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Das schoenste Geschenk

Das schoenste Geschenk

Titel: Das schoenste Geschenk
Autoren: Nora Roberts
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jeden hier in einem Umkreis von fünf Kilometern.« Sie zuckte die Schultern und stand auf. »Ich wollte Sie nicht belästigen.«
    Als sie an ihm vorbeigehen wollte, fasste Victor sie beim Arm. Sie war noch immer sehr blass, und ihre Haut fühlte sich kalt an. »Setzen Sie sich … Sharon«, sagte er.
    Sekundenlang studierte sie sein Gesicht. Er wirkte distanziert und unnachgiebig, doch sie spürte, dass sich Freundlichkeit dahinter verbarg. Das stimmte sie etwas milder. »Ich trinke meinen Kaffee mit Unmengen von Milch und Zucker«, warnte sie.
    Er ließ sich zu einem zurückhaltenden Lächeln herab. »Das ist ja abscheulich.«
    »Ja. Ich weiß. Haben Sie Zucker im Haus?«
    »Auf dem Küchentisch.«
    Victor goss kochendes Wasser in den Becher, und nachdem er einen Moment gezögert hatte, nahm er einen zweiten Becher vom Regal, um auch sich einen Kaffee aufzubrühen. Dann stellte er die beiden Becher auf einen alten Klapptisch und setzte sich zu Sharon.
    »Das ist wirklich ein wunderschönes Stück«, meinte Sharon und strich mit den Fingern über die Tischplatte. »Wenn es erst restauriert ist, wird es einiges wert sein.« Sie füllte drei gehäufte Löffel Zucker in ihren Kaffee. »Verstehen Sie etwas von Antiquitäten?«
    »Nicht allzu viel.«
    »Sie sind meine Leidenschaft. Ich habe vor, einen Antiquitätenladen zu eröffnen.« Abwesend strich sie sich die blonden Locken aus der Stirn. »Komisch, wir lassen uns beide zur gleichen Zeit hier nieder. Ich habe die letzten vier Jahre amerikanische Geschichte an einer höheren Schule in Baltimore unterrichtet.«
    »Und Sie haben Ihren Beruf aufgegeben?« Victor bemerkte, dass ihre Hände ebenso zierlich waren wie ihre übrige Gestalt. Ihre Handgelenke waren schmal, ihre Finger schlank.
    »In diesem Beruf muss man sich an zu viele Vorschriften halten«, erklärte Sharon.
    »Und Vorschriften mögen Sie nicht?«
    »Nur meine eigenen.« Lachend schüttelte sie den Kopf. »Ich war eigentlich eine recht gute Lehrerin. Nur mit der Disziplin hatte ich Probleme.«
    »Und Ihre Schüler haben das ausgenutzt?«
    Sharon nickte zustimmend. »Bei jeder nur möglichen Gelegenheit.«
    »Trotzdem haben Sie vier Jahre lang unterrichtet?«
    »Ich konnte doch nicht so schnell aufgeben.« Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch und legte das Kinn in die Hände. »Wie so viele Leute, die in der Kleinstadt groß geworden sind, habe auch ich mir eingebildet, in der Stadt mein Glück zu finden. Ich wollte teilhaben an dem hektischen Leben, mich amüsieren. Aber die vier Jahre haben mir gereicht.« Sie trank einen Schluck Kaffee. »Und dann wiederum gibt es Leute, die aus der Stadt aufs Land ziehen, um Tomaten zu züchten und sich Ziegen zu halten. Man ist eben nie zufrieden mit dem, was man hat.«
    »Da mögen Sie recht haben«, sagte er abwesend, während er sie beobachtete. Victor entdeckte winzige goldene Pünktchen in ihrer Iris.
    »Warum sind Sie ausgerechnet nach Sharpsburg gezogen?«, fragte Sharon.
    Victor zuckte lässig die Schultern. Fragen zu seiner Person wich er aus. »Ich habe in Hagerstown zu tun gehabt. Dadurch wurde ich auf diese Gegend aufmerksam. Sie gefiel mir.«
    »Das Leben in dieser Abgeschiedenheit kann manchmal sehr unbequem sein. Besonders im Winter. Obwohl es mir nie etwas ausgemacht hat, eingeschneit zu werden. Einmal ist der Strom zweiunddreißig Stunden lang ausgefallen. Großmutter und ich haben uns am Holzofen abgewechselt, wir haben sogar darauf gekocht. Wir hatten das Gefühl, die einzigen Menschen auf der Welt zu sein.«
    »Und das hat Ihnen nichts ausgemacht?«
    »Zweiunddreißig Stunden lang fand ich es schön«, meinte sie lachend. »Ich bin kein Einsiedler.«
    »Sie lieben die Berge, nicht wahr?«
    Sharon schaute ihn an. »Ja.«
    Sie wollte ihn anlächeln, doch so weit kam es nicht. Als sich ihre Blicke trafen, war es so wie bei ihrem ersten Zusammentreffen in Donnas Laden. Nur viel beunruhigender. Sharon ahnte, dass es immer wieder passieren würde. Sie brauchte Zeit, um zu entscheiden, was sie dagegen unternehmen konnte. Unvermittelt stand sie auf, trug ihren Becher zur Spüle und wusch ihn aus.
    Ihre Reaktion gefiel Victor. »Sie sind eine attraktive Frau«, sagte er. Er verstand es, seiner Stimme einen weichen, schmeichelnden Klang zu geben.
    Lachend drehte Sharon sich zu ihm um. »Das perfekte Gesicht für eine Haferflockenreklame, was?« Ihr verschmitztes Lächeln war äußerst anziehend. »Ich wäre zwar lieber sexy, aber ein gesundes Aussehen ist
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