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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane
Autoren: Cecilia Grant
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in beinah greifbarer Nähe vor sich hatte, sahen die Dinge anders aus.
    Es hatte keinen Sinn, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. »Du hast noch deine paar Hundert, hoffe ich?« Dann mussten sie die Einsätze eben so gut es ging vermehren, heute Abend und an jedem Abend, der ihnen noch blieb. Er konnte nicht garantieren, dass sie versorgt sein würde. Diesen Anspruch würde er aufgeben müssen. Alles, was er tun konnte, war, gut zu zielen, wenn es so weit war, und insgeheim um Glück zu beten.
    Als am Montag die Nachricht von Cathcart mit Ort und Zeit des Duells eintraf, hatten sie sechshundertacht Pfund, zwei Schilling und einen Viertelpenny. Sie hatten die letzten drei Abende recht erfolgreich gespielt, doch Mr Blackshear hatte darauf bestanden, vorsichtig zu setzen, und … sie hatte es einfach nicht übers Herz gebracht, ihm zu widersprechen. Sechshundert Pfund und ein paar Münzen also. Nicht genug, um die Zukunft einer Frau abzusichern.
    »Ich habe dir die Adresse meiner Schwester aufgeschrieben«, sagte er, als sie abends im Bett lagen. »Der Zettel liegt in der obersten Schublade. Ich denke nicht, dass sie dir ihre Hilfe verwehren würde.« Keusch lagen sie nebeneinander. Der Ernst hatte sich im Bett breitgemacht und der Leidenschaft keinen Platz gelassen. »Oder du wendest dich an Mrs Talbot. Je nachdem, wie weit ihre Dankbarkeit reicht. Wenn sie jetzt ein eigenes Haus hat …«
    »Ja. Danke.« Sie klang wie eine Leiche, wenn Leichen hätten sprechen können. Doch als Leiche hätte sie wenigstens Ruhe gefunden. Stattdessen fühlte sie sich, wie sie sich immer in ihren Albträumen fühlte: Sie schrie mit aller Kraft und brachte doch keinen Laut hervor.
    Wie sie sich immer gefühlt
hatte
. Sechs Nächte hatte sie in diesem Bett geschlafen, und kein einziger Albtraum hatte sie heimgesucht.
    Das Leben muss nicht völlig sinnlos sein ohne ihn. Oder völlig freudlos. Denk daran, wie es sich angefühlt hat, Mrs Talbot zu retten. Denk daran, wie es sich angefühlt hat, Jane sicher unterzubringen.
    Nein. Diesen tröstlichen Gedanken würde sie sich erst morgen zuwenden, wenn sie musste. Heute Nacht durfte sie sich ganz der grauenvollen Vorstellung hingeben, wie es wäre, wenn er ihr durch die hilflosen Finger entrinnen würde.
    »Ich habe schon vor, das Duell zu überleben, Lydia.« Er hatte den Kopf zu ihr gedreht. Aus den Augenwinkeln sah sie seine ernsthaften, dunklen Augen im Mondschein leuchten. »Dich auf alle Eventualitäten vorzubereiten, ist nur vernünftig.« Seine Hand wanderte über mehrere Zentimeter Matratze, bis sie die ihre fand. »Cathcart wird dir in jedem Fall sofort eine Nachricht zukommen lassen. Du wirst nicht im Ungewissen gelassen.«
    »Das wird nicht nötig sein.« Sie hatte gar nicht gewusst, dass sie das beabsichtigte. »Ich komme mit zum Primrose Hill.«
    »Lydia.« Ihr Name klang wie ein Seufzer. Er war zu erschöpft, zu sehr mit seinen Gedanken anderswo, um schlagkräftige Argumente vorzubringen. Stattdessen setzte er darauf, dass sie die Absurdität ihres Vorhabens selbst einsah.
    »Gib dir keine Mühe. Das muss dir klar gewesen sein, als du den Zettel hast herumliegen lassen. Wenn du mich nicht mitkommen lässt, nehme ich mir eine Droschke.«
    »Es ist ein Duell. Kein Ort für …«
    »Kein Ort für die Frau, um derentwegen es ausgetragen wird? Kein Ort für mein zartes, weibliches Gemüt? Versuch’s gar nicht erst. Denk an die Straßenräuber!« Sie würde diesen Disput gewinnen, weil ihr nichts anderes mehr blieb. Je früher er das einsah, desto besser.
    »Ich will nicht mit dir streiten. Nicht heute Nacht.« Sie hörte, wie er den Kopf drehte und wieder zur Decke sah. Seine Hand umschloss ihre noch immer fest.
    Jeder Beweis seiner Zuneigung – jede Erinnerung an alles, was sie vielleicht verlieren würde, bevor sie es richtig hatte genießen können – traf ihr Herz wie ein Peitschenhieb.
    »Ich komme mit«, wiederholte sie, anstelle eines halben Dutzends anderer Dinge, die sie nicht über die Lippen brachte.
    Die Sterne hatten gerade begonnen, in der schwindenden Dunkelheit zu verblassen, als Cathcarts Kutsche vorfuhr. Will half Lydia hinein und setzte sich neben den Arzt, der eigens für den Anlass beschafft worden war, ein sauertöpfischer Kerl, der ob dieser unerwarteten zusätzlichen Person verstimmt über seine Brille hinwegschielte.
    Cathcart öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Er warf Will einen sehr kritischen Blick zu.
    »Ihre Sache.« Er wandte sich ab und
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