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Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)

Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)

Titel: Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)
Autoren: Unbekannt
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Untergang eines ganzen Planeten reagiert, und darüber, wie auch wissenschaftliche Forschung, in der Welt des Mittags der Inbegriff schöpferischen Menschseins, zum Selbstzweck, zum Götzen entarten kann. So hat mehr noch als die erzählerische Meisterschaft der Strugatzkis, die die ganzen Sechzigerjahre hindurch immer weiter zunahm, die Fähigkeit ihren Ruhm begründet, unter den fantastischen Konstellationen jene aufzuspüren, die es erlaubten, etwas Wesentliches über die wirkliche Welt zu sagen – aus einem ungewöhnlichen Blickwinkel, der das Problem (oder einen Aspekt davon) besonders deutlich ins Bild setzt. Dazu die Ehrlichkeit und der Mut, es so zu sagen, dass es die Leser anging; die Leser, die sie damit zu ihren Lesern machten.
    3.
    Das Jahr 1964, in dem »Es ist schwer, ein Gott zu sein« erschien, war in mancherlei Hinsicht ein Wendepunkt im Leben und im Schaffen der Strugatzkis. Sie hatten nun ihr erstes Buch veröffentlicht, in dem sie nicht nur eine spannende Handlung und einprägsame Charakter- und Milieuschilderungen mit einer moralisch, ja sogar philosophisch bedeutsamen Problematik verbanden, sondern zudem den Finger in eine Wunde gelegt, die in der »realistischen« sowjetischen Gegenwartsliteratur kaum wahrgenommen wurde (und dort in solcher Deutlichkeit auch gar nicht wahrgenommen werden durfte). Die Dimension des Themas reichte und reicht noch heute über die russischen Verhältnisse hinaus, deshalb hat sich dieses Buch – wie viele andere der Strugatzkis – auch nicht mit dem Ende der UdSSR erledigt, und deshalb konnten die wohlmeinenden Leute in der sowjetischen Literaturszene einhellig so tun, als sei da tatsächlich nur von einem »faschistischen Putsch« in einem mittelalterlichen Fantasiestaat die Rede. Mehr noch, selbst die Gegner der Strugatzkis konnten nicht offen sagen, da sei die Sowjetunion gemeint, denn dann hätten sie ja zumindest eine gewisse Ähnlichkeit der geschilderten mit den realen Verhältnissen zugeben müssen. 2 Sie zogen sich also auf die Position zurück, die Vermengung von Feudalismus und Faschismus sei nicht mit dem marxistischen Geschichtsbild vereinbar. Mit Anwürfen dieser Art wurden die Strugatzkis bis zum Ende der UdSSR bald öfter, bald seltener konfrontiert, aber das lief dann meist nur auf »ideologische Unklarheit« oder Dekadenz hinaus, nicht auf Antisowjetismus.

    Der Roman galt dann lange Zeit als bestes sowjetisches SF-Werk (er ist wohl heute noch neben »Picknick am Wegesrand« am bekanntesten). Bei einer Umfrage unter sowjetischen SF-Lesern, die auch auf Russisch erschienene ausländische Science Fiction einbezog, belegte 1966 »Es ist schwer, ein Gott zu sein« den ersten Platz, unmittelbar gefolgt von einem weiteren Strugatzki-Roman, »Der Montag fängt am Samstag an«. (Es folgten bis Platz 10 Bradbury, dreimal Lem, Sheckley, Asimov und noch zweimal die Strugatzkis; danach durfte solch eine repräsentative Umfrage lange Zeit nicht mehr durchgeführt bzw. veröffentlicht werden.)
    Ebenfalls 1964 wurden die Strugatzkis in den sowjetischen Schriftstellerverband aufgenommen. Das war in der Sowjetunion eine wichtige Statusfrage, damals annähernd gleichbedeutend mit der Erlaubnis, Freiberufler zu werden (und sich nicht als asozialer Schmarotzer seiner Arbeitspflicht zu entziehen, was strafbar war). Die Strugatzkis gaben im selben Jahr ihre Anstellungen auf und waren fortan nicht schlechthin Autoren oder Literaten, sondern Schriftsteller.
    Auch ihre Ambitionen nahmen um jene Zeit deutlich zu, obwohl sich das natürlich nicht einem einzelnen Jahr zuordnen lässt. Der Entschluss, keine Erzählungen mehr zu schreiben, wurde damals gefasst; »Von Wanderern und Reisenden« (1963) blieb für längere Zeit die letzte (und die beste). Die Autoren versuchten Neues, stilistisch-erzähltechnisch wie auch thematisch. Von einigen älteren Erzählungen abgesehen, war der aus drei längeren Episoden zusammengesetzte Roman »Der Montag fängt am Samstag an« ihr erstes Werk, das nicht in der Welt des Mittags angesiedelt ist, im Grunde auch keine Science Fiction, sondern eine humoristisch-satirische Fantasy mit Zauberern, die an einem sowjetischen Forschungsinstitut in der (damaligen) Gegenwart nicht weniger spektakulär zaubern als ihre Kollegen in Hogwarts. Für die sowjetischen Leser war das etwas ganz Neues, und ein nach Motiven dieses Romans gedrehter sowjetischer Fernsehfilm gehört heute zum Standardrepertoire des russischen Silvesterprogramms wie hierzulande
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