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Das schoenste Maedchen der Welt

Das schoenste Maedchen der Welt

Titel: Das schoenste Maedchen der Welt
Autoren: Jo Hanns Roesler
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Mann können Sie alle etwas lernen! Der weiß genau, was er will. Der macht keine großen Geschichten, solche Leute brauche ich.“

Salz auf dem Tisch

    Bedeutet Salz auf dem Tisch Streit?
    Ich glaube es. Darf ich euch überzeugen?
    Paul und Pauline sind das friedlichste Ehepaar auf der Welt. Er hat nichts, und sie will nichts. Wozu also sich streiten? Eines Tages saßen sie bei Tisch.
    „Ist es nicht wundervoll, wie gut wir zwei uns vertragen?“
    „Ganz wundervoll, Pauline.“
    „Jetzt sind wir schon neun Jahre verheiratet!“
    „Noch nie haben wir uns gestritten!“
    „Laß dir dafür die Hand drücken, Paul.“
    „Meine Pauline!“
    Sie schoben sich über dem Tisch die Hand entgegen.
    Auf dem halben Weg stand das Salzfaß.
    Es fiel um.
    Pauline zog entsetzt die Hand zurück.
    „Salz auf dem Tisch!“ rief sie.
    „Was weiter? Das können wir doch wieder hineintun?“
    „Das ist es nicht, Paul.“
    „Sondern?“
    „Salz auf dem Tisch bedeutet Streit.“
    Paul winkte vergnügt ab.
    „Das ist doch nur Aberglaube, Pauline.“
    „Sag das nicht, Paul, sag das nicht!“
    „Daß du so etwas glauben kannst!“ meinte Paul, „natürlich ist es ein Aberglaube, ein ganz dummer Aberglaube sogar.“
    „Meine Mutter hat einmal —“
    „Liebes Kind, deine Mutter und du sind zwei Paar Stiefel. Deine Mutter mag glauben, was sie will. Mit deiner Mutter bin ich ja Gott sei Dank nicht verheiratet.“
    „Warum Gott sei Dank, Paul?“
    Paulines Stimme war schärfer geworden.
    Paul lenkte schnell ein.
    „Weil ich froh bin, daß ich dich habe! Wäre ich nämlich mit deiner Mutter verheiratet, könnte ich ja nicht mit dir verheiratet sein. Und ich bin mit dir mit großem Vergnügen verheiratet. Auch wenn du abergläubisch bist.“
    „Ich bin nicht abergläubisch!“
    „Und das Salz auf dem Tisch?“
    „Das ist kein Aberglaube, das ist alte Weisheit.“
    Paul lachte:
    „Also müßten wir uns jetzt miteinander streiten?“
    „Ja.“
    „Ich streite mich aber nicht mit dir!“
    Pauline gab nicht nach.
    „Du mußt dich ja nicht mit mir streiten. Ich könnte mich ja auch mit dir streiten.“
    „Nur damit der dumme Aberglaube in Erfüllung geht?“
    „Dumm ist der, der nicht glaubt, was wahr ist!“
    „Erlaube!“
    Paul war hochgefahren.
    Pauline schlug mit dem Finger auf den Tisch.
    „Was wahr ist, muß wahr bleiben!“
    Paul sah auf den Finger.
    „Ja, glaubst du denn —?“ rief er mit erhobener Stimme.
    „Was?“
    „Glaubst du, ich lasse mit mir Schindluder treiben? Mit dem Finger auf den Tisch? Nimm doch gleich die Faust! Ich streite mich nicht mit dir und damit basta!“
    „Salz auf dem Tisch bedeutet Streit.“
    „Und wenn noch mehr Salz auf dem Tisch liegt!“
    Paul ergriff das Salzfaß und stülpte es um.
    „Hier hast du es — Salz auf dem Tisch in rauhen Mengen!“
    „Das ist doch albern, Paul.“
    „Ich führe nur deinen Aberglauben ins Absurde.“
    Pauline löffelte das Salz wieder ein.
    „Salz kostet ja schließlich Geld“, sagte sie spitz.
    „Dein Geld oder mein Geld?“
    „Das bleibt sich doch wurscht, Paul.“
    „Nichts bleibt sich wurscht!“ rief Paul erbost, „was sind das für Ausdrücke überhaupt? Das ist ja reiner Jargon! Weil ich dir Geld gebe, kannst du dir Salz kaufen. Weil Salz da ist, kann ich es umschütten, so oft es mir beliebt. Wenn ich dir nicht das Geld gegeben hätte, hättest du kein Salz. Das wäre manchmal besser.“
    Hier hakte Pauline ein.
    „Was meinst du damit?“
    „Die Suppe.“
    „Etwa versalzen?“
    „Ja. Wenn du mich fragst — ja!“
    „Das sagst du mir so offen ins Gesicht?“
    „Wo anders hinein kann ich es dir nicht gut sagen! Ja, die Suppe war versalzen! Nicht nur heute, sondern auch gestern, vorgestern und überhaupt jeden Tag.“
    „Schließlich hast du ja keine Köchin geheiratet!“
    Paul nickte grimmig:
    „Das merke ich jeden Tag beim Essen!“
    „Weshalb hast du mich dann geheiratet?“
    Paul brüllte zornig:
    „Wenn ich das wüßte! Liebe macht eben blind!“
    „Das ist auch ein Aberglaube!“ fiel Pauline schnell ein.
    „Steig mir doch den Buckel rauf!“
    Paul eilte aus dem Zimmer und warf die Tür wütend hinter sich zu.
    Pauline lächelte.
    Hatte sie nicht doch recht behalten?
    Salz auf dem Tisch bedeutet Streit.
    Als Paul wiederkam, brummte er:
    „Na ja — laß gut sein! — diesmal hast du recht behalten, Salz auf dem Tisch bedeutet anscheinend wirklich Streit. In einer guten Ehe kann man sich auch einmal streiten. Das
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