Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schwert - Thriller

Das Schwert - Thriller

Titel: Das Schwert - Thriller
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Predigt. Und was das Wichtigste war, er unternahm alle drei oder vier Jahre eine Pilgerfahrt – nicht nach Mekka (das sparte er sich für den Ruhestand auf), sondern zum alljährlich stattfindenden Mulid-Fest am Grabmal des großen ägyptischen Heiligen, Sidi Achmad al-Badawi.
    Er zog mit hingebungsvoller Ausdauer die Klinge des Rasiermessers an dem Riemen ab, der allein seinem Gebrauch vorbehalten war. Erst wenn die Schneide perfekt war, pflegte er mit einer Rasur zu beginnen. Das gefiel ihm am besten an seinem Beruf: dass seine Kunden ihm vertrauten. In Anbetracht der Tatsache, dass die meisten von ihnen Lehrer an der Amerikanischen Universität waren, überwiegend US-Amerikaner und Briten, konnte er sich auf dieses Vertrauen einiges zugutehalten. In Algerien hatten die religiösen Eiferer das Durchschneiden von Kehlen zu ihrem Markenzeichen gemacht. Und nicht nur die Fremden lebten gefährlich. In Bagdad mussten Barbiere, die Ungläubigen den Bart schoren, damit rechnen, dass man auch ihnen die Kehle aufschlitzte.
    Als Ali sich daran machte, die Stoppeln von Goodrichs Wangen zu schaben, kam in den Radionachrichten die Meldung, im Carrefour Supermarkt hätte es eine Explosion gegeben, in der Maadi Mall im Süden der Stadt. Momentan gäbe es noch keine genaueren Informationen. In der folgenden Stille hörte man draußen nah und fern die Sirenen von Polizei, Ambulanz und Feuerwehr. Dies war die größte Stadt Afrikas, aber jedes Mal, wenn der Chor der Sirenen ertönte, schien sie auf eine Handvoll Straßen und Gassen zusammenzuschrumpfen.

4
Der Brief
    Kairo
    14.30Uhr
    Draußen auf der Straße erlebte er für einen Augenblick die Panik, die alle Nicht-Einheimischen in Kairo überfällt: zu viel Verkehr, zu viele Menschen, zu viel Lärm und Staub, zu viele Gerüche. Er stand auf dem Bürgersteig am Tahrir Square, dem größten öffentlichen Platz der Stadt. Wuchtige Mercedes Limousinen (»Hühnerärsche« im hiesigen Straßenjargon) versuchten sich mit bösem, scharfem Hupen gegen Busse durchzusetzen, die Busse schüchterten röhrend alles ein, was ihnen den Weg zu versperren drohte, Mopeds fegten in tollkühnen Schlangenlinien – und oft zu ihrem Verhängnis –, durch die Lawine der Blechkarossen, und wo er hinschaute, sah Goodrich junge Männer in Jeans und Kinder in ausgeleierten Pullovern, alte Frauen in schäbigen Dschellabas, junge Frauen mit Kopftuch, die alle ihr Leben aufs Spiel setzten, nur um die andere Straßenseite zu erreichen.
    Er musterte seine Umgebung: Verkehrszeichen mit einer Patina aus dem Schmutz und Rost vieler Jahre, Werbeplakate für die neusten Produkte der ägyptischen Filmstudios, Ladenschilder in Arabisch und gebrochenem Englisch, Lichtreflexe auf schmutzigen Fensterscheiben, niedersinkender Staub in Sonnenstrahlen. Hier starrte das Antlitz des Sphinx ausdruckslos ins Leere. Dort schaute eine junge Schauspielerin namens Basma mit ihren großen Augen und einem verführerischen Lächeln auf die Passanten herab.Ringsumher schmückten die anmutigen Bögen und Schnörkel arabischer Buchstaben den Platz. Vergangenheit und Zukunft reichten sich an jeder Ecke die Hände. Zeit hatte hier keine Bedeutung.
    Er ging an Ladentüren vorbei, aus denen die neusten ägyptischen Popsongs wummerten, vorbei an einem Bettler mit heischend ausgestreckter Hand, dem er etwas Geld gab, ein ägyptisches Pfund. Nicht viel, dachte er, nur ein paar Pennies, umgerechnet. Aber hier konnte man mit wenig lange auskommen.
    Er schaute auf die Uhr. Halb drei. Bald würde es langsam ein wenig kühler werden, jetzt aber war es noch heiß, staubig und laut, und es gab davor kein Entkommen. Die meisten Kairoer lebten ihr Leben in einem einzigen Zimmer, ganze Familien vegetierten auf lächerlich engem Raum, wo Babys plärrten, alte Männer und Frauen sich an ein elendes Dasein klammerten, junge Männer und Frauen im Halbdunkel stumm kopulierten, ohne Freude. In der islamischen Nekropole, am Rand der Stadt der Lebenden, hausten die Ärmsten in den Gräbern und teilten ihre kümmerliche Existenz mit den lange Dahingeschiedenen.
    Er nahm sein Handy und versuchte Emilia zu erreichen. Sie meldete sich nicht. Er rief in der Vermittlung an.
    »Ich fürchte, sie ist in einer Konferenz, Sir.«
    »Vielen Dank. Ich rufe später wieder an.«
    Er steckte das Handy ein. Alles in Ordnung: Die Botschaft stand noch.
    Zurück in der Universität, wartete der ganze Stapel der Morgenpost auf ihn. Miss Mansy steckte den Kopf zur Tür herein, um
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher