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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Dunkel, als die Sonne unter den Horizont sank.
    »Ja.«
    »Was hat er zu Ihnen gesagt?«
    »Das habe ich Ihnen doch schon genau erzählt.« Ihre Unsicherheit machte sie ungeduldig. »›Bleib getreu!‹ hat er gesagt.«
    »Das hat er zu Ihnen gesagt?«
    »Ja.«
    Covenants Blick löste sich von ihrem Gesicht. »Hölle und Verdammnis!« Er sackte in seiner Haltung ein, als sei ihm eine unmenschliche Last aufgebürdet worden. »Haben Sie mit mir Erbarmen. Ich kann's nicht ertragen.« Er wandte sich ab, schlurfte zur Haustür, öffnete sie. Dort blieb er stehen. »Weshalb Sie? «
    Dann hatte er wieder das Haus betreten, die Tür schwang zu, und Linden stand allein in der Dunkelheit des Abends, als sei sie erst jetzt plötzlich verwaist.
    Sie regte sich nicht, bis der Drang, überhaupt irgend etwas zu tun, irgendwie zu handeln, um ihre Vertrautheit mit der Welt wiederherzustellen, sie bewog, zum Wagen zu gehen. Sobald sie wie gelähmt hinterm Lenkrad saß, versuchte sie nachzudenken.
    Weshalb Sie?
    Was für eine Art von Fragestellung sollte das sein? Sie war Ärztin, und der Alte hatte ärztlichen Beistand benötigt. Das war doch wirklich ganz einfach. Was hatte Covenant gemeint?
    Aber Bleib getreu war nicht alles, was der Greis gesagt hatte. Du wirst nicht scheitern , hatte er außerdem geäußert, wie arg er dich auch bedrängen mag.
    Er? War das auf Covenant gemünzt gewesen? Hatte der Alte sie vor irgend etwas zu warnen beabsichtigt? Oder bestand irgendein anderer Zusammenhang zwischen ihm und dem Schriftsteller? Was hatten die beiden miteinander zu schaffen? Oder mit ihr?
    Niemand konnte einen Herzstillstand vortäuschen!
    Hart zügelte sie ihre verworrenen Gedankengänge. Die gesamte Situation ergab keinerlei Sinn. Mit Sicherheit ließ sich lediglich festhalten, daß Covenant den Alten anhand ihrer Beschreibung gleich gekannt hatte. Und daß man in bezug auf Covenants geistiges Gleichgewicht eindeutig gewisse Bedenken haben mußte.
    Das Lenkrad entschlossen gepackt, warf sie den Wagen an, setzte zurück, um zu wenden. Nunmehr hegte sie die Überzeugung, daß Covenant sich mit einem sehr ernsten Problem herumzuplagen hatte; diese Überzeugung jedoch machte sie nur um so verärgerter über Dr. Berenfords Weigerung, ihr über die Natur des Problems Aufschluß zu geben. Im fortgeschrittenen Zwielicht der Abenddämmerung ließ sich der Feldweg kaum noch erkennen; als sie den Sedan in einen anderen Gang schaltete, um das Wendemanöver zu vollenden, knipste sie die Scheinwerfer an.
    Ein Schrei wie ein Mundvoll zerbrochenes Glas brachte sie ruckartig zum Verharren, er durchdrang das Brummen ihres Autos. Scherben von Lauten schnitten in ihr Gehör. Eine Frau schrie aus Schmerz oder im Wahnsinn.
    Der Schrei war aus Covenants Haus gekommen.
    Einen Augenblick später stand Linden neben dem Wagen und wartete ab, ob sich der Schrei wiederholen werde.
    Sie hörte nichts. Aus einigen Fenstern des Hauses drang Lichtschein; aber keine Schatten bewegten sich hin und her. Keine Geräusche von Brutalitäten durchdrangen verräterisch die abendliche Stille. Linden verweilte in der Bereitschaft, zum Haus zurückzulaufen. Ihre Ohren lauschten hinaus in die Weite. Doch die Dunkelheit hielt den Atem an. Kein zweiter Schrei ertönte.
    Eine Zeitlang hielt Unentschiedenheit Linden an Ort und Stelle fest. Sollte sie Covenant zur Konfrontation zwingen, von ihm Rede und Antwort verlangen? Oder einfach abfahren? Sie hatte seine Feindseligkeit kennengelernt. Welches Recht konnte sie besitzen ...? Jedes Recht, falls er eine Frau mißhandelte. Aber wie mochte es möglich sein, Gewißheit zu erlangen? Dr. Berenford hatte von einem medizinischen Problem gesprochen.
    Dr. Berenford ...
    Verwünschungen zischelnd sprang sie wieder ins Auto, trat vehement aufs Gaspedal und brauste in einer Staubwolke davon, begleitet durch das Geklapper von Kieselsteinchen.
    Zwei Minuten später war sie zurück im Ort. Dort mußte sie jedoch langsamer fahren, um nach den Straßenschildern ausschauen zu können.
    Als sie vor dem Haus des Chefarztes eintraf, konnte sie gegen den dunklen Abendhimmel nur den Umriß des Gebäudes sehen. Die vordere Fassade wirkte abweisend finster, als sei auch dies eine Stätte, an der es Geheimnisse zu hüten gab. Aber sie zögerte nicht. Sie stieg die Stufen hinauf und hämmerte an die Eingangstür. Die Tür führte auf eine vergitterte Veranda, die den Eindruck einer neutralen Zone zwischen dem Wohnhaus und der Außenwelt erweckte. Nachdem
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