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Das Wunder von Grauenfels (German Edition)

Das Wunder von Grauenfels (German Edition)

Titel: Das Wunder von Grauenfels (German Edition)
Autoren: Viktoria Benjamin
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»An die dreckigen Betrüger in Grauenfels« oder an die »miesen Blasfeministen«.
    Der Stern -Reporter angelte sich Letzteren heraus. »Das ist schon ein sprachliches Kunstwerk«, sagte er grinsend. »Ein ›Freud’scher Verschreiber‹?«
    Gina lachte. »Eher ein Problem für den Duden. Je lauterer die Gesinnung unserer Brieffreunde hier, desto schwächer die Rechtschreibung … Wollen Sie noch ein paar lesen? Wir öffnen Sie Ihnen bereitwillig – aber die Mädchen würden wir gern davor bewahren.«
    Der zweite Reporter blätterte nun ebenfalls in dem Briefstapel und schmökerte in ein paar besonders üblen Exemplaren. Jemand bot Berit und Gina an, ihren »Seherinnen die Jungfrau aus dem Arsch zu ficken«. Andere drohten damit, den Verantwortlichen die Qualen der Hölle schon im Diesseits zugänglich zu machen, wenn sie nur ihrer habhaft würden. Der Leser wechselte einen kurzen Blick mit seinem Kollegen.
    »Das fällt schon irgendwie unter Jugendschutz …«, meinte er zögernd und warf den Brief auf den Tisch. Friederike bewegte ihren Kopf langsam unter dem Abendblatt vor, um ihn aufzufressen.
    »Also schön«, entschied der andere mit einem nervösen Blick auf das kauende Reptil. »Lassen wir das mit den Mädchen. Aber dafür möchten wir jetzt minutiös wissen, wie Sie die Sache mit dem Hund und der Levitation gemacht haben! – Und was um Himmels willen ist das hier?« …
    In den Samstagsausgaben der Boulevard-Blätter stand Grauenfels zwar immer noch auf Seite eins, gab aber immerhin keinen Aufmacher mehr her. Bild und Co konzentrierten sich jetzt fast vollständig auf die verschwundenen Mädchen. Außerdem kamen ein paar Kirchenvertreter zu Wort, die natürlich angaben, das alles von vornherein gewusst zu haben. Die meisten seriösen Zeitungen erwähnten die Erscheinung gar nicht mehr. Denen war das Ganze zwar eine Meldung wert gewesen, aber ausschlachten würden sie es nicht.
    »Das nutzt uns bloß nicht viel«, meinte Gina. »Die braven Pilger hier lesen Bild und die Feministinnen TAZ. Und die zerreißt uns in ihrer nächsten Ausgabe garantiert so, dass uns Hören und Sehen vergeht. Wir hatten übrigens gerade eine Interviewanfrage von Emma. Hörte sich auch nicht gerade an, als wollten sie uns einen Preis verleihen …«
    Berit nickte und packte ein paar persönliche Sachen aus dem Büro in einen Karton. Es wäre nur fair, zum nächsten Ersten freiwillig fristlos zu kündigen.
    »Unser altes Büro in Berlin ist übrigens noch frei … Wir können den Schuppen sofort wieder haben. Einschließlich Feng-Shui-Beratung.« Berits Pony hing traurig über ihren Augen und zeigte an, dass sich ihre Stimmung auf dem Nullpunkt befand. Nicht nur, dass in Grauenfels alles den Bach herunterging, auch Ruben war mal wieder abgängig. Erneut in Sachen Borunji. Nach einem erneuten Putsch – Ruben zählte inzwischen nicht mehr mit – überlegte der neue Kaiser, den alten Präsidenten als Berater zurückzuholen. Der hatte sich dazu bereit erklärt, allerdings nur in Begleitung eines internationalen Beobachterstabes.
    »Er scheint der Meinung zu sein, wenn ein paar Leute aus dem Westen dabei sind, wird er nicht gegessen«, hatte Ruben gescherzt. »Aber ich würd mich da nicht drauf verlassen. Die Herrschaften waren nie sehr zurückhaltend. Und ob es gesellschaftlich so verpönt ist? Womöglich hat da jeder eine Rezeptsammlung für unliebsame Verwandte. Wer weiß, ob der Fernsehkoch nicht schon in den Startlöchern steht.«
    »Und ihr seid als Vorspeise ausersehen?«, hatte Berit gefragt. »Schöne Aussichten. Mein Job ist weg, und mein Freund steht auf der Speisekarte irgendwelcher Möchtegern-Kaiser.Ich hätte dem Glücksdrachen nicht immer das billigste Katzenfutter kaufen sollen …«
    Gegen elf Uhr, Gina öffnete gerade die erste Packung Kartoffelchips und Berit nahm den ungefähr achtundzwanzigsten obszönen Anruf des Tages entgegen, kam Mandy vorbei. Die kleine Hexe hielt sich nicht mit Klopfen auf, sondern wirbelte mit vergnügtem Gesichtsausdruck direkt in Berits und Ginas Büro.
    »Schöne Grüße von Herrn Barhaupt, Sie möchten doch bitte mal zur Quelle kommen. Es gäbe ein Wunder!«, vermeldete der Rotschopf. Mandy trug heute eine schrillbunte, wattierte Jacke über einem sehr abgetragenen Baumwollrock.
    »Was gibt es?«, fragte Berit irritiert und drückte das Gespräch weg. Der Anrufer hatte ohnehin nur rhythmisch hineingestöhnt.
    »Müssen Sie selbst sehen!« Mandy war schon wieder im Aufbruch und winkte
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