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Das scharfe Duo ROTE LATERNE Band 10 (Rote Laterne Roman) (German Edition)

Das scharfe Duo ROTE LATERNE Band 10 (Rote Laterne Roman) (German Edition)

Titel: Das scharfe Duo ROTE LATERNE Band 10 (Rote Laterne Roman) (German Edition)
Autoren: Lisa Thomsen
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Silke krampfhaft, sich Entschuldigungen einfallen zu lassen. Ihr graute davor, sich nun von Tante Swolke »examinieren« zu lassen, wie es die Kapitänswitwe bezeichnete. Tante Swolke hatte selbst ein Jura-Studium hinter sich. Doch einen juristischen Beruf hatte sie nie ausgeübt, nachdem sie den Kapitän Elmar Ernemann geheiratet hatte. Dank der guten Beratung seiner tüchtigen Gattin gelang es dem Kapitän später, als Teilhaber in eine Reederei einzusteigen. Er starb als wohlhabender Mann, und Silke war der Ansicht, Tante Swolke habe soviel Geld, dass sie darin baden könne.
    Dann stand Silke Nielsen vor der alten, schönen Villa. Sie war heute ein Vermögen wert. Oft genug waren Makler an die Tante herangetreten, die ihr das Haus mit allem Drum und Dran abkaufen wollten. Aber Tante Swolke blieb hart. Sie residierte mutterseelenallein in diesem Gebäude mit seinen vierzehn Zimmern und einem prächtigen Blick über die Elbe.
    »Komm herein!«, schallte blechern die Stimme von Frau Ernemann aus dem Lautsprecher. Silke zuckte zusammen. Nun schien auch die allerletzte Gnadenfrist abgelaufen zu sein.
    Die Studentin ging über den breiten, sehr gepflegten Kiesweg durch den schönen Garten, der jetzt noch recht kahl wirkte, hinauf zum Haus. Feindselig schienen die Fensteraugen das Mädchen zu betrachten.
    Tante Swolke nahm Silke unter der Tür in Empfang. Die alte Dame war eine sehr elegante Erscheinung. Das schneeweiße Haar lag in ordentlichen Wellen um den Kopf. Frau Ernemanns Gesicht war immer ein wenig gebräunt. Das ließ die stahlblauen Augen ein wenig streng leuchten. Swolke Ernemann trug ein taubenblaues Kostüm in zeitlosem Schnitt und nur wenig Schmuck.
    »Ich habe dich bereits vor einer halben Stunde erwartet, Silke«, ermahnte sie tadelnd.
    »Ich habe die Bahn nicht mehr erwischt.«
    »Dann macht man sich früher auf den Weg«, erwiderte die Tante, bei der es keine Entschuldigung fürs Zuspätkommen gab. »Geh durch in das Kapitänszimmer«, bat sie. »Ich habe noch ein Telefonat zu erledigen.«
    Das »Kapitänszimmer« war der wichtigste Raum des Hauses und wohl auch der größte. Seine vier breiten Fenster mit den dunkelgrünen Velourvorhängen wirkten wie eine Bühne, in deren Hintergrund die Elbe mit den Schiffen und Kähnen ein sehr schönes Bild bot.
    Der Raum war voller Antiquitäten aus der christlichen Seefahrt und somit ein Schmuckstück für sich. Silke hingegen empfand ihn als muffig und bedrohend, als ein Relikt einer vergangenen Epoche.
    Silke ging um den großen Schreibtisch herum. Ein Meister hatte ihn aus edlem Tropenholz geschnitzt. Dort stand ein Bild des Kapitäns, den Silke als einen fröhlichen scherzenden Menschen in Erinnerung hatte. Besonders amüsant war der Onkel immer gewesen, wenn er im Schein des Kaminfeuers sein unendliches Seemannsgarn gesponnen hatte. Da waren die flackernden Schatten an den Wänden zu Klabautermännern und Seeungeheuern geworden ...
    »So, nun bin ich bereit!«
    Die Stimme von Tante Swolke hinter Silkes Rücken klang wie ein Urteil.
    »Willst du dich nicht setzen?«
    »Ich werde es im Stehen ertragen, Tante Swolke!«
    »Was ist das für ein Ton? Setz dich. Nein, nicht hinter den Schreibtisch. Dorthin, an den Kamin!«
    Empörung flammte aus den hellen Augen, nachdem Silke Anstalten gemacht hatte, sich auf dem allerheiligsten Platz des Raumes, dem Schreibtischsessel, niederzulassen.
    »Ich habe deine Prüfungsergebnisse durchgelesen. Sie sind skandalös«, begann Swolke Ernemann. »Woran liegt es deiner Meinung nach, dass du so schlechte Leistungen bringst?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Was heißt, du weißt es nicht? Das muss man wissen! Lernst du zu wenig? Die Großstadt bietet viel Abwechslung und wohl auch schädliche Ablenkung ...«
    »Ich verbummle die Nächte nicht!«, warf Silke trotzig ein.
    »Unterbrich mich nicht!«
    »Ich kann mir das Lernvermögen nicht aus den Fingern saugen«, fuhr Silke nun heftig fort. »Ich tue, was ich kann. Aber es geht nicht. Es geht einfach nicht, verdammt!«
    »Verdammt, das durfte in diesem Hause nur einer sagen, und das ...«
    »Das war dein lieber Mann!«, platzte Silke heraus. Ritt sie der Teufel? Oder was war mit ihr los, dass sie derart in Opposition gegen die Tante ging?
    Swolke schwieg eine Weile. Sie hielt den schmalen Kopf gesenkt und sah dann auf.
    »Du wirst die Universität verlassen«, verkündete sie schließlich. »Du wirst dein Zimmer in diesem Hause wieder beziehen. Und dann überlegen wir gemeinsam,
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