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Das Tor Zur Hölle

Das Tor Zur Hölle

Titel: Das Tor Zur Hölle
Autoren: Clive Barker
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Lächeln. »Du bist eine so perfekte Hausfrau«, sagte er, »du kannst dich doch nicht einmal daran erinnern, wenn du etwas saubergemacht hast.«
    Damit war das Thema abgeschlossen. Er war offensichtlich zufrieden damit zu glauben, daß sie langsam den Verstand verlor.
    Sie hingegen hatte das seltsame Gefühl, daß sie gerade im Begriff war, ihren Verstand wiederzufinden.
VIER
    Kirsty haßte Partys. Das Lächeln, das sie mühsam über ihre innere Panik kleben mußte; die Blicke, die es zu interpretieren galt; und, das Schlimmste von allem, die Unterhaltungen. Sie hatte nichts zu sagen, was von irgendeinem Interesse für die Welt war, davon hatte man sie schon vor langer Zeit überzeugt. Sie hatte zuviele Augen sich abwenden sehen, um das Gegenteil zu glauben, hatte jeden der Menschheit bekannten Trick, um sich aus der Gesellschaft von Langweilern zu schleichen, kennengelernt, von: »Würden Sie mich bitte entschuldigen, ich glaube, ich sehe da drüben meinen Steuerberater«, bis zum betrunkenen Einschlafen eines Begleiters zu ihren Füßen.
    Doch Rory hatte darauf bestanden, daß sie zur Einweihungsparty kam. Nur ein paar enge Freunde, hatte er versprochen. Sie hatte ja gesagt, da sie nur zu gut wußte, welches Szenario aus ihrer Ablehnung resultieren würde.
    Trübselig und von Selbstvorwürfen zerfressen würde sie zuhause sitzen, ihre eigene Feigheit verfluchen und an Rorys geliebtes Gesicht denken.
    Die Feier war, wie sich herausstellte, gar keine solche Qual. Es waren nur neun Gäste insgesamt, die sie alle zumindest vom Ansehen her kannte, was es einfacher machte. Man erwartete nicht von ihr, daß sie die Feier mit Leben füllte, nur daß sie an den richtigen Stellen nickte und lachte. Und Rory — seine Hand noch immer verbunden — war in Höchstform, voller gutmütiger bonhomie.
    Sie fragte sich sogar, ob Neville — einer von Rorys Arbeitskollegen — ihr nicht hinter seinen Brillengläsern schöne Augen machte, ein Verdacht, der Mitte des Abends bestätigt wurde, als er sich an ihre Seite manövrierte und sich erkundigte, ob sie sich für Katzenzucht ieressierte. Sie erklärte ihm, daß sie sich bisher noch nicht damit beschäftigt habe, doch daß sie immer für neue Erfahrungen offen sei. Er schien höchst erfreut und nutzte diesen dürftigen Vorwand, um sie den Rest des Abends mit Alkohol zu versorgen. Um halb zwölf war sie ein leicht schwankendes, doch glückliches Wrack, das von den beiläufigsten Bemerkungen zu immer schmerzhafteren Kicheranfällen gereizt wurde.
    Kurz nach Mitternacht verkündete Julia, daß sie müde wäre und ins Bett gehen wolle. Diese Mitteilung wurde als allgemeines Zeichen zum Aufbruch genommen, doch Rory wollte nichts davon hören. Noch bevor jemand die Chance hatte, zu protestieren, stand er auf und schenkte eine neue Runde ein. Kirsty hätte schwören können, daß sie Zorn über Julias Gesicht huschen sah, doch dann verschwand er wieder, und ihre Stirn schien wie immer makellos. Sie verabschiedete sich mit einem Gute Nacht, heimste überschwengliche Komplimente für ihre Kochkünste ein und ging zu Bett.
    Die makellos Schönen waren makellos glücklich, nicht wahr? Für Kirsty hatte es daran nie einen Zweifel gegeben. Heute jedoch ließ der Alkohol in ihr die Frage aufkommen, ob ihr Neid sie nicht blind gemacht hatte. Vielleicht war Makellosigkeit nur eine andere Art von Traurigkeit?
    Doch ihr Kopf drehte sich und sie sah sich außerstande, derartige Überlegungen anzustellen. Einen Augenblick später war Rory mittendrin, einen Witz über einen Gorilla und einen Jesuiten zu erzählen, der sie prustend beinahe an Drink ersticken ließ, noch bevor er bei den Votivkerzen angekommen war.
    Oben hörte Julia einen neuerlichen Ausbruch von Gelächter. Sie war tatsächlich müde, wie sie es behauptet hatte, doch es war nicht das Kochen, von dem sie erschöpft war. Es war die Anstrengung, ihre Verachtung für die verdammten Spinner zu unterdrücken, die sich im Wohnzimmer unten versammelt hatten. Sie hatte sie einst Freunde genannt, diese Trottel mit ihren platten Witzen und noch platteren Wünschen. Stundenlang hatte sie gute Miene zum bösen Spiel gemacht; jetzt reichte es. Jetzt brauchte sie einen kühlen Ort; Dunkelheit.
    Sobald sie die Tür des feuchten Zimmers geöffnet hatte, wußte sie, daß die Dinge nicht ganz so wie gewöhnlich waren. Das Licht der nackten Glühbirne auf dem Treppenabsatz beleuchtete die Dielenbretter, auf die Rorys Blut getropft war und die nun so
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