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Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Titel: Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)
Autoren: Tanja Frei
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sie erlebt hatte, als Carolin starb, hatte sie mit einem Mal wieder eingeholt. Als hätte die Woche in England nicht existiert. Als wäre sie nie vor dem Schrecken geflüchtet.
    »Ich auch«, gab Jenna zu. »Aber wir müssen es versuchen. Für uns alle …« Sie zog ihre Tochter kurz an sich. »Wir zwei, so verrückt es klingt, haben eine Aufgabe erhalten, eine Bestimmung. Wir sind nicht mehr die Gleichen wie noch vor zwei Wochen, vergiss das nicht! Der Jäger ist unser schlimmster Feind, aber wir haben eine Chance. Vielleicht nur diese eine.«
    »Und … Alex?« Kim brachte seinen Namen kaum über die Lippen.
    Jenna schluckte leer. »Ich werde alles tun, um ihn da herauszuholen. Aber ich schaffe es nicht ohne dich, Kim!«
    »Okay«, gab Kim mit zitternder Stimme zurück.
    Nicholas konnte nicht umhin, Jenna zu bewundern. Die Frau, die da vor ihm stand, war wirklich eine andere als die, die sich auf dem Friedhof in Chelsea vor Angst übergeben hatte.
    »Wir haben ein einziges Druckmittel«, fuhr Jenna flüsternd fort. »Er darf uns nicht umbringen. Er muss uns dem Konsortium übergeben.«
    In diesem Augenblick wurde das Band zwischen ihr und dem Jäger lebendig, das Summen in ihrem Hinterkopf zu einem dumpfen Dröhnen. Sie kniff die Augen zusammen, zwang sich, ruhig zu atmen.
    »Magie«, erklärte Lagardère leise, der sie beobachtete. »Wir sind am richtigen Ort, Jenna.« Er legte Kim kurz eine Hand auf die Schulter. »Möge der Herr mit euch sein.«
    »Wenn das hier vorbei ist, gehen wir dann zusammen ins Kino?« Kims Stimme war dünn.
    »Was immer du willst.« Lagardère lächelte flüchtig.
    Jenna stiegen die Tränen in die Augen. Wütend wischte sie sich mit der Hand über das Gesicht. Weinen konnte sie später.
    Langsam und vorsichtig schlichen sie vorwärts. Nicholas deutete nach unten. Vom Gleisbett her kommend würden sie mehr Deckung haben. Sie rannten geduckt über die Gleise, dann von dort aus die Stufen wieder hinauf, in Richtung der ehemaligen Station. Jenna kniete sich auf eine der obersten Stufen und versuchte etwas zu erkennen. Da! Aus dem überdachten Teil des Bahnhofs schimmerte ein heller Schein, leichter Rauchgeruch trieb zu ihnen hinüber. Niemand war zu sehen.
    »Bis zur Mauer«, zischte Nicholas und rannte voraus.
    Der Jäger stand neben seinem Gefangenen und hielt eine lodernde Fackel in der Hand. Endlich. Endlich! Das Warten hatte sich gelohnt. Nicht mehr lange, dann hätte er die erste Hürde in dieser Welt überwunden, die Hüterinnen gehörten ihm, und die nutzlosen Männer des Konsortiums müssten sich jemand Neues suchen, der ihnen das brachte, was sie wollten.
    Er, der namenlose Bruder des Todes, war nie ihr Diener gewesen und würde es auch nie sein. Obwohl sie das naturgemäß etwas anders sahen. Sie hatten schließlich dafür gesorgt, dass er die Schattenwelt verlassen konnte … Nun, das war wirklich nicht sein Problem.
    Sie schlichen um das Gebäude herum und spähten vorsichtig in die kleine, überdachte Halle. Alex! Jenna sah ihn sofort. Blut war ihm aus der Nase und über das Kinn gelaufen und zu einer dunkelroten Spur getrocknet. So wie er seinen Kopf bewegte, konnte Jenna erkennen, dass er Schmerzen hatte. Als sie die Holzbündel vor seinen Füßen sah, schrie sie vor Entsetzen beinahe auf.
    Matthew Johnson war nirgends zu sehen. Dafür stand der Mann aus ihren Albträumen keine fünf Meter entfernt. Er trug schwarze Lederhandschuhe und betrachtete nachdenklich sein Opfer. Jenna erkannte die Narbe, das blonde Haar, das ihm in geradezu obszöner Anmut in Wellen auf die Schultern fiel, die eiskalten blauen Augen. Das letzte Mal hatte er bewusstlos vor ihr gelegen. Was gäbe sie darum, diesen Moment noch einmal erleben zu dürfen. Vielleicht würde sie jetzt den Mut finden, das zu tun, was sie hätte tun können?
    Sie zog den Kopf zurück und tastete nach der Präsenz der anderen Hüterin. Für einen kurzen Moment befand sie sich in der dunklen Halle. Tatsächlich, die Frau mit den grünen Augen wartete dort. Jenna seufzte erleichtert auf und kam zurück ins Hier und Jetzt.
    »Was jetzt?«, hauchte Kim. Da trat ein verwunderter Ausdruck in ihre Augen. Jenna erstarrte. Diesen Gesichtsausdruck hatte sie bei ihrer Tochter schon einmal gesehen. In der Kapelle. Warnend legte sie Kim die Hand auf den Arm. Versuchte der Jäger erneut, Kim zu sich zu locken? Diese kämpfte dagegen an, der Mondstein in ihrer Hand fing an zu glühen. »Mam, tu was«, keuchte Kim panisch. »Ich weiß
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