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Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise
Autoren: Horst Biernath
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sagen, daß er einmal zu Ihnen hinaufschauen solle. Die Hitze heute ist ja fast unerträglich...«
    »Ach, wissen Sie, Frau Lobedanz, in meinem Alter kann es einem nicht warm genug sein...«
    »Jetzt fischen Sie aber nach Komplimenten, Herr Schnürchen«, sagte Fräulein Sonntag und reichte ihm den Parmesan hinüber, den er so gern mochte. Er streute ihn dick über die Gemüsesuppe.
    »Denken Sie«, sagte er zu der kleinen Tafelrunde, »Herr von Berg will uns verlassen. Ich komme gerade von ihm...«
    »Ich habe ihn nur flüchtig gesehen«, sagte Frau Pütterich, »aber ich muß schon sagen, ein Gesicht, daß man davon träumen könnte.«
    »Ja, er sieht bös aus, und es besteht wohl auch keine Aussicht, daß sich das in absehbarer Zeit ändert...«
    »Ich habe mal geboxt«, sagte Herr Blumm, »es ist lange her, da kam man denn auch mit solchen Augen heim«, und er deutete mit der Faust an, wie er ausgesehen hatte; »solange es blau ist, geht es ja noch, aber wenn dann die Farben erst in die Grüntöne übergehen, da wird man erst richtig hübsch!«
    »Der arme Mensch wird an diesen Urlaub zurückdenken!« seufzte Frau Pütterich. »Da fällt mir ein, daß sich mein Pütterich auf unserem ersten Urlaub in Berchtesgaden das Bein brach. Mein Gott, war der Mensch sauer! Pütterich, sagte ich, wie kann ein so kleines Männchen wie du so giftig sein! Und wissen Sie, was er mir antwortete?«
    »Immer in seiner witzigen Art, wie?« fragte Otto Lobedanz, »oder war ihm der Humor in Berchtesgaden vergangen?«
    »Ha!« rief Frau Pütterich, »er sagte nichts, aber abends legte er mir eine halbtote Wespe ins Bett. Und wo die mich hinstach... Na ja, Schwamm drüber. Ich schrie natürlich. Und da sagte er: Siehst du, Dorchen, die ist noch kleiner als ich und noch giftiger. — So war der Mann!«
    »Ach, Frau Pütterich«, sagte Herr Schnürchen und wischte sich die Tränen aus den Augen, »ich werde Sie sehr vermissen, wenn dieser Urlaub einmal nur noch eine Erinnerung ist.«
    »Ich lebe ja nicht außerhalb der Welt, Herr Schnürchen. Wenn Sie mal Lust auf eine gute Tasse Kaffee haben — Kaffee sage ich und meine damit nicht das, was die hier unten unter Kaffee verstehen, entweder ist es eine Brühe oder eine Tinte —, dann kommen Sie nur zu mir. Die Adresse kriegen Sie noch von mir.«
    »Ehe ich’s vergesse, Herr Lobedanz«, sagte Herr Schnürchen und zog die Uhr aus der Tasche, »Herr von Berg hat mich gebeten, Ihnen Ihre Uhr mit bestem Dank zurückzugeben. Es wäre ihm sehr peinlich gewesen, wenn er sie aus Versehen mitgenommen hätte...«
    »Danke, Herr Schnürchen, es wäre kein großer Verlust gewesen, aber immerhin ...«
    »Und er läßt Sie alle sehr grüßen und um Verständnis bitten, wenn er auf einen persönlichen Abschied verzichtet.«
    »Ein netter Mensch«, murmelte Frau Lobedanz, »vielleicht ein bißchen leichtsinnig... Nun ja, Jugend hat keine Tugend, und ich meine, er wird sich die Hörner allmählich abstoßen.«
    »Davon bin ich überzeugt, Frau Lobedanz«, sagte Herr Schnürchen und nickte ihr zu. »Ich muß ehrlich gestehen, daß ich den jungen Herrn im Anfang nicht recht mochte, und daß er mir durch sein jüngstes Abenteuer nicht gerade sympathischer geworden ist. Aber man soll Menschen eben doch nicht nur nach ihrem äußeren Eindruck beurteilen und ihre kleinen Schwächen nicht fürs Ganze nehmen. Ich habe mich mit ihm vorher zum ersten Male wirklich unterhalten und muß gestehen, daß ich einen ganz anderen Eindruck gewonnen habe. Ich glaube, dieser junge Mann hat seine Dummheiten hinter sich.«
    »Meinen Sie?« fragte Frau Pütterich zweifelnd. »Mein Pütterich sagte immer: Tugend ist ja ganz was Schönes, aber Untugend ist unterhaltsamer.«

X

    Gewiß, man kann auch in Deutschland wundervolle Urlaubstage verleben, an der See, im Schwarzwald, im Chiemgau oder im Allgäu, in den Wäldern und auf den Bergen, Voraussetzung dafür ist nur, daß es nicht ununterbrochen gießt. Aber, lieber Gott, was ist bloß mit den Sommern los? Der vorjährige, über den sich die feinsten Leute in den unfeinsten Ausdrücken ausließen, und dieser gar, über den man am besten überhaupt nicht redete...Herr
    Spiller kam mit Rheuma aus dem Bayerischen Wald zurück, wo seine Frau fast an Pilzvergiftung gestorben wäre, und Herr Klampmann hatte auf seine zwei Zentner noch zwanzig Pfund ‘raufgepackt, weil er in Ischl aus dem Wirtshaus überhaupt nicht herausgekommen war. Und er, Otto Lobedanz, konnte von einem Meer
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