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Das Zeichen des Vampirs - The Society of S

Titel: Das Zeichen des Vampirs - The Society of S
Autoren: Susan Hubbard
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gegenseitig zur Straße zurück. Dort war das Gefühl wieder verschwunden.
    Als Mrs McGarritt mich am späten Nachmittag nach Hause fuhr, erlaubte sie Kathleen mitzukommen. Anscheinend hatte sie noch einmal über ihr Verbot nachgedacht, denn sie blieb im Wagen sitzen und überließ es Kathleen, mir beim Reintragen meiner Sachen zu helfen. Wie immer war es kühl in unserem
Haus; die Fensterläden waren zugezogen, um die Hitze drau ßen zu halten.
    »Wahnsinn, wie viel Platz du hast«, staunte Kathleen und sah sich in meinem Zimmer um: hellblaue Wände, elfenbeinweiß lackierte Leisten, eine Stuckdecke und dunkelblaue Samt vorhänge, die sich vor den Fenstern bauschten. »Und du musst dein Zimmer mit niemandem teilen. Ich werd verrückt, du hast sogar ein eigenes Badezimmer!«
    Ganz besonders gefiel ihr meine Nachttischlampe, deren Porzellanschirm aus fünf einzelnen Platten zusammengesetzt war. Wenn die Lampe aus war, sah der Schirm aus, als wäre er aus elfenbeinfarbenem geriffelten Porzellan. War sie jedoch an, erwachte auf jeder Seite die Abbildung eines Vogels zum Leben: ein blauer Eichelhäher, ein Kardinal, Zaunkönige, ein Pirol und eine Taube. Kathleen knipste sie mehrmals an und wieder aus. »Wie funktioniert das?«
    »Diese Technik nennt man Lithophanie.« Das wusste ich, weil ich meinen Vater vor Jahren danach gefragt hatte. »Die Motive werden als Relief in das Porzellan gepresst und von hinten bemalt. Wenn du in den Schirm hineinschaust, kannst du es sehen.«
    »Nein«, sagte sie. »Das ist Magie. Ich will gar nicht wissen, was dahintersteckt.« Sie machte die Lampe aus. »Du hast echt Glück«, sagte sie.
    Ich versuchte, mich in sie hineinzuversetzen. »Vielleicht habe ich in manchen Dingen Glück gehabt«, sagte ich, »aber dafür habe ich nicht so viel Spaß wie du.«
    Das war die Wahrheit. Sie drückte meinen Arm. »Ich wünschte, wir wären Schwestern«, sagte sie.
    Wir kamen gerade die Treppe hinunter, als mein Vater mit einem Buch in der Hand durch den Flur ging. Er sah zu uns
auf. »Ach ihr seid es«, sagte er. »Ich dachte schon, da oben wäre eine Herde Elefanten unterwegs.«
    Er gab Kathleen, die ihn fasziniert anstarrte, die Hand und setzte seinen Weg in die Bibliothek fort.
    Wir gingen zur Tür.
    »Warum hast du mir nicht erzählt«, flüsterte Kathleen, »was für ein Adonis dein Vater ist?«
    Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte.
    »Jammerschade, dass er Lupus hat.« Kathleen öffnete die Tür und drehte sich noch einmal zu mir um. »Er sieht wie ein Rockstar aus. Unser Vater dagegen sieht wie ein Metzger aus und das ist er ja auch. Sei dankbar für das, was du hast, Ari.«
    Nachdem sie gegangen war, kam mir das Haus größer vor als je zuvor. Ich ging zu meinem Vater in die Bibliothek. Er saß am Schreibtisch und las. Ich sah ihn an. Sein Kinn, das auf seiner langen, schmalen Hand ruhte, sein wunderschöner Mund, um den immer ein leicht enttäuschter Zug lag, seine langen schwarzen Wimpern. Kathleen hatte recht, mein Vater war ein Adonis. Ich fragte mich, ob er sich jemals allein fühlte.
    »Was ist, Ari?«, sagte er, ohne aufzusehen. Seine Stimme war leise und melodisch wie immer.
    »Ich muss mit dir reden«, sagte ich.
    Er hob das Kinn und sah mich an. »Worüber?«
    Ich holte tief Luft. »Ich hätte gern ein Fahrrad.«

    Zuerst sagte mein Vater, dass er darüber nachdenken müsse. Ein paar Tage später dann teilte er mir mit, er hätte mit Dennis darüber gesprochen, der auch der Meinung wäre, dass das eine gute Idee sei.

    »Ich weiß, dass du allmählich erwachsen wirst«, sagte mein Vater an dem Tag, an dem wir das Fahrrad kaufen gingen. »Und ich weiß, dass ich dir mehr Freiheiten geben muss.« Er atmete tief ein und wieder aus. »Ich weiß das alles, und doch fällt es mir schwer, dich gehen zu lassen. Am liebsten würde ich dich zu Hause behalten, wo du sicher bist.«
    Wir fuhren in seinem alten schwarzen Jaguar - ein seltenes Ereignis, das kann ich dir versichern. Er benutzte den Wagen höchstens einmal im Monat und nahm mich fast nie mit.
    Es war ein warmer Nachmittag Ende Juli. Wie immer hatte er seinen schwarzen Anzug an - seine Anzüge und Hemden wurden in London angefertigt, das hatte er mir erzählt, als ich ihn einmal fragte, warum er nie einkaufen ging - und trug einen breitkrempigen Hut, eine dunkle Brille, Handschuhe und einen Schal, um sich vor der Sonne zu schützen. Jeder andere hätte in diesem Aufzug schrullig gewirkt, aber mein Vater sah elegant
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