Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delia, die weisse Indianerin

Delia, die weisse Indianerin

Titel: Delia, die weisse Indianerin
Autoren: Marie Louise Fischer
Vom Netzwerk:
ins Fort nachholen.“
    Während des kurzen Aufenthalts hatten die Zugpferde sich wieder etwas erholt. Die Kühe stoppten das Tempo nicht länger; es ging im Trab weiter.
    Die Sonne begann sich allmählich zu neigen und sank, ein rot glühender Ball, über eine Hügelkette im Westen herab, aber immer noch kam das Fort nicht in Sicht, das Sicherheit und Rettung bieten sollte. Die Indianer würden um einer harmlosen Gruppe Einwanderer willen bestimmt keinen Überfall auf eine mit Soldaten und Kanonen bestückte Befestigung unternehmen.
    Der Treck jagte über die Prärie.
    „Es kann nicht mehr weit sein“, sagte Onkel Johannes. „Jedenfalls nach meiner Karte!“
    Da preschte ein Reiter vom Ende des Trecks heran. Er brachte die Hiobsbotschaft, dass ausgerechnet in diesen entscheidenden Minuten die Achse des letzten Wagens gebrochen sei. Es war der Wagen, den Tante Ruth lenkte und in dem Babette, Peter und Paul saßen.
    Onkel Johannes befahl den anderen, weiterzufahren. Er selbst ritt zusammen mit Delia zurück. Gemeinsam mit den Jungen versuchte er, die gebrochene Achse so schnell wie möglich wenigstens notdürftig zusammenzubinden. Delia plauderte währenddessen mit Babette und versuchte, sie von der Gefahr abzulenken und zu beruhigen. Gerade hatten die Männer die Reparatur beendet, als Peter rief: „Seht doch mal – Mustangs!“
    Tatsächlich tauchten hinter einer Hügelkette, noch winzig klein, eine lange Reihe scheinbar reiterloser Pferde auf. Delia und die Jungen waren überzeugt, dass es sich um Wildpferde handeln müsste.
    Aber Onkel Johannes wusste es besser. „Die Indianerl“ rief er. „So pflegen sie anzugreifen; sie lassen sich hinter den Pferden hängen und benutzen sie so als Schutz! Schnell! Schnell! Jetzt ist keine Zeit mehr zu verlieren!“
    Tante Ruth schwang die Peitsche, trieb die Zugpferde an. Der Planwagen holperte über die Prärie, den anderen Wagen nach, von denen die letzten noch in einiger Entfernung sichtbar waren. Onkel Johannes und Delia blieben bei ihrer Familie, ritten zu beiden Seiten des Planwagens. Der Mops rannte hinterher.
    Aber so sehr Tante Ruth die Pferde auch antrieb, die unheimlichen Mustangs kamen näher und näher. Jedes Mal, wenn Delia einen Blick zurück warf, waren sie größer geworden.
    Immerhin gelang es Tante Ruth, Anschluss an den letzten der anderen Planwagen zu finden.
    Einer der Reiter kam ihnen entgegen: „Das Fort!“ schrie er. „Wir haben es gesehen! Nur noch wenige Meilen, und dann ...“
    „Wir sind gerettet!“ rief Onkel Johannes seiner Frau und seinen Kindern zu. „Vor den Augen der Soldaten werden sie es nicht wagen ...“
    In diesem Augenblick ertönte das schreckliche Kriegsgeheul der Indianer. Sie richteten sich auf ihren Pferden auf, waren jetzt voll sichtbar, furchtbar anzuschauen mit ihren grell bemalten Gesichtern.
    „Schneller!“ rief Onkel Johannes noch einmal, und die Pferde, selbst erschreckt durch die wilden Schreie der Indianer, gaben ihr Letztes her.
    Jetzt sah auch Delia das Fort. Wie ein dunkler Klotz lag es auf der weiten Ebene vor ihnen. „Lauf, Professor!“ rief sie. „Wir haben es geschafft!“
    Aber der Professor hörte nicht. Anscheinend fühlte er sich durch das Geheul der Indianer persönlich angegriffen. Er drehte sich um, raste bellend, das sonst so friedlich geringelte Schwänzchen steif nach hinten gestreckt, auf die wilde Horde zu.
    „Professor!“ rief Delia entsetzt. Sie riss ihr Pferd herum.
    „Bleib, Delia!“ brüllte Onkel Johannes.
    Aber Delia war nicht mehr zu halten. Sie jagte hinter ihrem kleinen Freund her, nur von dem einen Gedanken besessen, ihn vor den Indianern zu retten, während der Planwagen in Richtung auf das Fort verschwand.
    Näher und näher kamen die wüsten Gesichter, die brüllenden, Tomahawks schwingenden Indianer.
    Ein Pfeil schwirrte durch die Luft. Susi brach unter ihrer Reiterin zusammen. Delia konnte gerade noch abspringen. Der Mops war wenige Meter vor den Indianern stehengeblieben und bellte aus Leibeskräften. Delia sprang zu ihm, hob ihn auf. Aber es war zu spät. Eine kleine Schar Indianer umringte sie, während die Hauptangriffsmacht immer noch hinter den Planwagen herjagte.
    Die Indianer starrten Delia an, und Delia starrte die Indianer an. Sie hielt ihren geliebten Professor fest gegen ihr klopfendes Herz gepresst. Dann dachte sie an die arme Susi, drehte sich um, setzte ihren Mops, dem vor Schreck das Bellen vergangen war, zu Boden, wandte sich zu dem Pferd, dessen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher