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Dem Leben Richtung geben

Titel: Dem Leben Richtung geben
Autoren: Joerg Knoblauch , Johannes Hueger , Marcus Mockler
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ihre eigene Entwicklungsaufgabe. Ohne dass ein Mensch diese bewältigt, kann er nicht reifer werden. Sie kennen die verschiedenen Lebensphasen: Entwicklung im Mutterleib – Kindheit – junger Erwachsener und so weiter.
    Zwischen den oben beschriebenen Zeiträumen fehlt jedoch etwas Entscheidendes: die Übergangsphase von einem Stadium in das nächste. Menschen, die diesen Übergang gerade durchleben, nehmen ihre Situation meist als Krisen wahr. Die Zeit im Mutterleib, warm, ein Leben wie in der Badewanne, mit gedämpftem Licht, dem angenehmen Rhythmus des mütterlichen Herzschlages, immer vertrauter werdenden Stimmen des Familienkreises – das alles wird jäh unterbrochen von äußerem Druck. Das Baby wird durch eine enge Öffnung nach außen gequetscht. Dort ist es kalt, furchtbar hell, laut, man muss sogar arbeiten, um Nahrung aufzunehmen ... Psychologen sagen, die Geburt sei die größte Krise unseres Lebens. Herzlichen Glückwunsch: Sie alle, die dieses Buch gerade lesen, haben die schwerste Krise gemeistert.
    Die Phase der Kindheit ist eine stark prägende Zeit. Hier lernen wir nicht nur laufen, schreiben und lesen. Wir lernen, wie man mit anderen Menschen umgeht. Wir lernen Dinge anzustoßen und wie |48| man sie zu einem Abschluss bringt. Wir lernen zu lernen. Für unser ganzes Selbst-, Welt- und Menschenbild wird die Grundlage gebildet. Dann kommt die berühmte »Krise« (Übergangsphase) der Pubertät. Man ist weder Kind noch Erwachsener, will beides gleichzeitig sein und doch auch wieder nicht. Keine einfache Zeit für Teenager und deren Umfeld. Sie kennen es vermutlich nicht nur aus Erzählungen ...
    Endlich ist der Sprung ins Erwachsensein geschafft. Sturm und Drang ist angesagt. Die neue Freiheit wird ausgekostet. Ich darf nach Hause kommen, wann ich will, habe meine eigene Wohnung, mein eigenes Auto, darf meine Entscheidungen selbst treffen.
    Auf einmal steht uns wieder ein Übergang bevor, Romano Guardini nennt ihn die Ideal-Real-Krise. Wir wollten doch die größte Softwareschmiede der Welt aufbauen, die ganze Erde zur atomwaffenfreien Zone demonstrieren, ein Leben lang ferne Länder bereisen – stoßen aber an die Grenzen der Realität. Nicht, dass das jeweilige Grundanliegen unbedingt falsch war, aber unser Idealismus wird in dieser Phase mit der Wirklichkeit hart konfrontiert.
    Nach den Jahren, die von Gründen, Arbeiten und (Auf-)Bauen geprägt sind, folgt die so genannte Midlife-Crisis. Man hat die Vierzig überschritten, die körperlichen Kräfte sind nicht mehr ganz so wie früher, Schwerpunkte verschieben sich. Arbeitet man mit jungen Erwachsenen zusammen, merkt man den Unterschied. Man selbst fällt nach einem langen Arbeitstag um 23 Uhr müde ins Bett, während die Jungen um die gleiche Zeit noch ein Rendezvous im Café um die Ecke ausmachen und ihr Gegenüber fragen: »Und was machen wir danach?«
    Eine der typischen Fragen in der Midlife-Crisis ist: Will ich das, was ich tue, den Rest meines Lebens tun? Ist die erste Lebenshälfte geprägt vom Streben nach Erfolg, so verschieben sich die Schwerpunkte gesunderweise in der zweiten Lebenshälfte in Richtung Sinnerfüllung.
    Die alten Griechen ließen erst über 50-Jährige in die Politik einsteigen |49| , um sicherzugehen, dass die Person die vorausgegangenen Krisen positiv bewältigt hat. Dies ist eine Phase, in der man aufgrund seiner Lebenserfahrung richtig effektiv arbeiten könnte. Bei einem Leistungsvergleich zwischen erfahrenen, normal arbeitenden »Best-Agern« (50+) und Studienabgängern, die mit einer 50bis 60-Stunden-Arbeitswoche klotzten, erwirtschafteten die Best-Ager die tragfähigeren Ergebnisse mit deutlich weniger Arbeitszeit. Diese Beobachtung steht übrigens dem »Jugendwahn« entgegen, von dem derzeit die Wirtschaft – insbesondere im Blick auf Personaleinstellung – geprägt ist. Die jungen Arbeitnehmer sind zwar im Durchschnitt seltener krank. Mehr Präsenz am Arbeitsplatz kann jedoch jahrzehntelange Berufserfahrung nicht wettmachen.
    Die nächste Lebenskrise kommt um die 65. Hier lautet die Aufgabe loszulassen und sein Lebenswerk anderen zu übertragen. Es geht darum, das Altwerden als Chance zu entdecken und nicht aus Angst und Bequemlichkeit zu resignieren oder sich krampfhaft an alles Erreichte zu klammern. Vielerorts tun sich ehemalige Führungskräfte in diesem Alter zusammen, um jungen Unternehmern als Mentoren mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Dies ist eine große Chance, frei vom operativen Geschäft und
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