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Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)
Autoren: Yvonne Woon
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Noah und nahm Anlauf. Mit wild entschlossenem Gesichtsausdruck stürmte er auf die Tür zu, rammte sie mit der Schulter und brach auf die andere Seite durch.
    Wir hörten einen lauten Knall und splitterndes Holz, und dann ein Stöhnen.
    »Noah?«, rief ich in die Dunkelheit.
    Lange Zeit blieb alles stumm. Anya spähte in den Raum hinein. Gerade wollte ich noch mal rufen, als Noahs Stimme von innen erschallte. »Ihr müsst hier reinkommen.«
    Ich stolperte über die geborstenen Türreste hinein in ein finsteres, feuchtes Zimmer. Ein langes Lichtrechteck fiel aus dem Bad auf den Boden.
    Hinter uns hielt Anya eine Taschenlampe hoch und leuchtete damit im Zimmer umher. In einer langen, fließenden Bewegung ließ sie das Licht über das Innere gleiten, als erforschten wir ein Wrack am Meeresgrund.
    Die Fenster waren geschlossen und von einer dicken Schicht aus Staub und schmierigem Schmutz bedeckt. Überall im Zimmer waren Laken über Kerzenleuchter, Bücher- und Wäschestapel ausgebreitet. Das Mobiliar sah uralt aus. Der Sessel stand auf gekrümmten Löwenfüßchen, das Bücherregal war mit Glastüren verschlossen und den Schreibtisch schmückten wunderschöne Einlegearbeiten.Und das Bett   – ein Traum von einem Bett, bedeckt mit Zierranken und scheinbar viel zu klein für einen Menschen dieses Jahrhunderts.
    Alles war mit Rußflecken geschwärzt, sogar die Wände.
    »Hier drinnen hat’s gebrannt«, sagte ich zu Noah und berührte die dunklen Muster an den Wänden. Der Staub biss mich in der Nase. »Das war das Feuer, in dem sie umgekommen ist. Deshalb war das Zimmer versiegelt.«
    Ich blickte aus dem Fenster und versuchte mir vorzustellen, wie der Innenhof zu Ophelias Zeiten ausgesehen haben mochte.
    Sie musste in meinem Alter gewesen sein, als sie starb. Wenn ich sie wäre und in dieses Zimmer zurückkehren würde, um eine Botschaft zu verstecken   – was hätte ich mit ihr gemacht?
    Anya hatte die Doppeltüren des Schranks geöffnet und Noah suchte die Wände ab, doch da waren sie auf dem Holzweg. Nie hätte ich eine Botschaft an einem Ort verborgen, wo sie einfach übermalt oder übertapeziert oder weggebrannt werden konnte.
    Mit plötzlicher Gewissheit fuhr ich herum. Da, am anderen Ende des Zimmers, war ein massiv gemauerter offener Kamin. Aus dem Ziegelrot war im Feuer ein rauchiger Braunton geworden. Das musste der Brand gewesen sein, von dem Dustin mir damals erzählt hatte: der Grund für das Verbot offener Kamine an der Schule. Der Kamin war der einzige Teil des Raumes, der weder abgerissen noch sonst wie verändert werden würde, solange man nicht das ganze Gebäude abriss.
    Ich kniete mich auf den Boden, warf den Mantel ab, krempelte die Ärmel hoch und langte tief in den Kamin.Innen war er ganz weich von Spinnweben und Asche, die ich rasch abwischte. Der Abzug war fest verschlossen und so tastete ich darunter herum, folgte den Ziegelfugen, bis ich etwas Kühles, Glattes spürte. Metall. Ich fuhr wieder darüber, diesmal ganz langsam und bewusst. Es waren Linien eingraviert. Ich war so geschockt, dass ich die Hand zurückzog und mich im Zimmer umsah. Anya und Noah waren noch damit beschäftigt, die Wand am anderen Ende des Raumes zu untersuchen. Als ich wieder hineinlangte, erwartete ich beinahe, dass das Metall verschwunden war, wie eine Ausgeburt meiner Fantasie. Doch stattdessen fühlte es sich noch echter an und unter meinen Fingerspitzen formten sich die Linien zu Buchstaben.
    »Ich glaub, ich hab es gefunden«, sagte ich mit brechender Stimme. Aber niemand schien mich zu hören. »Ich hab es«, wiederholte ich energischer. Noah erstarrte, dann breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.
    »Gibst du mir mal die Taschenlampe?«, bat ich.
    Er reichte sie mir und ich duckte mich in den Kamin hinein. Ein Staubregen ging auf mich nieder und unter Gehüstel hielt ich das Licht auf die Innenwand. Und da, säuberlich ins Metall geritzt, stand eine Botschaft.
     
    Suchst du das Kleinod dieser Neun,
    vom höchsten Rang zur tiefsten Pein,
    schul dich an meines Kummers Macht;
     
    Ich las sie mir dreimal laut vor, bis ich sie sicher auswendig konnte, und kletterte dann hinaus, um mir den Staub aus dem Haar zu schütteln. »Wir haben es.«
     
    »Was soll das heißen, eurer Meinung nach?«, fragte ich, nachdem ich das vollständige Rätsel auf einen Zettel geschrieben und vor uns auf Anyas Zimmerteppich ausgebreitet hatte.
     
    Suchst du das Kleinod dieser Neun,
    vom höchsten Rang zur tiefsten
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