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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman
Autoren: Susanne Eder
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blinzelte ihn unbeeindruckt an.
    »Na schön. Wie du willst. Es ist dein Pelz«, raunte er, schob seine Felldecke zur Seite und hievte sich aus der Bettstatt. Ein kalter Luftzug streifte seine Haut und ließ ihn frösteln, als er sich zum klappernden Verschlag hinübertastete.
    Die Bohlen vor dem Fenster waren nass. Offenbar hatte es geregnet, doch jetzt war der Himmel sternenklar. Bandolf warf einen Blick auf die ersten blassen Streifen der Dämmerung, im nachtschwarzen Himmel noch kaum wahrzunehmen, und brummte zufrieden. Er würde seinen unterbrochenen
Schlaf noch ein Weilchen fortsetzen können. Dann schaute er flüchtig in seinen Hof hinunter, wo sich das Mondlicht in großen Pfützen spiegelte, bevor er den Verschlag schloss, den Riegel vorschob und mit einem erleichterten Seufzen unter seine Decke kroch.
    Kaum hatte Bandolf die Augen geschlossen, als er sich mit einem Ruck wieder aufsetzte. Hastig schwang er sich von der Schlafstatt, eilte zum Fenster und entriegelte den Verschlag. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er in seinen Hof hinunter.
    »Was zum Teufel …?«
    In seiner Eile, zur Truhe und zu seinen Kleidern zu kommen, stieß er sich die Zehen an einer mit Sand gefüllten Schale, in der abgebrannte Kienspäne steckten.
    »Verdammnis!«
    Sein Fluch entlockte Matthäa ein Seufzen, doch ein rascher Blick auf die Bettstatt zeigte Bandolf, dass sie offenbar nicht aufgewacht war. Während er sich eilig Beinlinge und Hemd überstreifte und sich dann mit seinen Stiefeln abmühte, kreisten seine Gedanken um die Gestalt, die dort unten im Hof lag. Vom Fenster aus hatte er nur die Stiefel eines Mannes und die untere Hälfte seines Umhangs erkennen können. Was zum Henker trieb der Kerl zu nachtschlafender Zeit auf seinem Anwesen?
    Hastig griff der Burggraf zu seinem Schwert, stahl sich zur Tür und verließ die Kammer. Im Treppenhaus gab es kein Fenster, und es war stockdunkel. Bandolf verharrte einen Moment und lauschte, doch im Haus war alles ruhig. Mit der linken Hand tastete er sich an der Wand entlang bis zur Treppe. Unter seinen Füßen spürte er die erste Stufe, als hinter ihm eine Tür knarrte und ein Lichtschimmer auf die Stufen fiel. Bandolf fuhr herum, sein Schwert kampfbereit ausgestreckt.
    »Eltrudis!«

    Matthäas Tante huschte aus ihrer Kammer, die neben seiner Schlafkammer lag. Die kleine Öllampe, die sie in ihrer Hand trug, beleuchtete ihr rundes Gesicht mit der langen, scharfen Nase und dem energischen Kinn. Das schummrige Licht glättete die knittrige Haut oberhalb der Halsborte ihres Gewandes, die bei Tageslicht ihr fortgeschrittenes Alter verriet. Vor dem hochgewachsenen, stämmigen Burggrafen wirkte sie klein und zerbrechlich.
    Bandolf ließ flugs das Schwert hinter seinem Rücken verschwinden. Er hatte nicht die Absicht, jemandem von dem Fremden in seinem Hof zu erzählen, bevor er sich selbst ein Bild der Lage gemacht hatte, und schon gar nicht Eltrudis. An einem ihrer hysterischen Anfälle war ihm jetzt keinesfalls gelegen.
    »Was schleicht Ihr hier herum?«, fragte er scharf.
    »Ich will ja nicht klagen, mein Lieber, aber dieser kalte Wind fährt mir durch die Knochen und peinigt mich unsäglich. An Schlaf ist da natürlich nicht zu denken. Filiberta muss mir einen Schlummertrunk zubereiten und mein Lager …«, erklärte sie mit wohldosiert schwacher Stimme.
    »Geht zurück in Eure Kammer«, unterbrach er sie barsch und nahm ihr die Lampe aus der Hand. Im Stillen hoffte er, sein rüder Tonfall würde genügen, um sie zum Rückzug zu bewegen. Eltrudis runzelte pikiert die Stirn und schien nicht geneigt, ihr Vorhaben aufzugeben.
    »Ich muss schon sagen, Burggraf - wäre ich meiner armen Schwester, Gott hab sie selig, nicht verpflichtet, und würde ich nicht …«
    Bandolf verlor die Geduld. »Herrje, Weib. Hört auf mich und tut, was ich sage«, knurrte er. »Ich werde die Magd hernach zu Euch schicken.«
    »Und meine Lampe?«
    »Die benötige ich.«
    Eltrudis machte ganz den Eindruck, als wolle sie protestieren,
doch ein Blick in Bandolfs Gesicht überzeugte sie offenbar davon, dass der Zeitpunkt dafür nicht geeignet war. So reckte sie nur ihre lange Nase in die Luft und machte endlich kehrt, nicht ohne ihm noch einen Blick gekränkter Empörung zugeworfen zu haben. Das Schwert in seiner Hand schien sie glücklicherweise nicht gesehen zu haben. Als er die Tür hinter ihr zufallen hörte, lief er bereits die Treppe hinunter.
    Unten angekommen öffnete der Burggraf die Tür zu seiner
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