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Das Reliquiar

Das Reliquiar

Titel: Das Reliquiar
Autoren: Emma Seymour
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ist, aber gewisse Einzelheiten können die betreffenden Personen nicht vorbereitet haben. Ich habe Leute eine Sprache sprechen hören, die sie gar nicht kannten, und sie nannten historische Details, die sich bei späteren Überprüfungen als exakt herausgestellt haben.«
    Elena stand auf und ging zum Bücherschrank. Die Sitzung, an der sie teilgenommen hatte, war sehr interessant gewesen. Obwohl Nicholas sie auf das Geschehen vorbereitet hatte, hatte es einige ziemlich emotionale Momente gegeben, zum Beispiel als Melanie gesagt hatte, sie heiße Elizabeth Monroe und werde von jemandem
verfolgt. Ihr Gesicht hatte eine solche Angst gezeigt, dass niemand von den Anwesenden gleichgültig geblieben war. Auch Elena hatte den Atem angehalten, bis der Professor die junge Frau aus der Trance geweckt hatte. Daraufhin war die allgemeine Erleichterung fast greifbar gewesen. Alles hatte so echt und überzeugend gewirkt, dass Elenas Skepsis in große Bedrängnis geraten war. Aber so leicht gab sie ihre Zweifel nicht auf.
    Sie merkte nicht, dass der Professor sie über den Rand seiner Brille hinweg musterte. »Miss Brandanti... ist Ihnen klar, dass Sie sich bestens für die Hypnose eignen würden?«
    Elena drehte sich langsam um. »Im Ernst?«, erwiderte sie. »Ich hatte nicht den Eindruck, dass Ihre Tests eine große Wirkung auf mich gehabt haben. Ich bin nur ein wenig schläfrig geworden.«
    »Ich habe Sie genau im Auge behalten und bin mir sicher, dass Sie zu den empfänglichsten Personen zählen, die heute Abend an diesem Tisch saßen«, sagte Walton und überhörte den ironischen Ton in Elenas Stimme.
    »Wenn Sie meinen...«
    »Ihre Gleichgültigkeit überrascht mich«, fuhr Walton fort. »Interessiert sich eine Archäologin nicht für die Vergangenheit, in der sie vielleicht einmal gelebt hat? Stellen Sie sich vor, was eine solche Erfahrung für Sie bedeuten könnte: Geschehnisse, die Sie sonst aufgrund von Artefakten rekonstruieren müssen, direkt zu sehen.«
    Der Gedanke faszinierte Elena tatsächlich, aber dieVorstellung, sich einer fremden Person ganz anzuvertrauen, gefiel ihr ganz und gar nicht. »Oh, ich weiß nicht.«
    »Verstehe«, brummte Walton. Er lehnte sich an den
Schreibtisch und verschränkte die Arme. »Offenbar stehen Sie diesen Dingen noch immer skeptisch gegenüber, trotz der Erfahrungen des heutigen Abends. Ich möchte noch einmal wiederholen: Nichts war vorgetäuscht.Alles entsprach der Wahrheit, auch wenn ich keine Erklärung dafür habe.Vielleicht könnten Sie es leichter verstehen, wenn Sie es selbst einmal versuchen würden.«
    »Und wenn dabei nichts herauskommt?«
    »Das lässt sich nicht ausschließen, aber ich bezweifle es. Und wenn schon – es würde nur bedeuten, dass ich mich geirrt habe.«
     
    Nicholas lenkte den Wagen schweigend und mit finsterer Miene. Elena dachte nach, warf ihm gelegentlich einen Blick zu und fragte sich, warum er so still und schlecht gelaunt war.
    Nicholas brach sein Schweigen erst, als der Wagen in der Garage stand und sie das Haus betreten hatten. »Hast du wirklich vor, dich hypnotisieren zu lassen?«
    »Ich habe mich noch nicht entschieden«, erwiderte Elena.
    »Aber du ziehst es in Erwägung.«
    »Ja.Warum auch nicht?«
    »Es wäre ein Fehler«, sagte Nicholas.
    »Wieso?«
    »Es könnte schlimme Folgen haben.«
    »Willst du mir Angst machen? Erst vor ein paar Tagen hast du das genaue Gegenteil behauptet.«
    »Ich habe gelogen, wenigstens zum Teil. Wenn die hypnotisierte Person eine besonders dramatische Erfahrung neu erlebt, zum Beispiel den eigenen gewaltsamen Tod,
kann es zu schwer kontrollierbaren Reaktionen kommen. Zu gefährlichen Reaktionen.«
    Elena sah ihn an. »Woher weißt du das?«
    »Ich hab’s selbst erlebt, vor drei Jahren. Und fast wäre ich dabei gestorben.«
    »Erzähl mir davon.«
    Nicholas nahm in einem Sessel Platz, schlug die Beine übereinander und strich sich nervös durchs Haar. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich bei Professor Charbonnier als Hilfskraft angestellt war, oder? Nun, während dieser Zeit habe ich mich freiwillig für ein Experiment zur Verfügung gestellt, im Laufe dessen er mich in mein früheres Leben zurückkehren ließ. Ich habe mich in einer dunklen Zelle wiedergefunden, in einem Verlies, in dem man Gefangene verhungern lässt. Die tiefe Trance hat mich die schreckliche Agonie noch einmal erleben lassen, bis zum Moment des Todes. Als Charbonnier mich zu wecken versuchte, wurde ihm klar, dass ich im Sterben lag. Es waren
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