Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dein totes Mädchen: Roman (German Edition)

Dein totes Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Dein totes Mädchen: Roman (German Edition)
Autoren: Alex Berg
Vom Netzwerk:
werde mich um alles kümmern«, versprach Björn. »Und dann hole ich euch ab. Noch heute.«
    Ulf sah ihn dankbar an.
    »Hast du mit dem behandelnden Arzt darüber gesprochen, dass du Lilli mitnehmen willst?«, fragte Björn, als sie in das Gebäude zurückgingen.
    »Er wird alles in die Wege leiten«, entgegnete Ulf und räusperte sich. »Er hat mich außerdem darauf vorbereitet, dass sie allein durch das Gefühl, zu Hause und unter Freunden zu sein, noch einmal aufblühen könnte, beinahe so, als ginge es ihr plötzlich besser, aber dann …« Er zuckte hilflos mit den Schultern.
    »Verstehe«, entgegnete Björn mit belegter Stimme. Dann wies er auf das bandagierte Bein seines Freundes und die Krücken, die er nach wie vor benötigte. »Schaffst du das alles?«
    »Mach dir darüber keine Sorgen«, gab Ulf zurück.
    Sie hatten inzwischen sein Zimmer erreicht, und Björn öffnete die Tür. »Ich muss dich noch etwas fragen«, sagte er, sobald sie allein in dem sterilen Krankenzimmer waren, in dem der Strauß Blumen, den Maybrit mitgebracht hatte, den einzigen Farbtupfer darstellte. Ulf zog eine Braue hoch, während er die Krücken absetzte und zu dem Schrank humpelte, in dem seine Kleidung untergebracht war.
    »Warum hat Lilli versucht, sich umzubringen?«
    Ulf hielt in seiner Bewegung inne. Er hatte die Frage erwartet, sie gefürchtet, und am Klang von Björns Stimme erkannte er, wie schwer sie seinem Freund fiel. »Hat es etwas mit dem zu tun, was in den letzten Tagen zwischen euch war?«
    Ulf setzte die Tasche wieder ab, die er gerade aus dem Schrank nehmen wollte, wandte sich zu Björn um und blickte in dessen trotz der vielen Fältchen, die sich um die Augen zogen, noch immer jugendliches Gesicht. »Nur indirekt.«
    Björn schob abwartend die Hände in die Taschen seiner Jeans, und Ulf zögerte, hin- und hergerissen zwischen seinen dienstlichen Verpflichtungen und dem drängenden Wunsch, seinem Freund die Wahrheit zu sagen und damit auch sich selbst zu erlösen. Es würde ihn erleichtern, mit jemandem zu reden, der Caroline nicht nur ebenso lange kannte wie er, sondern ihr auch beinahe ebenso nahestand. Würde sie es verstehen, wenn er mit Björn darüber sprach?
    »Es gibt einen triftigen Grund, warum Lilli sich das Leben nehmen wollte«, sagte er schließlich. »Es liegt ein internationaler Haftbefehl wegen Mordes gegen sie vor. Sie hat den Mann erschossen, der ihre Tochter überfahren hat.«
    Björns Bestürzung spiegelte sich in seinen Zügen wider. Er sah Ulf prüfend an. »Hast du diesen Haftbefehl in Stockholm auf den Schreibtisch bekommen? Bist du deswegen gekommen?«
    »Nein, ich habe erst hier davon erfahren.«
    »Aber du wusstest, dass sie hier war.«
    »Ich hatte es angenommen, nachdem ich per Zufall ein Radarfoto aus Mittelschweden von ihr in die Finger gekriegt habe.«
    Björn begann, im Raum auf und ab zu gehen, und schüttelte noch immer fassungslos den Kopf.
    »Ich habe versucht, sie zu überreden, sich zu stellen«, erzählte Ulf. »Sie hätte nie die ganze Strafe absitzen müssen. Ich habe ihr vorgeschlagen, dass wir heiraten und …«
    »Sie wollte nicht«, fiel Björn ihm ins Wort.
    »Nein, sie wollte auch nicht mit mir ins Ausland«, fuhr Ulf fort. »Verdammt …« Seine eigenen Worte machten ihm seine Hilflosigkeit erneut schmerzlich bewusst.
    Björn blieb nachdenklich am Fenster stehen. »Weißt du«, begann er schließlich. »Ich glaube, sie ist schon mit dem Vorsatz hierhergekommen, sich das Leben zu nehmen.«
    Ulf sah erstaunt auf. »Wie kommst du darauf?«
    Diesmal war es Björn, der zögerte. »Sie hat es schon einmal versucht«, sagte er dann jedoch. »Nachdem ihre Eltern gestorben waren.«
    »Kein Wunder«, bemerkte Ulf. Caroline hatte sich verantwortlich gefühlt für den Tod ihrer Eltern, die sie über alles geliebt hatte. Er erinnerte sich an Björns Worte. Sie war noch nie gut darin, Schmerz auszuhalten. Er schaltete schnell. »Du hast sie damals gefunden.«
    Björn nickte wortlos.
    »Du hast nie darüber geredet«, stellte Ulf fest.
    »Ich hatte es ihr versprochen.«
    Ulf runzelte die Stirn. Konnte es sein, dass Caroline von Beginn an geplant hatte, hier zu sterben? Dass sie sich durchaus im Klaren darüber gewesen war, dass die Polizei sie früher oder später finden würde? Nein, das erschien ihm nicht logisch. Caroline plante nicht. Sie handelte spontan und unüberlegt. Und so war sie Hals über Kopf an den erstbesten Ort außerhalb Deutschlands geflohen, der ihr in den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher