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Das Rätsel der Fatima

Das Rätsel der Fatima

Titel: Das Rätsel der Fatima
Autoren: Franziska Wulf
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wieder im Mittelalter gelandet? Es konnte doch nicht sein, dass im Jahre 2002 ein Mann, der eine Werbeagentur leitete und sich selbst als fortschrittlich und liberal bezeichnete, ihr wirklich so einen Vorschlag machte.
    Es muss ein Scherz sein, dachte Beatrice. Es ist zwar ungewöhnlich für Markus, aber ich glaube, er macht einen Scherz.
    »Ich habe bereits mit Papa und Mama gesprochen. Mama war sofort begeistert. Du weißt ja, dass sie dich immer sehr gemocht hat. Und Papa wird sich mit dem Anwalt unserer Familie in Verbindung setzen und die erforderlichen Papiere vorbereiten lassen, sodass das Kind vom Tag der Geburt an meinen Namen tragen darf.« Er lächelte. »Stell dir vor, Papa ist sogar bereit, das Kind als seinen Enkel zu betrachten und ihm den entsprechenden Teil des Familienvermögens als Erbe zu übertragen. Wenn dein Spross volljährig ist, wird er oder sie finanziell weitgehend unabhängig sein. Und Tante Sylvia hat sich bereit erklärt, Taufpatin zu werden. Was sagst du dazu?«
    Gar nichts!, dachte Beatrice. Dazu fällt mir wirklich nichts mehr ein.
    Doch dann setzte sich ein Teufelchen in ihren Nacken und flüsterte ihr etwas ins Ohr.
    »Ali al-Hussein Weber«, sagte sie laut vor sich hin. »Das klingt nicht schlecht. Aber das mit der Taufe wird nicht gehen.«
    Markus war bleich geworden. »Was meinst du damit? Und was soll dieser Name?«
    »Ich werde das Kind, sofern es ein Junge ist, nach seinem Vater benennen. Und da der Vater ein Moslem war, werde ich das Kind auch im muslimischen Glauben großziehen.« Dass dies nicht ganz der Wahrheit entsprach, brauchte Markus nicht zu wissen.
    »Ein Moslem?«
    Für einen kurzen Moment genoss Beatrice ihren Triumph. Sie hatte die kleine Welt des Markus Weber mit ein paar Andeutungen zum Wanken gebracht. Dann besann sie sich und legte ihre Stäbchen zur Seite, stützte ihre Ellbogen auf den Tisch und sah Markus aus schmalen Augen an.
    Mit ruhiger Stimme fuhr sie fort: »Vielleicht solltet ihr, du und deine Familie, noch etwas mehr über den Vater wissen, bevor ihr die Hochzeitsgäste einladet. Er war ein Araber.«
    »Großer Gott! Hoffentlich kein…«
    Er kam nicht dazu, den Satz zu beenden, denn Beatrice zischte ihn an: »Sprich besser nicht weiter!«
    Markus murmelte etwas Unverständliches und starrte auf seine Hände. Dann gab er sich einen Ruck.
    »Nun, solange es sich nicht um einen Schwarzen handelt, werde ich Papa sicherlich überzeugen können…«
    »Danke, das reicht.«
    »Ich denke, dass ich meine Aufgabe trotzdem erfüllen werde. Es wird natürlich nicht ganz so einfach werden, aber…«
    »Markus, es reicht«, wiederholte Beatrice mit Nachdruck. »Ich verzichte auf dein großmütiges Opfer. Ich habe mich bereits vor einiger Zeit entschieden, das Kind allein großzuziehen, und ich werde das auch tun. Ich werde dich nicht heiraten.«
    Markus schluckte. »Du solltest es dir noch einmal überlegen.«
    Beatrice schüttelte den Kopf. »Was gibt es da zu überlegen? Sehe ich etwa aus wie eine Frau, die sich freiwillig in die Klauen deiner ach so hoch angesehenen Familie begeben würde?«
    »Was fällt dir ein, so über meine Eltern zu sprechen!«
    »Sag ich etwa nicht die Wahrheit? Deine Mutter würde doch so lange an mir herumnörgeln, bis sie mich zu dem erzogen hätte, was sie ›eine Frau aus gutem Hause‹ nennt. Vermutlich erzählt sie sogar in ganz Hamburg herum, welch gutes Werk sie doch an mir und meinem armen Sprössling getan hat. Und dein Vater würde mich jeden Tag spüren lassen, dass ich es allein seiner Großmütigkeit zu verdanken habe, dass ich nicht in der Gosse gelandet bin. Dass er es war, der mich in den Olymp der vornehmen hanseatischen Reeder-Familien aufgenommen hat.« Beatrice machte eine kurze Pause, um Luft zu holen. »Nein danke, darauf verzichte ich.«
    »Beatrice, du solltest…«
    »Nein! Und du, Markus, du bist nicht anders. Du würdest von früh bis spät wissen, was für mich das Beste ist. Du würdest alles für mich planen, jeden Schritt, den ich gehe, jeden Bissen, den ich zu mir nehme. Ich würde ersticken.«
    »Nun«, entgegnete Markus spitz, »immerhin hast du es drei Jahre lang mit mir ausgehalten. Und so wie ich es sehe, sind dir diese drei Jahre nicht schlecht bekommen. Außerdem habe nicht ich dich in Verlegenheit gebracht.«
    Beatrice schüttelte den Kopf. Ihr war übel vor Zorn.
    »Was fällt dir eigentlich ein! Ich bin nicht ›in Verlegenheit‹. Vermutlich fehlt dir dafür das Verständnis, aber ich habe
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