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Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition)

Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition)

Titel: Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition)
Autoren: F.E. Higgins
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Geldbeutel, ein gesäumtes bedrucktes Seidentuch und ein Paar Handschuhe. Ich schlang mir das Tuch um den Hals und streifte die Handschuhe über meine vor Kälte starr gewordenen Finger. Der Lederbeutel enthielt nur ein paar Pennys, aber es war immerhin ein Anfang. Als ich aus der Kutsche stieg, sah ich das junge Mädchen in der Tür stehen. Ein vorsichtiges Lächeln lag auf ihrem Gesicht, und einen Augenblick sah sie mir direkt in die Augen. Dann hörte ich den Kutscher zurückkommen – höchste Zeit für mich zu verschwinden. Nun hätte ich mich in die eine oder in die andere Richtung wenden können, den Hang hinauf oder hinunter. Ich weiß selber nicht warum, aber ich ging bergauf.
    Es war ein mühsames Vorankommen. Während ich weiterhinaufstieg, hörte ich die Kirchenglocke vier Uhr schlagen. Es schneite zwar nicht mehr, aber der Wind war schneidend wie ein Messer. Ich brauchte einen Unterschlupf. Trotz der nächtlichen Stunde und obwohl es keine Straßenlampen gab, konnte ich ganz gut sehen, wo ich ging. Es war aber nicht der Mond, der meinen Weg erhellte – der verbreitete nur einen schwachen Schimmer –, sondern die Lampen, die hinter den Fenstern leuchteten. Anscheinend war ich nicht der Einzige, der in diesem Dorf noch wach war.
    Vor einem leeren Gebäude am oberen Ortsende blieb ich stehen. Es lag allein im Schatten der Kirche und wirkte verlassen. Ein Gässchen trennte es von den anderen Häusern und Läden. Gerade wollte ich nach einer Möglichkeit suchen, hineinzukommen, als ich Schritte im Schnee hörte. Ich duckte mich in das Seitengässchen und wartete. Ein Mann kam den Berg herunter, vornübergebeugt und vorsichtig. Er hatte eine große Holzschaufel über der Schulter und murmelte vor sich hin. Er kam direkt an mir vorüber, sah aber weder nach links noch nach rechts und ging die Dorfstraße hinunter.
    Kaum war er in der Nacht verschwunden, erschien eine zweite Gestalt. Bis zum heutigen Tag ist mir der Augenblick im Gedächtnis: Wie durch Zauber tauchte plötzlich dieser Mann aus dem Dunkel auf. Ich sah, wie er entschlossen die Straße heraufkam, auf mich zu. Er ging mit weit ausgreifenden Schritten und näherte sich schnell. Trotzdem hinkte er, drückte den rechten Fuß tiefer in den Schnee als den linken.
    Ich glaube, ich war der erste Mensch im Dorf, der Joe Zabbidou zu sehen bekam, und wie ich heute weiß, war ich auchder letzte. Ob es nur Zufall war, dass wir gleichzeitig hier oben ankamen? Ich denke, da waren andere Mächte am Werk. Im Gegensatz zu mir war er nicht auf der Flucht. Und er hatte ein Ziel, das er still und heimlich verfolgte.

Kapitel 3

    Ankunft
    E s war nicht einfach, Joe Zabbidou genau zu beschreiben. Sein Alter ließ sich unmöglich bestimmen. Er war weder dick noch dünn, eher von schmaler Gestalt. Und er war groß, was sich in Pagus Parvus als eindeutiger Nachteil erwies: Da der Ort aus einer Zeit stammte, als die Menschen noch um die zwölf Zentimeter kleiner waren, hatte man die Häuser entsprechend niedrig gebaut. Genau genommen war der Ort während der Jahre der »Großen Holzknappheit« entstanden. Der damalige König hatte einen Erlass herausgegeben, dass nach Kräften Holz gespart werden müsse – mit der Folge, dass Türen und Fenster kleiner und schmaler ausfielen und die Decken besonders niedrig.
    Joe war dem Wetter entsprechend gekleidet, allerdings nicht in einen Mantel mit hohem Kragen, wie es zur damaligen Zeit Mode war. Stattdessen trug er einen von silbernen Spangen zusammengehaltenen grünen Umhang, der ihm bis an die Knöchel reichte. Der Umhang selbst war aus feinster Jocastar-Wolle. Das Jocastar, ein dem Schaf ähnliches Tier, nur mit längeren, zierlicheren Beinen und schönerem Gesicht, lebte hochin den Bergen der nördlichen Halbkugel. Einmal im Jahr, im September, wechselte es sein Haarkleid, und nur die geschicktesten Bergsteiger wagten sich hinauf in die dünne Luft, um seine Wolle zu holen. Gefüttert war Joes Umhang mit dem weichsten Fell, das es überhaupt gab: mit Chinchillapelz.
    An den Füßen trug er glänzende schwarze Lederstiefel, auf denen die gebügelten Umschläge seiner malvenfarbenen Hose auflagen. Ein Seidentuch war um seinen Hals geschlungen, und auf dem Kopf hatte er eine eng anliegende Pelzmütze von der Form eines Kochtopfes, die bis weit über die Ohren gezogen war. Trotzdem konnte sie sein Haar nicht ganz fassen, sodass sich etliche Silberlocken darunter hervorkräuselten.
    Ein Schlüsselbund, der an Joes Gürtel hing,
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