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Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Titel: Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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mir das nicht erzählt?«
    Sie schüttelte den Kopf. Er verstand. Sie hatte es ja auch nicht gewusst.
    Die Neuigkeit beherrschte am nächsten Tag sämtliche Schlagzeilen. ›USA Today‹ brachte ein retuschiertes Foto von Mimi Todd Jansen mit einem Baby auf dem Arm, die ›Washington Post‹ eine gründliche Analyse darüber, was das für die Sozial-und Familienpolitik der neuen Regierung bedeuten werde. Ein Sieg Bruce Jansens wurde immer wahrscheinlicher, und die neuesten Meinungsumfragen zeigten, dass Jansen selbst in denkonservativsten Staaten stark an Zustimmung gewann. Sogar Texas, der Heimatstaat des amtierenden Präsidenten, begann zu wanken.
    Kurz gesagt: Mimi Todd Jansens Schwangerschaft war ein Coup, sowohl für Bruce Jansens Wahlkampf als auch für die Medien. Mimi war der Inbegriff der perfekten First Lady. Sie hatte den Platz der ermordeten Caroll Jansen nicht nur mit Bescheidenheit und Demut eingenommen, sondern auch mit einer Professionalität, wie man sie sonst nur von gestandenen Politikern kannte.
    Noch am selben Tag, an dem die beiden ihre Beziehung publik gemacht hatten, war klar gewesen, dass Mimi Todd etwas ganz Besonderes war. Sie sah den Menschen in die Augen, sie beantwortete alle Fragen und wich nie aus – auch nicht, wenn man sie zu ihrer Vergangenheit als Friedensaktivistin während des ersten Golfkriegs befragte. Im Gegenteil: Sie ließ jedem Journalisten ausreichend Zeit, zur Sache gehende Fragen zu stellen, und die Presse liebte sie dafür.
    Mimi Todd war eine Bilderbuchamerikanerin, eine wahre Pionierin, die sich vor nichts fürchtete. Das konnte man überall lesen. Wie sie während ihrer Kindheit den Ermahnungen ihres Vaters zum Trotz auch im Dunklen durch Richmonds finsterste Straßen geradelt war, wie sie sich bei der Eröffnung des neuen Stadions der Seattle Seahawks heiser geschrien hatte und wie sie in den nahen Bergen Snowboard gefahren war. Zwei Tage tobte ein regelrechter Mediensturm rund um Mimi Todd, dann wussten alle, dass sie ihr BWL-Studium in New York mit Auszeichnung abgeschlossen und bei einem Hospizbesuch in Salem geweint hatte.
    Alle erinnerten sich noch gut an ihr spektakuläres Debüt bei einem der bundesweiten Fernsehsender, der die streitbare und steinreiche neue Frau des Senators zu sozialpolitischen Themen befragen wollte. Auf ihren Wunsch hin fand das Interview vor einem Obdachlosenheim in Washingtonsprekärstem Stadtteil Anacostia statt, was sich aber vom ersten Moment an als Fehlentscheidung erwies. Mimi Todd wirkte in ihrem teuren Kostüm vollkommen fehl am Platz, und binnen kürzester Zeit hatte sich eine Bande rüpelhafter Jugendlicher vor ihr aufgebaut und sie ausgebuht und verhöhnt. Sie wolle in diesem Armenviertel bloß auf Stimmenfang gehen.
    Man sah Mimi Todd deutlich an, dass diese Vorwürfe sie nicht kaltließen, doch anstatt das Interview abzubrechen und zu einem anderen Zeitpunkt an einem anderen Ort zu führen, war sie den Warnungen der Fernsehleute zum Trotz auf die Menschen zugegangen. Sie nahm sich die Zeit, mit ihnen zu reden, bis sich der Mob beruhigte. Sie ging von einem zum anderen, bis die Buhrufe aufhörten. Schließlich stellte sie sich wieder auf die Treppe vor dem Obdachlosenheim und hielt spontan eine Rede. Sie sprach davon, wie Menschen zusammenleben sollten, indem sie einander ehren und respektieren sollten – so überzeugend und direkt, dass man davon eine Gänsehaut bekam. Anschließend war es ganz still. Nicht einmal die Journalisten wagten es, etwas zu sagen. Die Kameras aber liefen und verbreiteten die Botschaft im ganzen Land: Mimi Todd war eine ganz besondere Frau.
    Und jetzt war sie auch noch schwanger. Ohne Leichen im Keller, mit anständigem familiärem Hintergrund. War doch ganz klar, dass die Medien durchdrehten.
    Am nächsten Morgen rief Doggies Vater an und entschuldigte sich zerknirscht für das letzte Telefonat. Er sei bereit, alles zu tun, um das wieder auszubügeln.
    Doggie bezweifelte die Lauterkeit seiner Absichten. Bruce Jansen hatte in Pennsylvania gerade haushoch gegen seinen Rivalen in der eigenen Partei gewonnen. Jetzt waren sie auf dem Weg nach Virginia, wo Doggie den größten Teil ihres Lebens verbracht und ihr Vater seine Kette eleganter Hotelsgegründet und etabliert hatte. Rechnete er sich möglicherweise irgendeinen Vorteil aus?
    Nach einigem Zögern nahm Doggie seine Entschuldigung an. Sie verabredete sich mit ihm für den nächsten Tag im Splendor Resort & Conference Center, dem größten
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