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Das verdrehte Leben der Amélie

Das verdrehte Leben der Amélie

Titel: Das verdrehte Leben der Amélie
Autoren: India Desjardins
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so geht – dazu gehöre auch ich – glauben nicht, dass all das ›Zufall‹ ist,« (sie macht sogar Gänsefüßchen mit den Fingern) »wie es die Evolutionstheorie Darwins besagt. Sogar der Technik fällt es schwer, die Natur nachzubilden. Du wirst sehen, wenn du im Unterricht aufpasst, wirst du großartige Sachen entdecken!«
    9:46
    Schwester Rose hat geredet und geredet und geredet! Mindestens drei Millionen Jahre lang! So lange, dass ich zu spät zu Mathe gekommen bin. Als ich den Klassenraum betrat, hat Madame Gagnon mich böse angesehen und ich habe »Mädchenprobleme« als Entschuldigung vorgeschoben, was natürlich immer funktioniert. Ich habe gesehen, dass Kat mich durchschaut hat, weil sie in sich hineingrinste.

Mittwoch, 28. September

    Ich schreibe einen Brief an Kat:
    Liebe Kat,
    (ich präzisiere »Kat« für den Fall, dass jemand anders diesen Brief findet und meint, er sei für ihn bestimmt. Selbstverständlich gehe ich von der Aufrichtigkeit der Person aus, die diesen Brief finden könnte. Ich stelle mir vor, dass sie bei dem Wort »Kat« sofort aufhört zu lesen. Denn wenn besagte Person bei deinem Namen nicht aufhören würde zu lesen, obwohl dieser Brief nicht an sie adressiert ist, wäre das megafies! Aber während ich all das schreibe, frage ich mich, ob das nicht erst recht die Neugier eines eventuellen megagfiesen Lesers weckt ... hmm ...)
    Liebe Kat, ich wollte dir einen Brief schreiben, aber ich glaube, es ist sicherer, wenn wir persönlich miteinander reden.
    Amélie
    xxx

Donnerstag, 29. September

    D iese Woche habe ich auf dem Klo gegessen, manchmal auch draußen an einem abgelegenen Platz, und so getan, als würde ich lernen. Ich habe auch versucht, in der Bibliothek zu essen, aber man hat mich natürlich darauf hingewiesen, dass das verboten ist. Also esse ich heute wieder auf dem Klo. Das ist der sicherste Ort, um nicht entdeckt zu werden, wenn man allein ist.
    Neben meiner Kabine höre ich das Klacken einer Coladose, dann ein »Zisschhh« und dann: »Oh! Scheiße!«
    Es ist Kats Stimme!
    Ich: »Kat?«
    Kat: »Was?«
    Ich: »Du isst auf dem Klo?«
    Kat: »Ja, und? Mach dich ruhig lustig!«
    Ich: »Ich esse auch auf dem Klo!«
    Kat: »Echt?«
    Ich: »Na ja ... ja.«
    Jemand kommt in den Waschraum. Es sind Nadine und Marilou. Sie reden darüber, dass für heute Nachmittag um 15:12 Uhr der Weltuntergang angekündigt ist. Anscheinend laut einer Vorhersage von Nostradamus, die sie im Internet gefunden haben. Pfff! Die sind echt bescheuert, so einen Blödsinn zu glauben!
    13:09
    Nadine und Marilou verschwinden schließlich nach einer endlosen Schmink-und-Frisier-Session. Nadine schien wahnsinnige Probleme zu haben, ihren Pferdeschwanz zu binden. Nach dem, was man hören konnte, wollten sich mehrere Haare nicht in das Gummiband zwängen lassen. Nadine hat sehr dicke und schöne blonde Haare. Und sie hat viel Busen . Im Vergleich zu Kat und mir wirkt sie wirklich viel älter. Sie entspricht dem typischen Schönheitsideal. Marilou ist das komplette Gegenteil. Sie ist klein, rundlich und hat kurze schwarze Haare. Seit der siebten Klasse war keine von beiden auch nur einen Augenblick Single. Sie haben mindestens einen neuen Typen pro Monat. (O.k., ich übertreibe!)
    Kaum sind Nadine und Marilou verschwunden, kommen Kat und ich aus unseren Kabinen und ich stelle fest, dass Kats Bluse ganz nass ist. Unglücklich sagt sie:
    »Ich habe mir meine ganze Dose Sprite drüber gesplasht .«
    Ich: »Ich habe eine Bluse zum Wechseln in meinem Fach.«
    Kat: »Glaubst du, das mit dem Weltuntergang stimmt?«
    Ich: »Ach Quatsch! Nadine und Marilou labern immer so einen Blödsinn!«
    Kat: »Wir sollten Monsieur Beaulieu warnen, dass es heute Nachmittag ein Riesenchaos gibt.« (Sie geht zum Papierspender am Waschbecken, um ihre Bluse zu trocknen.)
    Ich: »Nein, bloß nicht zu dem!«
    Kat: »Warum?«
    Ich: »Ich glaube, er steht auf meine Mutter!«
    Kat: »Hast du sie noch alle?« (Sie rubbelt mit dem Papier zum Händetrocknen auf ihrer Bluse herum, was kleine graue Kügelchen auf dem Stoff hinterlässt.)
    Ich: »Es kommt nicht infrage, dass meine Mutter ausgerechnet was mit unserem Direktor anfängt. Immerhin besteht die Menschheit zu 50 Prozent aus Männern!«
    Kat: »Angeblich gibt es auf der Welt mehr Frauen als Männer.«
    Ich: »Selbst wenn es nur 49 Prozent sind, hat sie immer noch genug Auswahl.«
    Kat: »Angeblich ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass Frauen über vierzig vom Blitz getroffen
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