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Den Jakobsweg erfahren

Den Jakobsweg erfahren

Titel: Den Jakobsweg erfahren
Autoren: Jürgen Frömmert
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mit einem halben Liter Sangria vorlieb. So nimmt der Abend seinen Lauf.
Eine Gruppe deutscher Pilgerfrauen, die sich kurz im Lokal gesetzt haben, nimmt
Reißaus, als sie hören, dass hier gleich König Fußball Einzug hält.
    Zwischendurch bestelle ich ein
paar Tapas: Boccerones (in Knoblauchöl eingelegte Sardellen) und Patatas bravas
(extrem scharfe Pommes).
    Dafür setzen sich am Tisch neben
uns zwei Spanische Pärchen, die sich in atemberaubender Geschwindigkeit den
Verstand mit Baccardi wegschießen. Während eine junge Frau auch schon sichtlich
angeschlagen mit unserem FCB sympathisiert, wird von ihrem Freund der FC
Chelsea favorisiert, weil Fernando Torres, ein Spanier, dort spielt. So kommen
wir immer wieder ins Gespräch. Der Endstand nach der Verlängerung lautet 1:1.
Im Elfmeterschießen verliert der FCB letztlich 3:4. Die Presse, und ich betone
es ist die Presse, die am nächsten Tag festhält, dass die Bayern über 120
Minuten das bessere Team waren, sich aber im Elfmeterschießen geschlagen geben
mussten.
    Der Frust sitzt tief. Besonders bei Siggi. Als Timo sich nun auch noch
lustig macht, gibt es ein kurzes Wortgefecht. Nach einigen Minuten ist der
Streit geschlichtet und die Versöhnung oder die Enttäuschung wird mit einem
Bier begossen beziehungsweise heruntergespült.

    Wir zahlen und gehen nach Hause.
So einen enttäuschenden Verlauf haben wir nicht erwartet. Wir machen uns
bettklar und knipsen ohne weitere Verzögerung die Laterne aus.

20.05.2012
Sonntag
    Tag 30 (Ruhetag 2)
    Santiago de Compostela (E)
    Als ich wach werde, ist alles
ruhig. Unglaublich. Mitten in einer Großstadt hört man nichts. Nur der Regen
prasselt an unser Fenster. In Biene hingegen, meinem Heimatdorf, hört man im
Minutentakt den Lärm vorbeifahrender Autos. Hier hört man nichts.
    Nach und nach blicken mich die
anderen beiden müden „Krieger“ an. Ein zähes „guten Morgen“ bahnt sich bei
ihnen langsam über ihre Lippen. Irgendjemand muss hat es dann wohl eilig ins
Bad zu kommen. So ziehe ich mir die Decke noch einmal kurz über den Kopf.
    Timo und ich bereiten das
Frühstück vor. Mit Liebe. Die Stimmung ist auch aufgrund des Wetters etwas
bedrückt. Was sollen wir bei diesem Wetter heute machen? Zunächst erst einmal
frühstücken.
    Dabei beschließen wir, gleich die
Räder aus dem Stall zu holen und eine kleine Ausfahrt (Aufwärmtraining) zu machen,
denn Morgen, am Montag wollen wir zum Kap Finisterre, dem Ende der Welt,
fahren. Das ist der Abschluss der Pilgerfahrt. Da haben die Pilger traditionell
die Pilgerreise beendet und dort etwas von ihren Habseligkeiten verbrannt. Wir
werden dort unsere Radpilgerkarte opfern, dass ist sicher, denn die war uns
nicht wirklich hilfreich.
    Ungewohnt in Jeans, und
Radlerjacke schwingen wir uns auf unsere Bikes und drehen eine Runde durch die
Gemeinde. Zuerst wollen wir zur Bushaltestelle, wo der Aeropuerto – Bus hält,
damit wir an unserem Abreisetag nicht noch suchen müssen. Den Weg dahin hat uns
Manolo, unser Vermieter, noch einmal erklärt.
    Nach kurzer Zeit haben wir die
Haltestelle gefunden. Wir fahren zurück zum Zentrum. Auf einem Hügel am Rande
der Stadtmitte ist Kirmes. Aufgrund der frühen Stunde und sicher auch des
schlechten Wetters, haben aber fast alle Buden geschlossen. Wir fahren den
spiralförmig in Schneckenhaus ähnlichen Kreis verlaufenden Weg bis nach oben
und genießen den Ausblick.
    Wenn es jetzt noch zu regnen
aufhören würde, wäre es kaum auszuhalten. Aber Petrus tut uns nicht den
gefallen. Es regnet. Wir sind uns einig, dass wir für den heutigen Tag genug
Training hatten und lassen uns den Berg wieder herunter rollen. Unten holen wir
uns an einem Stand eine Tüte mit Churros, dem Fettgebäck, das wir scherzhaft
spanische Berliner nennen. Und stellen nach einem Biss in die süße Masse fest,
dass die alte Dame, die wir in dem Ort Cacabelos getroffen hatten, recht hatte.
Dort waren sie am Besten.
    Zu Hause angekommen schieben wir
die Räder wieder in ihren Stall und machen uns einen Kaffee und vertilgen den
Rest der Aposteltorte. Dann beschließen wir, was sollen wir an so einem Tag
auch anderes machen, in die Fußgängerzone zu gehen. Wir gehen aber nicht direkt
dort hin, sondern über den Vorplatz der Kathedrale und am Pilgerbüro vorbei.
Vielleicht treffen wir noch jemanden, den wir kennen. Heute aber leider nicht.
    So kehren wir in einem Weinkeller
ein, nehmen ein Getränk und zwängen uns danach in eine Tapasbar. Da kommen wir
nur in völlig
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