Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Davide

Davide

Titel: Davide
Autoren: Laura-Marí D'Angelo
Vom Netzwerk:
hast.“
    Das
Essen kam und unterbrach seinen philosophischen Gedankengang. Sie aßen, das
hieß, er aß und sie stocherte ein wenig in einem Salatteller herum, sie lachten
und scherzten, tranken Grappa und Caffè und amüsierten sich bestens. Emmas bedrückte
Stimmung vom Beginn des Abends schien verflogen und er vermied es bewusst,
darauf anzuspielen. Merkwürdigerweise war er so zufrieden damit, sie in gute
Laune versetzt zu haben – und er schrieb sich das als persönlichen Erfolg zu –
dass er nicht im Traum daran dachte, ihr die Stimmung wieder zu verderben,
indem er den Grund dafür hinterfragte.
    Anschließend
bummelten sie ausgelassen unter den endlosen Arkaden entlang, kommentierten
bissig die Schaufenster, die Leute, das Nachtleben im Allgemeinen und sich
selbst im Besonderen und amüsierten sich prächtig. Emma ließ es sogar zu, dass
er sie an einer roten Ampel an der Hand nahm und über die Straße zog und sie
danach weiterhin festhielt. Ansonsten zeigte er keinerlei Ambitionen,
zudringlich oder zweideutig zu werden und auch sie blieb auf Distanz. Beide
waren bester Laune und kein bisschen müde, als ihr endlich auffiel, wie spät es
bereits war.
    „Sieh
mal, es dämmert schon!“ Sie wies auf den sich leicht hellgrau färbenden Himmel
über ihnen.
    Ein
Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass sie recht hatte. Es war fast halb sechs Uhr morgens.
    „Jetzt
einen schönen Cappuccino und dabei den Sonnenaufgang genießen“, entfuhr es ihr
spontan, „nur in diesem Häusermeer kann von Sonnenaufgang leider keine Rede sein!“
    Er
antwortete nicht, sie registrierte es mit Neugier.
    „Was
ist? Warum sagst du plötzlich nichts mehr?“
    „Weil
ich wüsste, wo wir beides haben könnten, aber ich will nicht, dass du mich
missverstehst!“
    „Und
wo soll dieser besondere Ort sein?“, fragte sie amüsiert.
    Er
gab sich sichtlich einen Ruck. Merkwürdigerweise hatte er plötzlich Skrupel,
ihr diesen Vorschlag zu machen.
    „Bei
mir zu Hause. - Aber ich verspreche dir, wenn du es willst, dann gibt es nur
Cappuccino und Sonnenaufgang, nicht mehr!“, fügte er hastig hinzu.
    Sie
sah ihn ernst an und er erkannte keinerlei missbilligende Reaktion.
    „Einverstanden!“
    „Wirklich?“
    Er
war überrascht, dass sie sofort zustimmte.
    „Wirklich.
Aber wir sollten uns beeilen, sonst geht die Sonne ohne uns auf!“
    „Ich
wohne hier .“
    Sie
sah sich verblüfft um. „Wie - hier?“
    „Ganz
oben, auf dem Dach.“
    Sie
folgte ihm in eine enge Seitengasse. Versteckt und unauffällig führte von dort
ein schmaler Korridor ins Innere eines Gebäudekomplexes, in dem sie nur Büros
und Geschäftsräume vermutet hatte. An einem elektronisch gesicherten Zugang gab
er einen mehrstelligen Code ein und vor ihnen öffnete sich eine Aufzugtüre.
    „Und
natürlich sind wir nur rein zufällig direkt vor deiner Haustür gelandet“,
kommentierte sie ironisch das Geschehen, doch obwohl er sie so überrumpelt
hatte, folgte sie ihm ohne Zögern hinein. Er schwieg, aber seine beinahe
schuldbewusste Miene sprach für sich.
    Fast
lautlos surrten sie nach oben und als sich die Tür vor ihnen wieder öffnete,
fand sie sich unvermittelt in einer riesigen, ultramodern eingerichteten
Penthaus-Wohnung wieder.
    „Ach
– die bescheidene Mansarde also!“
    „Komm,
wie du schon sagtest, der Sonnenaufgang wartet nicht!“
    Er
führte sie hinaus auf eine Terrasse mit grandiosem Blick über die Stadt.
Unterwegs warf er sein Sakko achtlos über einen Sessel.
    „Da
bleibt einem ja wirklich die Luft weg“, gestand sie beeindruckt, doch er war
schon wieder verschwunden. Sekunden später hörte sie entfernt ein summendes
Geräusch, kurz darauf kam er wieder, zwei Tassen in der Hand.
    „Der
bestellte Cappuccino, Signorina“, mit einer angedeuteten galanten Verbeugung
reichte er ihr eine der Tassen.
    Emma
lehnte sich neben ihn an die Balkonbrüstung und so sahen sie zu, wie in der
Ferne über den leicht dunstigen Hügeln in einem glühend roten Schleier die
Sonne aus ihrer Versenkung hervorkam.
    Der
Ausblick, den er von hier aus hatte, war wirklich fantastisch!
    Emma
lebte nun selber auch schon ein paar Jahre in der Stadt, aber sie hatte noch
nie die Gelegenheit gehabt, eine dieser seltenen Dachwohnungen auf einem der historischen
Palazzi zu betreten, deren Existenz man von unten nicht einmal erahnen konnte.
    „Die
alten Ägypter sollen da ein sehr eindrucksvolles Ritual gehabt haben, den neuen
Tag zu begrüßen“, murmelte er, fast wie zu sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher