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Das Schwert in Der Stille

Das Schwert in Der Stille

Titel: Das Schwert in Der Stille
Autoren: Lian Hearn
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sind?«
    »Er ist meinetwegen mitgekommen«, antwortete ich. »Wenn ich ihm das Leben retten kann, muss ich es tun.«
    »Ich gehe mit dir.« Sie stand rasch auf, schloss ihr Gewand und hob das Schwert auf. Die Lampe blakte, sie war fast niedergebrannt. In der Ferne hörte ich das erste Hahnenkrähen aus der Stadt.
    »Nein. Bleib hier, während ich Kenji hole. Wir holen dich hier ab und fliehen durch den Garten. Kannst du schwimmen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das habe ich nie gelernt. Aber im Graben sind Boote. Vielleicht können wir eins davon nehmen.«
    Ich zog meine nassen Sachen an und schauderte, als sie feuchtkalt an meiner Haut klebten. Ich hob Jato auf und spürte wieder den Schmerz im Handgelenk. Einer der Schläge in der Nacht musste es erneut gezerrt haben. Jetzt musste Iida geköpft werden; ich sagte Kaede, sie solle ihn an den Haaren fassen und seinen Hals strecken. Sie zuckte zurück, doch sie gehorchte.
    »Das ist für Shigeru«, flüsterte ich, als Jato den Hals durchschlug. Iida hatte bereits stark geblutet, so dass es jetzt keinen großen Blutschwall gab. Ich zerschnitt sein Gewand und wickelte den Kopf hinein. Er war so schwer, wie der von Shigeru gewesen war, als ich ihn Yuki reichte. Ich konnte nicht glauben, dass es noch dieselbe Nacht war. Ich ließ den Kopf auf dem Boden liegen, umarmte Kaede ein letztes Mal und ging zurück, wie ich gekommen war.
    Kenji wartete noch im Wachraum, und ich hörte, wie Shizuka mit Abe schäkerte. Kenji flüsterte: »Die nächste Patrouille muss jede Minute kommen. Sie werden die Leichen finden.«
    »Es ist getan«, sagte ich. »Iida ist tot.«
    »Dann lass uns gehen.«
    »Ich muss mich noch um Abe kümmern.«
    »Überlass ihn Shizuka.«
    »Und wir müssen Kaede mitnehmen.«
    Er sah mich in dem trüben Licht scharf an. »Lady Shirakawa? Bist du verrückt?«
    Sehr wahrscheinlich war ich es. Ich gab keine Antwort. Stattdessen trat ich schwer und entschlossen auf den Nachtigallenboden.
    Er schrie sofort auf. Abe rief: »Wer ist da?«
    Er lief aus dem Zimmer, sein Gewand gelockert, das Schwert in der Hand. Hinter ihm kamen zwei Wachen, einer hielt eine Fackel. Abe sah mich in ihrem Licht und erkannte mich. Sein Gesicht war zuerst erstaunt, dann wütend. Er ging auf mich zu und ließ den Boden dabei laut singen. Hinter ihm stürzte sich Shizuka auf einen der Wachmänner und schnitt ihm die Kehle durch. Der andere drehte sich verblüfft um, zog sein Schwert und ließ dabei die Fackel fallen.
    Abe rief um Hilfe. Wie ein Wahnsinniger kam er mit dem großen Schwert in der Hand auf mich zu. Er hieb auf mich ein, und ich parierte den Schlag, aber seine Kraft war enorm und mein Arm vom Schmerz geschwächt. Ich duckte mich unter seinem zweiten Schlag und wurde kurz unsichtbar. Seine Heftigkeit und seine Gewandtheit überraschten mich.
    Kenji war neben mir, aber jetzt kamen die übrigen Wachtposten aus ihren Verstecken. Shizuka nahm sich zwei von ihnen vor; Kenji ließ sein zweites Ich unter dem Schwert des einen und erstach ihn dann von hinten. Ich war ganz auf Abe konzentriert, der mich über den Nachtigallenboden zum Ende des Gebäudes trieb. Die Frauen waren aufgewacht, schreiend rannten sie heraus und lenkten Abe ab, während sie an ihm vorbeiliefen. So konnte ich wieder zu Atem kommen. Ich wusste, dass wir mit den Wachen fertig würden, sowie ich Abe beseitigt hatte. Doch zugleich wusste ich, dass er viel gewandter und erfahrener war als ich.
    Er drängte mich in die Ecke, wo ich ihm nicht ausweichen konnte. Ich wurde wieder unsichtbar, aber er wusste, dass es für mich keinen Ausweg gab. Ob ich unsichtbar war oder nicht, sein Schwert konnte mich trotzdem zweiteilen.
    Dann, als es aussah, als wäre ich ihm ausgeliefert, zögerte er und riss den Mund auf. Entsetzt schaute er über meine Schulter.
    Ich folgte nicht seinem Blick, sondern stieß Jato in diesem Augenblick der Unaufmerksamkeit nach unten. Das Schwert fiel mir aus der Hand, als mein rechter Arm versagte. Abe taumelte vorwärts, das Gehirn quoll aus dem großen Spalt in seinem Schädel. Ich wich ihm aus, drehte mich um und sah Kaede am Eingang stehen, von hinten beleuchtet. In einer Hand hielt sie Iidas Schwert, in der anderen seinen Kopf.
    Seite an Seite kämpften wir unseren Weg zurück über den Nachtigallenboden. Bei jedem Schlag zuckte ich vor Schmerz zusammen. Ohne Kaede neben mir wäre ich jetzt gestorben.
    Alles wurde verschwommen und undeutlich vor meinen Augen. Ich glaubte, der Nebel vom Fluss sei in
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