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Das Schweigen des Glücks

Das Schweigen des Glücks

Titel: Das Schweigen des Glücks
Autoren: Nicholas Sparks
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schrieb das auf und sah dabei nicht von seinem Schreibblock auf.
    »Und er konnte aus dem Sitz klettern und die Tür aufmachen?«
    »Ja. Das macht er seit ein paar Monaten.«
    Der Polizist nickte. Seine fünf Jahre alte Tochter Campbell konnte das auch.
    »Wissen Sie noch, was er anhatte?«
    Sie schloss die Augen und dachte nach.
    »Ein rotes T-Shirt mit einer großen Mickey Mouse vorne drauf. Mickey zwinkert mit den Augen und hält den Daumen hoch. Und Jeans – mit Gummizug, kein Gürtel.«
    Die beiden Männer sahen sich an.
Dunkle Farben.
    »Hat das Hemd lange Ärmel?«
    »Nein.«
    »Schuhe?«
    »Ich glaube. Ich hatte sie ihm nicht ausgezogen, also hat er sie bestimmt noch an. Weiße Schuhe, die Marke weiß ich nicht.
    »Hatte er eine Jacke?«
    »Nein. Ich hatte keine mitgenommen. Es war ein warmer Tag, zumindest als wir losgefahren sind.«
    Während die Befragung weiterging, zuckten drei Blitze kurz hintereinander durch den nächtlichen Himmel. Der Regen nahm, wenn das überhaupt möglich war, noch an Heftigkeit zu.
    »Leben noch Verwandte von Ihnen in der Gegend? Eltern? Geschwister?«
    »Nein. Keine Geschwister. Meine Eltern sind tot.«
    »Und Ihr Mann?«
    Denise schüttelte den Kopf. »Ich war nie verheiratet.« »Ist Kyle schon einmal verschwunden?«
    Denise rieb sich die Schläfen und versuchte, das Schwindelgefühl zu verdrängen.
    »Ein paar Mal. Einmal beim Einkaufen und einmal zu Hause. Aber er hat Angst vor Blitzen. Ich glaube, deswegen ist er aus dem Auto gestiegen. Wenn es blitzt, kriecht er zu mir ins Bett.«
    »Und wie ist es mit dem Sumpf? Hätte er Angst, im Dunkeln dorthin zu gehen? Glauben Sie, er würde eher in der Nähe des Autos bleiben?«
    Ein Abgrund tat sich in ihrem Magen auf. Die Angst machte ihre Gedanken etwas klarer.
    »Kyle hat keine Angst draußen, auch bei Dunkelheit nicht. Er geht gern durch das Waldstück bei unserem Haus. Vielleicht weiß er nicht genug, um Angst zu haben.«
    »Er könnte also… «
    »Ich weiß nicht… vielleicht«, sagte sie verzweifelt.
    Sergeant Huddle schwieg einen Moment, er wollte sie nicht zu sehr bedrängen. Schließlich sagte er: »Wissen Sie, wie spät es war, als Sie das Reh gesehen haben?«
    Denise zuckte mit den Schultern, sie fühlte sich hilflos und schwach. »Ich weiß es nicht… vielleicht neun Uhr, Viertel nach neun. Ich habe nicht auf die Uhr gesehen.«
    Automatisch guckten beide Männer auf ihre Uhren. Taylor hatte den Wagen um 21.31 Uhr gefunden. Er hatte keine fünf Minuten später Hilfe gerufen. Jetzt war es 22.22 Uhr. Seit dem Unfall war über eine Stunde vergangen. Sowohl Sergeant Huddle als auch Taylor wussten, dass sie ganz schnell mit der Suche beginnen mussten. Obwohl die Luft relativ warm war, würden ein paar Stunden in diesem Regen und ohne die richtige Kleidung zu Unterkühlung führen.
    Was sie beide gegenüber Denise nicht erwähnten, war die Gefahr, die der Sumpf selbst darstellte. Bei Wetter wie diesem sollte sich keiner in ihn hineinwagen, ein Kind schon gar nicht. Man konnte darin buchstäblich für immer verschwinden.
    Sergeant Huddle klappte sein Klemmbrett mit einem Schnappen zu. Jede Minute war kostbar.
    »Wir setzen das später fort, wenn es Ihnen recht ist, Miss Holton. Für den Bericht brauchen wir mehr, aber im Moment haben wir das Wichtigste, um mit der Suche zu beginnen.«
    Denise nickte.
    »Gibt es noch etwas, das wir wissen sollten? Hat er einen Spitznamen? Etwas, worauf er reagiert?«
    »Nein, einfach nur Kyle. Aber… «
    Erst dann wurde es ihr bewusst – das Offensichtliche. Das schlimmste Merkmal, etwas, woran der Polizist niemals denken würde.
    O, Gott…
    Ihre Kehle war plötzlich wie zugeschnürt.
    Oh nein… oh nein…
    Warum hatte sie es nicht früher erwähnt? Warum hatte sie es nicht sofort gesagt, gleich, als sie aus dem Auto gestiegen war? Als Kyle vielleicht noch in der Nähe war… als sie ihn noch hätten finden können, bevor er sich zu weit entfernt hatte… Vielleicht war er ganz nah bei ihnen gewesen.
    »Miss Holton?«
    Alles schien mit einem Mal über sie hinwegzurollen: Schock, Angst, Wut und die Weigerung, das wahrzuhaben…
    Er kann ihnen nicht antworten!
    Sie senkte das Gesicht in die Hände.
    Er kann nicht antworten!
    »Miss Holton?« hörte sie ihn wieder.
    Oh, Gott, warum?
    Nach einer, so schien ihr, unglaublich langen Zeit wischte sie sich die Tränen ab, konnte den beiden aber nicht in die Augen blicken.
Ich hätte es ihnen eher sagen müssen.
    »Kyle wird Ihnen nicht
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