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Das stille Qi Gong nach Meister Zhi-Chang Li: Innere Übungen zur Stärkung der Lebensenergie (German Edition)

Das stille Qi Gong nach Meister Zhi-Chang Li: Innere Übungen zur Stärkung der Lebensenergie (German Edition)

Titel: Das stille Qi Gong nach Meister Zhi-Chang Li: Innere Übungen zur Stärkung der Lebensenergie (German Edition)
Autoren: Ulli Olvedi
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Aktivität der beiden Gehirnhälften betroffen, die unsere Denkprozesse steuern. Die linke Gehirnhemisphäre ist bei abendländischen Menschen und allen, deren Bewusstsein im mentalen Modus fixiert ist, bei weitem aktiver als die rechte. Die linke Hälfte kontrolliert das lineare, rationale, abstrakte Denken; die rechte Hälfte kontrolliert das zyklische, intuitive, bildhafte Denken. Die ausgleichende Funktion des Qi wird nun dazu führen, dass die rechte Gehirnhälfte und dabei die bildhafte Denktätigkeit aktiviert wird. Erfahrung manifestiert sich also weniger als »Gedanke« (im uns vertrauten, abstrakten Sinn), sondern mehr als bildhafter, »imaginativer« Eindruck, als Farbe, Form und Ablauf von Bildern.
    Das muss im Umgang mit den durch die Qi-Gong-Praxis hervorgerufenen geistigen Phänomenen berücksichtigt werden. Die inneren Bilder, die beim Üben entstehen können, sind Kommentare und ein Versuch des Verstehens auf der bildhaften Ebene und haben immer einen emotionalen Charakter. Man kann sogar sagen, dass diese Imaginationen bildhafte Manifestationen von Gefühlen subtilerer Art sind, die unser Bewusstsein nicht anders auszudrücken weiß. Diese Bilder entstehen aus dem individuellen und kollektiven mythischen Bildmaterial, das wir in uns gespeichert haben.
    Manchmal entstehen Farben oder geometrische Figuren (die »Verganzheitlichung« der Erfahrung wird oft durch die spontane Produktion eines »Mandala« angezeigt, wie C. G. Jung deutlich machte). [18]   Wer zum Beispiel mit den Bildern des Christentums (bewusst oder unbewusst) identifiziert ist, mag Engel sehen, wer sich der chinesischen Symbolwelt zugeneigt fühlt, wird vielleicht Drachen, das traditionelle chinesische Symbol der Weisheit, imaginieren. Diese spontanen Produktionen weisen darauf hin, dass die bildhafte Denkfunktion aktiviert wurde. Das sollte kein Anlass zu großartigen Interpretationen sein. Es handelt sich lediglich um eine ausgleichende Wirkung des Qi.

Der Lehrmeister in der Tradition und heute
    Zuletzt möchte ich noch ein paar Anmerkungen zur Beziehung zwischen Meister und Schüler machen (in der patriarchalen chinesischen Tradition gab es nur sehr wenige Meisterinnen). Das berührt eine Problematik, die im modernen Westen mit dem Import von Lehrern asiatischer Disziplinen begann – das »Guru-Problem«. Guru ist ein Sanskrit-Wort und bedeutet spiritueller Lehrer oder Lehrmeister. Spirituelle Lehrmeister hat es in allen Kulturen gegeben – zum Beispiel im Hinduismus die Gurus, im Buddhismus die Zen-Meister und Lamas, im Islam die Sufi-Scheiks, in animistischen Kulturen die Schamanen und Schamaninnen, die weisen Frauen und Medizinmänner. In der klösterlichen Tradition des Christentums hatte der »Spiritual« diese Funktion. Es ist eine Besonderheit der materialistischen Zivilisation, keine spirituellen Lehrmeister mehr zu haben; und deshalb herrscht über die besondere Art der Beziehung zwischen Lehrmeister und Lernenden große Verwirrung.
    Wir befinden uns in einer sehr zwiespältigen Situation. Wir haben all die Kolportagen gespeichert über falsche Gurus, denen – in manchen Fällen nicht zu Unrecht – Menschenfängerei und Geschäftemacherei, physische und psychische Erpressung und alle denkbaren üblen Machenschaften vorgeworfen werden. Wir haben uns, zumindest scheinbar, von Autoritätshörigkeit und Untertanenmentalität befreit und sind ständig auf dem Sprung, unsere Freiheit zu verteidigen. Diese Einstellung ist ohne Zweifel durch einen wichtigen Entwicklungsschritt gewonnen worden, der uns einem geistigen Erwachsensein näherbringen soll. Ein jugendlicher Mensch muss sich ja auch in der Pubertät aus der Abhängigkeit von den Eltern, von seiner kindlichen Vergangenheit lösen, um sich zu einem eigenständigen Wesen entwickeln zu können.
    Doch wie Pubertierende in ihrem unbewussten Drang nach Individualität oft dem Extrem blinder Freiheitsprojektion verfallen, so kann auch eine ganze Gesellschaft blinde Kritiksucht mit intelligenter Aufmerksamkeit und die Unfähigkeit, Respekt und Hingabe zu empfinden, mit geistiger Souveränität verwechseln. Und da jedes Extrem sein Gegenstück mit sich bringt, wird diese einseitig abwehrende Haltung durch die Gefahr der Verführbarkeit ergänzt. Es könnte schließlich die schlimmen Geschichten über die »falschen Gurus« nicht geben, wären da nicht jene Anhänger, die ihrer Sehnsucht nach geistiger Führung folgen, aber nie mit ihr umzugehen gelernt haben. Sie fallen
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