunde,
     deren Rat mir sehr wichtig ist. Dennoch können alle Ratschläge dieser Welt nur fruchten, wenn sie auch auf fruchtbaren Boden
     fallen. Die Lösung meines Problems kann zwar von außen angeregt werden, dennoch müssen es
mein
Weg und
meine
Lösung für
mein
Problem sein. Alle Macht ist in Ihnen! Es gibt keinen, der mit einem Zauberstab daherkommt und Ihre Probleme für Sie löst
     – das können nur Sie selbst!
    |226| Sehr oft haben wir den Eindruck, es fehle noch irgendetwas zu unserer Zufriedenheit – wir sind auf der Suche und verlieren
     dabei das Wesentliche aus den Augen, wie Wolfgang Niedecken in «Verdamp lang her» singt:
    Ich weiß noch, wie ich nur dovun gedräump hann,
    wovunn ich nit woss, wie ich et sööke sollt,
    vüür lauter Söökerei et Finge jlatt versäump hann
    un övverhaup, wat ich wo finge wollt.
     
    «Ich weiß noch, wie ich nur davon geträumt habe,
    wovon ich nicht wusste, wie ich es suchen sollte,
    vor lauter Sucherei das Finden glatt versäumt habe
    und überhaupt, was ich wo finden wollte.»
     
    Wie so oft hat er die Aussage exakt auf den Punkt gebracht. Ab und zu ist es durchaus sinnvoll, kurz auf Distanz zu gehen
     und sich wieder aufs Wesentliche zu besinnen: Was habe ich schon, und fehlt mir wirklich noch etwas, um zufrieden zu sein?
     Offenbar lebt unsere Gesellschaft ziemlich orientierungslos dahin: Es gibt sogar Bücher darüber, wie man seine Leidenschaft
     entdeckt. Wer – wenn nicht Sie selbst – soll denn bitte wissen, wofür Sie brennen? Wir haben schon alles und suchen trotzdem
     weiter, weil wir vergessen haben zu finden.
    Die Tochter eines Freundes kam letzte Woche ins Krankenhaus, weil die Ärzte nicht wussten, was dem Kind fehlt – es hatte tagelang
     hohes Fieber, und keiner wusste so richtig, warum. In diesen Tagen wurden für meinen Freund schlagartig alle anderen Probleme
     ganz klein. Das einzig Wesentliche war die Gesundheit seiner Tochter. Die abrupte Änderung seiner Sicht der Dinge hat gezeigt,
     dass vorher alles okay war. Ein Fleck auf dem Hemd oder ein abgesagter Termin werden völlig nichtig, wenn man als Messlatte
     die Gesundheit der Tochter nimmt. Genauso ist es mit anderen Sachen.
    Hektik, Hetze, Termine und Leistungsdruck – alles muss |227| schnell gehen. Unter diesen Voraussetzungen können wir nur selten klar denken. Unsere Gedanken helfen uns dann meistens nicht,
     sondern sie lärmen. In Anlehnung an eine Zen-Geschichte kann man auch sagen: «Wenn wir sitzen, dann stehen wir schon, und
     wenn wir stehen, dann gehen wir schon.» Dabei sind Zeit und Ruhe wesentliche Elemente, um zu wissen, was wirklich in einem
     steckt. Kürzlich bin ich mit meiner Familie nach einer Bergtour über den Staffelsee gerudert. Es war ein wunderschöner Herbsttag,
     und der See war ruhig. Seine Oberfläche war spiegelglatt. Mein Sohn nahm plötzlich ein Steinchen aus seiner Tasche und warf
     es in den See. Es sorgte dafür, dass im Wasser schöne konzentrische Kreise entstanden, die immer weiter ihre Bahnen zogen
     und sich ausbreiteten. Ihr Bewusstsein und Ihr Unterbewusstsein sind genau wie dieser See – in der Ruhe können selbst die
     schwächsten Impulse große Wirkung haben und sich entfalten. In Hetze geht das nicht. Ein stürmisches Handeln gleicht einem
     reißenden Gebirgsbach – dort können Sie ganze Felsbrocken hineinwerfen, ohne auch nur die geringste Veränderung zu sehen.
     Ständig sind Sie getrieben auf der Suche nach neuen Erkenntnissen über Sie selbst. Dabei haben die meisten von uns bereits
     alles, was sie brauchen, um zufrieden sein zu können.
    Das erinnert mich an eine andere Geschichte: Ein Schüler lernte bei den großen Zen-Meistern. Alle hatte er kennengelernt,
     bis auf einen. Nach jahrelanger Suche traf er endlich diesen Meister und bat ihn um Rat. «Meister, was fehlt mir noch, um
     selbst Meisterschaft zu erlangen?» – «Bevor ich dir antworte, möchtest du noch etwas Tee?» – «Gern», antwortete der Schüler
     und hielt seine Schale hin. Der Meister begann, Tee aus der Kanne in die Schale zu gießen. Als sie randvoll war und überlief,
     hörte er aber nicht auf. Er goss weiter den Inhalt der Kanne in die dafür viel zu kleine Schale. Sie lief weiter über, und
     der Tee triefte über die Hände des Schülers auf den Boden. «Hör auf!», rief der Schüler, aber der Meister goss unbeirrt und |228|
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