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Das Vampir-Pendel

Das Vampir-Pendel

Titel: Das Vampir-Pendel
Autoren: Jason Dark
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hatte?
    Milena schüttelte sich. Sie wußte, daß sie ein Pendel in der Hand hielt, und sie wollte herausfinden, was mit ihm los war.
    Ein Pendel schwang hin und her, es blieb nicht auf der Hand liegen.
    Wenn doch, dann hatte es seinen Zweck nicht erfüllt.
    Also ließ sie es nach unten sinken und hielt die Kette mit zwei Fingern fest.
    Das Pendel begann zu schwingen.
    Milena schaute zu, wie es mal nach rechts, dann wieder nach links wehte, und sie hatte es so gedreht, daß sie auf die Vorderseite schauen konnte.
    Das Gesicht.
    Die Fratze!
    Sie fand sie häßlich, einfach widerlich. Das war kein schönes Frauengesicht, es sah aus wie das einer bösen Hexe, die sich mit dem Teufel eingelassen hatte.
    Hin und her.
    Vor und zurück!
    Das Pendel schwang, und die Gesichtszüge, ansonsten starr, schienen zu leben. Zugleich aber verwischten sie wegen der Schnelle der Bewegungen.
    Bis sich urplötzlich etwas änderte!
    Für einen winzigen Moment glaubte Milena daran, von diesem Ort fortgetragen zu werden. Sie fühlte sich so leicht, wie angehoben und einfach durch den Wald schwebend, wobei es keinen Baum und keinen Strauch mehr als Hindernis gab.
    Ihr Körper löste sich auf, er schwebte zwischen den Dimensionen, als wäre er dabei, einen anderen zu suchen, um in ihn hineinkriechen zu können. Sie kam mit sich selbst nicht mehr zurecht und fühlte sich dabei überfordert.
    Aber sie hielt das Pendel fest.
    Es schwang nach wie vor hin und her, wobei es an Milenas Fingern hängen zu schien wie an einer Klette. Eine Stimme in ihrem Hirn.
    So weit entfernt und gleichzeitig so nah. Worte, die sie nur als rauhes Flüstern hörte. Sie mußte sie als eine Erklärung auffassen, denn jemand sprach auf einem geheimnisvollen Weg zu ihr. Sie hörte die Worte in ihrem Kopf, und jeder Teil dieser Botschaft war nur geflüstert.
    »Du hast es jetzt. Gib es nicht den anderen. Nicht der Frau, nicht dem Vampir mit dem D auf der Stirn. Behalte es für dich. Es kann wichtig sein. Oder gib es dem Pfähler zurück. Er braucht es dringend. Es ist meine Rache an den anderen Blutsaugern, die mich damals im Stich gelassen haben. Sie ließen die Schattenfrau nicht nur allein, sie ließen es auch zu, daß man mich dem Feuer übergab. Ich sollte vernichtet werden, ich wurde vernichtet, aber niemand wußte, wie stark ich tatsächlich gewesen bin. Man hat mich nicht ganz ausschalten können, und nun werde ich meine Kräfte gegen meine eigene Art anwenden. Ich werde diese späte Rache genießen. Du weißt nicht, was du wirklich in deiner Hand hältst, aber es ist wie eine Brandbombe. Es ist ein Erbe, es ist einfach wunderbar, und es kann für viele Menschen die Rettung bedeuten. Deshalb wirst du dich damit anfreunden müssen. Sieh es nicht als Feind an, sieh mich ebenfalls nicht als Feind an. Meine Rache wurde sehr lange und gut vorbereitet, und ich bin endlich am Ziel.«
    Milena war völlig verwirrt. Sie hörte die Worte, aber sie sah die Person, die sie gesprochen hatte, nicht. Auch wenn sie den Kopf drehte, was ihr sogar schwerfiel, war sie allein. Niemand stand in der Nähe, der ihr etwas zugeflüstert hätte.
    Und doch hatte sie sich die Stimme nicht eingebildet. Sie kehrte nicht zurück, und Milena merkte, wie es ihr allmählich besserging und sie zu einem Menschen wurde, der mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen stand.
    In diesem Fall war es die weiche Walderde.
    Das Pendel bewegte sich noch immer, und die junge Frau senkte den Kopf, um einen Blick auf das Relief werfen zu können.
    Sie hätte sich nicht gewundert, wenn sich das Gesicht bewegt hätte, doch das passierte nicht. Es blieb starr. Da zuckte kein Mund, da zuckten auch keine Zähne, und auch in den Augen blieb alles so harmlos und normal. Die Botschaft war vorbei.
    Milena hörte sich selbst stöhnen. Auf ihrem Gesicht lag der Schweiß, und er tropfte leicht brennend in ihre Augen. Zwar stand sie mit beiden Beinen im Leben, aber in den letzten Sekunden war sie aus ihm herausgerissen worden.
    Mit der linken Hand stoppte sie die Schwingbewegungen des Pendels und ließ den Stein wieder zurück auf ihre Handfläche gleiten, mit dem Relief nach oben.
    Nein, das Gesicht hatte sich nicht verändert. Es war gleichgeblieben, das sah sie überdeutlich. Und es drang ihr auch keine Botschaft mehr entgegen.
    Milena hatte sie dennoch verstanden. Sie wußte jetzt, was sie tun mußte, und sie war sich auch ihrer Verantwortung voll bewußt. Zugleich überkam sie ein Gefühl des Schams, weil sie daran
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