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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)
Autoren: Gavin Extence
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meine, was war, nachdem sie den Abstrich genommen, die Flüssigkeit weggemacht und den Dreck abgesaugt hatten?«
    »Danach war alles ganz einfach«, sagte Dr. Patel. »Sie haben die Wunde mit Salzlösung gereinigt, deinen Schädel über der Bruchstelle mit einer Spezialplatte verschlossen, ein kleines Stück Haut aus deinem Oberschenkel entnommen, um die Platte zu bedecken, und dich dann zugenäht. Jetzt bist du so gut wie neu.«
    »Wow!« Das erklärte den Verband an meinem Bein. »Soll das heißen, dass ich unter diesen ganzen Verbänden eine Art Frankenstein bin? Mit diesen vielen Stichen, die meinen Kopf zusammenhalten, und einer großen Metallplatte, die auf meinen Schädel genietet ist?«
    »Ja, ganz richtig«, sagte Dr. Patel. Dann, nach einer kurzen Pause, fuhr er fort: »Nur, dass die Platte nicht aus Metall ist. Sie besteht aus einem besonderen Material, das sich über die nächsten Monate nach und nach auflöst, während dein Schädel darunter heilt. Schließlich wird die ganze Platte verschwunden sein, die Fäden aus den Stichen lösen sich ebenfalls auf, und dann bist du wieder ein ganz normaler Junge.«
    »Aber ich werde doch wenigstens eine Narbe haben, oder?«
    »Möglicherweise.«
    Ich runzelte die Stirn und klopfte mir gegen den Kopf.
    »Lex!«, warnte meine Mutter, ohne von ihrem Buch aufzublicken.
    Ich hörte mit dem Klopfen auf. »Dr. Patel, wohin geht das ganze Zeug, wenn es sich auflöst?«, fragte ich. »Ich meine die Fäden und diese Platte?«
    »Nun«, sagte er, »alles, was der Körper gebrauchen kann, wird recycelt und in andere nützliche Dinge umgewandelt, wie Muskeln und Körperfett. Und der Rest wird einfach ausgeschieden.«
    Ich dachte kurz darüber nach. »Sie meinen, es kommt mit meinem Stuhlgang wieder raus?«
    »Lex!«, kläffte meine Mutter.
    »So nennt man das hier im Krankenhaus«, erklärte ich ihr. »Das ist der korrekte medizinische Begriff.«
    »Tatsächlich wird das meiste davon mit dem Urin ausgeschieden«, sagte Dr. Patel.
    »Okay, ich glaube, das sind genug Informationen für einen Tag«, entschied meine Mutter.
    Danach weigerte sich Dr. Patel, mir irgendwelche interessanten Details zu erklären, es sei denn, meine Mutter war nicht im Zimmer. Und das kam leider nur äußerst selten vor.
    Obwohl mein Kopf zusammengeflickt war und unter dieser speziellen, selbstauflösenden Knochenplatte heilte, musste ich noch eine Woche zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben. Die Ärzte wollten sichergehen, dass ich ausreichend Ruhe bekam und genügend Proteine zu mir nahm. Unzählige Ärzte kamen zu mir und etwa doppelt so viele Krankenschwestern. Ich musste zum Röntgen, damit der Verlauf der Heilung überprüft werden konnte, und dann musste ich Fragen beantworten und komische kleine Aufgaben lösen, die man sich ausgedacht hatte, um festzustellen, ob mein Gehirn richtig funktionierte.
    Anscheinend tat es das.
    Meine fünf Sinne waren in Ordnung. Ich konnte immer noch lesen und schreiben und meinen Stundenplan auswendig aufsagen. Meine Fähigkeit, merkwürdig geformte Holzklötze zu sortieren, war nicht beeinträchtigt, und nach ein paar Tagen reichhaltigen Essens und langsam gesteigerter Bewegung hatten sich meine Körperfunktionen und meine Koordination weitgehend normalisiert. Einzig mein Erinnerungsvermögen zeigte Anzeichen von Beeinträchtigung, doch dies schien kaum ein Problem zu sein. Ich konnte mich ja immer noch an Wörter und Zahlen erinnern, und ich brachte gute Leistungen bei Suchbildern, wo man den Unterschied erkennen oder etwas Fehlendes finden musste. Ich konnte mich daran erinnern, was ich gefrühstückt hatte und was am Vortag passiert war, ich konnte mich an meinen ersten Schultag erinnern und an den Ausflug ans Meer, als ich mich auf eine Wespe gesetzt hatte. Ich konnte fast jedes Tier benennen, das ich in Bristol im Zoo gesehen hatte: den Klammeraffen, den ringelschwänzigen Lemuren, den Goldmanteltamarin und so weiter. Und auf Grundlage dieser Tatsachen schloss man, dass es kein generelles Problem mit meinem episodischen oder semantischen Gedächtnis gab. Mir fehlte bloß ein Monat; vier Wochen meiner persönlichen Lebensgeschichte waren in ein tiefes schwarzes Loch gefallen. Trotz Dr. Patels gegenteiliger Beteuerung fragte ich mich immer wieder, ob dieser Monat nicht irgendwie im Beutel dieses winzig kleinen, sehr präzisen Gehirnstaubsaugers gelandet war.
    Meine Mutter hatte mich an jenem Tag gefunden. Sie war in der Küche und hatte beide Explosionen
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