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Dem Feuer versprochen

Dem Feuer versprochen

Titel: Dem Feuer versprochen
Autoren: Patricia Bellasie
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unheimlich darüber aufregte, dass der ganze Dreck wieder im Haus verteilt würde. Denn ohne das meine Mutter es großartig erwähnen musste, konnte ich mir denken, dass mein Vater bei dem Wetter bestimmt nicht nach draußen gegangen war, um seine Operation durchzuführen. Nein, viel schlimmer, er hatte es bestimmt den heiß geliebten Eichenesstisch meiner Mutter als OP-Tisch missbraucht.
    „Auf dem guten Esstisch. Kannst du das glauben?“, bestätigte meine Mutter mir meine Vermutung einige Minuten später.

    Wir saßen gut eine Stunde noch in dem Café und draußen verdunkelte sich bereits der Himmel. Es sah nach Regen aus und ich hatte ausgerechnet heute meinen Regenschirm daheim vergessen.
    Wenn ich mich jetzt aufmachen würde, könnte ich noch den 37er erwischen und würde es gar noch vermeiden, nass zu werden.
    „Ich geh jetzt lieber Mama. Wir sehen uns dann Sonntag.“
    „Wieso nimmst du dir kein Taxi?“
    „Weil ich lieber mit dem Bus fahre.“
    „Ich versteh dich nicht Kind.“
    „Ich versteh dich auch manchmal nicht, Mutter.“
    Sie drückte mich und ich eilte zu der nächsten Bushaltestelle, wo ich tatsächlich den 37er noch gerade so erwischte.
    Ich lehnte meinen Kopf gegen das kalte Fenster und dachte an nichts. Mein Kopf war komplett leer. Eine Mutter im hinteren Part des Busses versuchte krampfhaft ihr schreiendes Baby zu beruhigen und ich merkte, wie meine Gedanken wieder eine Richtung einschlugen. Ich mochte Kinder wirklich, bis auf die kleinen Unannehmlichkeiten, dass sie schrien, sich die Windeln voll kackten und manchmal sehr gehässig zu ihren Eltern waren. Aber trotzdem war ich fasziniert von ihnen. In meinem Biologiestudium vor gut zehn Jahren hatte ich mich besonders mit der Genetik beschäftigt. Ich fand es erstaunlich, wie die Gene weiter gegeben wurden und dass tatsächlich viel mehr vererbt wird, als man annimmt. Das ist jedenfalls meine Überzeugung und seit Jahren, konnte ich es nicht erwarten, meine DNA weiter zu geben. Etwas von mir in einem kleinen Wesen weiter leben zu lassen, war mein sehnlichster und gleich geheimster Wunsch. Aber dafür hatte mir immer der richtige Partner gefehlt. Ich wollte ein Kind der Liebe.

    Wieder spürte ich das klaffende Loch in meinem Inneren, das nicht geschlossen werden kann. Eine Träne löste sich von meinen Wimpern und fiel auf die Haut auf meinem Handrücken, wo sie eine winzige Pfütze hinterließ. Ich wischte meine Hand an meinem Mantel ab und nichts deutete mehr auf die Existenz der kleinen Wasserperle hin, genauso wenig, wie in sechs Tagen etwas auf meine Existenz mehr hindeuten würde.

     

Dienstag.

    Ich hatte schlecht geschlafen.
    Der große Tag rückte immer näher und obwohl ich mir in meinem Vorhaben hundertprozentig sicher war, war ich doch etwas aufgeregt. Vielleicht war ich mir auch nur zu 99,99 % sicher, doch damit konnte ich leben, beziehungsweise ja nicht leben.
    Tausende Male hatte ich das vor, was ich in fünf Tagen machen werde und niemals war ich diesem Vorhaben so nahe gewesen, wie jetzt. Fünf Tage. Fünf Tage von 2000 Jahren, ein Katzensprung, ein Fingerschnipsen, mehr nicht.
    Ich hatte gründlich darüber nachgedacht. Menschen sterben, Tiere sterben, Pflanzen sterben, warum sollen Vampire nicht auch sterben? Es war doch unfair den anderen gegenüber, wenn ich mein Dasein weiter fristete, bis ich in 3000 Jahren es schließlich bereue, es nicht getan zu haben. Tote bereuen nicht. Wie auch? Ich wusste nicht, was mich nach dem Tod erwartete. Würde ich als Katze oder Regenwurm wieder geboren werden oder würde ich als Stern am Himmel über meine Verwandten wachen, oder gar für meinen Selbstmord bestraft werden und für ewig in der Hölle schmor? Vielleicht aber nimmt mich der liebe Gott auch bei sich im Himmel auf, als Dank, dass sein verlorenes Schäfchen nach der langen Zeit endlich zurückgekehrt war. Vielleicht war da aber auch ein bloßes Nichts. Keine Seele, kein Stern, nur eine schwarze Leere. Ich wusste es nicht und es war mir auch egal. Alles war besser, als das was ich jetzt hatte.
    Für mich war das Leben schon die Hölle. Ich hatte viel erlebt, alles ausprobiert, hatte mehrmals promoviert, habe auch mehrere Ausbildungen in den verschiedensten Richtungen hinter mir und unzählige unbedeutende Affären, war berühmt und war ein Niemand. Es gab nichts, dass ich mehr ausprobieren wollte und das, was ich wirklich wollte, blieb mir verwehrt. In 2000 Jahren hatte ich nicht den perfekten Mann gefunden, den Deckel
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