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Das Zauberschloß

Das Zauberschloß

Titel: Das Zauberschloß
Autoren: Ludwig Tieck
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mit einem bestimmten Widerspruch gegen ihn aufzutreten. Du bist als Soldat gebunden: und sollten wir denn wagen, der Welt ein Aergerniß zu geben, damit Du Dich nachher Dein Leben hindurch unglücklich fühltest? Wenn ich mich auch krank stellte, und mein Befinden ist in der That so, daß nicht viel Heuchelei nöthig wäre, so würde auch dies nicht weiter führen, denn über alle diese Schwachheiten, wie er sie nennt, lacht nur mein Vater. Wenn der verhaßte Bräutigam sich nur nicht meldete, so wäre wohl die nächste und sicherste Hoffnung, daß der Vater auf einige Tage, vielleicht auf länger, die ganze Sache vergessen würde, so wie es ihm so oft begegnet. Aber wie schwach ist dieser Trost! denn der Verhaßte, dessen Ankunft ich fürchte, ist nicht so zerstreut und vergeßlich. Ich bin der Verzweiflung nahe. Weißt Du keinen Rath und keine Hülfe, so bin ich verloren! Mit Thränen umarme ich Dich.
    Louise .«
    Eine so verwünschte Situation, rief Ferdinand, wie es nur irgend eine im Leben geben kann! Wäre sie nur fort, aus dem Hause, irgend wohin entflohn, oder entführt.
    Den Muth hat sie leider nicht, antwortete der Hauptmann, und ich darf keinen Schritt thun, der mich als Officier compromittirt.
    So können wir also nur lamentiren, erwiederte der Freund. Wie kommt aber nur dieser seltsame Haß in Eure Familien? Dein Vater, der General, ist ja die Güte selbst und so heitern Frohsinns, daß er mit allen Menschen leicht zu leben weiß, er ist mit Niemand verfeindet, und so wie man mir den Rath Freimund geschildert hat, ist er auch nicht von jenen Zornwüthigen, die überhaupt in unsern Tagen wohl nicht so zahlreich sind, als sie in vorigen Zeiten mögen herumgetobt haben.
    Die Sache, erzählte der Hauptmann, ist lächerlich, wenn sie nicht mein Unglück herbeigeführt hätte. Der Handel, der den alten Freimund so empört und zum unversöhnlichen Feinde meines Vaters gemacht hat, ist schon vor siebzehn Jahren, oder noch längerer Zeit vorgefallen. Mein Vater stand damals als Major in jener großen Stadt an der Gränze. Freimund war dort Assessor. Die beiden Männer lebten als Freunde, so ungleich sie auch waren. Freimund war ernsthaft, verschlossen, ganz und gar den Geschäften hingegeben, Spaß, Muthwille, Laune und alle jene Schwänke und lustigen kleinen Abenteuer, die eine tolle Jugend unternimmt und veranlaßt, waren ihm verhaßt und verächtlich; führte er sein Geschäft und Leben mit einem fast steifen Ernst, so wurde er nicht selten in seiner Feierlichkeit um so mehr beschämt, wenn sein zerstreutes Wesen, das ihn schon damals charakterisirte, Scenen und komische Situationen herbeiführte, die Witz und Laune selber nicht lächerlicher hätten erfinden können. Doch war mein Vater der Erfinder eines Spaßes, den ich nicht loben mag und der die beiden Männer auf immer trennte. Das Militär und verschiedene vom Adel hatten in jener Stadt ein Privattheater errichtet, und mein Vater, wohl gebaut, heiter, belesen, mit einer schönen und ausdrucksvollen Stimme begab, galt in jenen Cirkeln für den Gelehrtesten und für den, welcher in den schönen Künsten die meiste Erfahrung hatte und das sicherste Urtheil besaß. So kam es denn, daß, ohne daß er es gesucht hatte, er nicht nur der vorzüglichste Schauspieler, sondern auch der Director der Anstalt wurde. Die höheren Stände nahmen an diesem Vergnügen den lebhaftesten Antheil, da sie seit lange eines guten wirklichen Theaters hatten entbehren müssen. Freimund ärgerte sich an dieser Unterhaltung, als störende Unziemlichkeit, die manchem Beamten unverhältnißmäßig viele Zeit koste, die den jungen Leuten ein eitles Vertrauen in den Kopf setze auf ein Talent, das sie doch nicht hätten, die Liebschaften abgerechnet, die sich dort anspönnen, so wie die Intriguen, die gegen Eltern und Vormünder in den Gang kommen müßten. Mein Vater suchte ihn zu begütigen und ihm die Sache aus einem froheren Gesichtspunkte vorzustellen, aber vergebens. Seine bittere Kritik war vielen Theilnehmern verdrüßlich, weil sich durch seine laut ausgesprochenen moralischen Betrachtungen manche junge, schöne Mädchen aus guten Häusern abhalten ließen, so öffentlich vor den Augen der ganzen Stadt in verliebten oder schalkhaften Rollen aufzutreten. Es ward daher der Stolz und die Aufgabe, welche die Eitelkeit vieler Mitglieder spornte, den strengen Moralisten, der bis jetzt noch nie einen Zuschauer hatte abgeben wollen, selber anzuwerben und zum Auftreten und Spielen
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