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Delete: Thriller (German Edition)

Delete: Thriller (German Edition)

Titel: Delete: Thriller (German Edition)
Autoren: Karl Olsberg , Karl-Ludwig von Wendt
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länger nicht mehr zu Hause gewesen, erzählte die Mutter, und überhaupt sei es doch traurig, dass ihr Sohn sich so selten bei ihr melde, gerade jetzt, wo der Vater für einige Monate im Ausland sei und sie ganz allein zu Hause. Sie begann einen längeren Monolog über die Leiden einer Mutter, deren einziges Kind sich nicht mehr für sie interessierte. Nach einer Viertelstunde schaffte es Mina, das Gespräch mit dem Hinweis auf eine Vorlesung zu beenden. Nun wusste sie, dass Thomas vielleicht nicht so zuverlässig war, wie sie geglaubt hatte. Dennoch wuchs ihre Unruhe.
    Von einem Mitbewohner bekam sie die Nummer der Hausverwaltung. Sie rief dort an und behauptete, Thomas habe ihr gegenüber über starke Kopfschmerzen und Übelkeit geklagt und öffne nun nicht mehr. Sie mache sich Sorgen und wolle sichergehen, dass er nicht vielleicht ärztliche Hilfe brauche.
    Fast eine ganze Stunde musste sie warten, bis ein mürrischer Hausmeister erschien und die Tür mit einem Zweitschlüssel öffnete. Durch einen kleinen Eingangsbereich und eine zweite Tür betraten sie einen kombinierten Wohn- und Schlafraum. Die Vorhänge waren zugezogen, das Bett ungemacht. Das Licht brannte. Thomas’ Laptop stand eingeschaltet auf dem Schreibtisch. Sein Handy lag daneben.
    Der Hausmeister zog eine Augenbraue hoch. Mina öffnete die Tür zum Bad. Es war leer.
    »Es … es tut mir leid«, sagte sie. »Ich dachte wirklich, er wäre vielleicht krank oder so.«
    »Schon gut. Kann ja mal passieren«, erwiderte der Hausmeister in einem Tonfall, der deutlich machte, dass daran gar nichts gut war. »Ich muss Sie dann jetzt bitten, zu gehen, damit ich wieder abschließen kann.«
    »War denn vorher abgeschlossen?«
    Der Hausmeister runzelte die Stirn.
    »Nein, ich glaube nicht. Die Tür war bloß zugezogen.«
    Mina sah sich um. Auf einem Bord neben der Eingangstür lag ein Schlüsselbund. Sie probierte die Schlüssel aus. Einer passte ins Schloss der Wohnungstür.
    »Seltsam«, sagte sie mehr zu sich selbst als zu dem Mann, als sie die Schlüssel zurücklegte. »Wenn er weggegangen ist, wieso hat er den Schlüssel nicht mitgenommen?«
    »Was glauben Sie, wie oft ich Wohnungen aufschließen muss, weil die Leute ihre Schlüssel vergessen haben«, erwiderte der Hausmeister. »Wenn ich dafür jedes Mal zehn Euro bekäme, könnte ich mich jetzt zur Ruhe setzen. Ihr Akademiker denkt ja immer, unsereins hätte nichts Besseres zu tun.«
    Mina ignorierte ihn. Sie kehrte noch einmal in den Wohnraum zurück. Sie wollte nachsehen, was Thomas zuletzt am Laptop getan hatte, doch der Hausmeister hielt sie zurück.
    »Ich muss Sie wirklich bitten, jetzt zu gehen.«
    Dabei fiel ihr Blick auf den Nachtschrank. Dort lag ein Buch, dessen Titel ihr vage bekannt vorkam: Simulacron-3 von Daniel F. Galouye. Sie nahm es an sich.
    »Das hab ich ihm geliehen«, erklärte sie dem Mann.
    Der grunzte missfällig, ließ sie jedoch gewähren und schloss hinter ihr die Wohnungstür ab.
    »Bestellen Sie Ihrem Kommilitonen einen schönen Gruß. Er soll bloß nicht glauben, dass ich alles stehen und liegen lasse, um ihm das Apartment aufzuschließen, wenn es dem Herrn Studenten genehm ist.«
    »Tut mir leid, dass ich Sie umsonst herbemüht habe«, sagte Mina. »Aber ich habe mir wirklich Sorgen gemacht.«
    »Ja, ja«, brummte der Mann nur und ging, ohne sich zu verabschieden.
    Mina sah auf die Uhr. Ihre Vorlesung war bereits halb im Gange. Also setzte sie sich in ein Café, bestellte einen Cappuccino und blätterte in dem Buch. Die Seiten waren stark vergilbt und abgegriffen. Einige Passagen waren mit Bleistift unterstrichen, an zwei Seiten klebten gelbe Post-its. Aus dem Klappentext erfuhr sie, warum ihr der Titel bekannt vorgekommen war. Sie hatte ihn in dem Wikipedia-Artikel gelesen: Er war die Romanvorlage für Rainer Werner Fassbinders Film Welt am Draht .
    Sie las die hervorgehobenen Stellen. Auf einer der markierten Seiten wurde beschrieben, wie ein Mitarbeiter einer Marktforschungsfirma spurlos auf einer Party verschwand. An einer anderen Stelle unterhielten sich zwei Mitarbeiter der Firma darüber, ob ihre Welt möglicherweise nur eine Simulation sei. Schlau wurde Mina daraus nicht. Die Markierungen bestätigten aber ihren Verdacht, dass Thomas sich da in eine fixe Idee hineingesteigert haben könnte. Doch wo war er dann? Hatte er so etwas wie einen Nervenzusammenbruch gehabt? Litt er vielleicht unter Paranoia und irrte jetzt irgendwo verwirrt herum?
    Vielleicht hatte er aber
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