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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir
Autoren: Hanif Kureishi
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meine Schulter und kuschelte sich an mich wie früher als Kind. »Allerdings hat Eliot eine Saisonkarte für Arsenal.«
    »Dieser ätzende Liebhaber auch? Schreibt deine Mutter das in ihre Kontaktanzeigen?«
    »Ist einfach Pech, Dad. Solche Trottel gibt es überall.«
    Nachdem ich dies Ajita erzählt hatte, sagte sie: »Freut mich, dass du dich mir geöffnet hast. Wir haben uns eingebildet, wir würden einander mögen, aber in Wahrheit wollten wir jemand anderen. Willst du dich weiter mit mir treffen?«
    Ich bejahte zwar, war mir dessen aber genauso unsicher wie sie. Ich ahnte nicht, dass wir schon bald dringend miteinander reden mussten.
    VIERUNDVIERZIG
    Nachdem Rafi, Josephine und Eliot in Urlaub gefahren waren, rief ich bei Karen an. Ich hatte ihr ab und zu eine E-Mail geschickt, aber seit einer ganzen Weile nichts mehr von ihr gehört. Wie sich herausstellte, war sie auch allein. Ihre Töchter hielten sich bei ihrem Vater und Ruby auf, die gerade Zwillinge zur Welt gebracht hatte.
    Wir waren im Sheeky; Karen sah müde aus, und sie trug eine Art Turban.
    »Du trinkst ja gar nichts«, sagte ich.
    »Bestell, was du willst«, erwiderte sie. »Ich bezahle, und mir ist alles egal.«
    »Antibiotika?«, fragte ich.
    »Du weißt doch noch«, sagte sie, »dass ich zu diesem Date eingeladen war. Neulich, nach unserer letzten Begegnung ...« »Du wolltest dich mit diesem Knaben treffen.«
    »Ja. Ich wollte mich mit ihm treffen. Kurz vorher habe ich mich unter der Dusche üppigst mit meinem französischen Lieblings-Duschgel gewaschen - Stendhal heißt es. Und als ich mit der Hand über meine Brüste gefahren bin, habe ich etwas gespürt, das sich nicht so bewegt hat wie der Rest. Ich habe versucht, es noch einmal zu ertasten, konnte es aber nicht mehr finden.
    Wir haben im Wolsey gegessen. Er redet, ich rede. Aber die ganze Zeit gehen mir diese Gedanken im Kopf herum. Brüste verändern sich ständig, sie sind beweglicher, als man glaubt, sie werden stündlich größer, kleiner oder runder, je nachdem, welche Hände ein Mann hat, ob man ein Baby bekommt oder die Regel hat. Aber mich wird nie wieder jemand anfassen.
    Ich gehe einmal im Jahr zur Untersuchung. Ich bete meinen Arzt an, er ist Südafrikaner, und er mag die Frauen - unsere Körper und Brüste.
    Wie dem auch sei: Nach dem Essen sind dieser Typ und ich in verschiedene Taxis gestiegen. Er wollte noch auf einen Drink irgendwo hin und hat mich eingeladen, aber ich war zu durcheinander. Die Sache mit dem Knoten in der Brust war bestimmt das Allerletzte, was er hören wollte. Er hätte ja nur einen Steifen gekriegt und mich ficken wollen, oder? Na, schön. Am nächsten Tag bin ich gleich auf dieses Ding gestoßen, ich habe es sofort gespürt.
    Ich bin erstarrt. Das war das Ende dessen, was ich noch nie gewesen war - begehrenswert. So wie die Hepburn oder die Binoche. Ich dachte: Nur noch eine kleine Chance, bitte, einen Moment, eine Woche, ein Jahr, und dann habe ich es endlich geschafft. Und tatsächlich bin ich reifer und in jeder Hinsicht klüger, und ich habe auch nicht mehr so viel Angst wie früher.«
    »Warum kann es nicht einfach nur eine Zyste sein?«
    »Ganz genau. Warum nicht? Mammographien wimmeln davon, und sie haben nichts weiter zu bedeuten. Man wird dann zu weiteren Untersuchungen geschickt - Sonographien, Nonographien. Die Ärzte packen einem kalte oder warme Platten oder summende Sonden auf die Brust, schauen in Mikroskope und Monitore - und finden nichts.
    Vielleicht bin ich blöd, aber ich war so verantwortungsvoll, mir gleich einen Termin bei meinem Heldenarzt geben zu lassen. Als er mich gefragt hat, ob ich aus einem bestimmten Grund gekommen sei, habe ich verneint und gesagt, es sei nur eine Routineuntersuchung. Mein Arzt sieht seine Frauen gern alle sechs Monate, aber ich bin immer nur einmal pro Jahr hingegangen. Und diesmal wollte ich ihm keine Vorgabe machen oder ihn irgendwie beeinflussen. Ich dachte: Wenn er bei der Untersuchung etwas findet, gut, na, schön. Falls nicht, was gibt es dann zu reden?
    Er hat sich erst die rechte Brust vorgenommen, dann die linke. Schlanke, kühle Finger. Seine Berührung ist elegant, nicht erregend.
    Man fühlt sich wie ein Klavier unter den Fingern eines Genies. Ob diese Ärzte das üben? Dann liegen beide Hände auf meiner linken Brust. Auf einmal konnte ich nichts mehr hören und bekam keine Luft mehr. Aber es war wichtig, dass ich mich ganz natürlich verhielt. Wenn er mich auf diese Krebssache festnageln
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