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Das Perlenmaedchen

Das Perlenmaedchen

Titel: Das Perlenmaedchen
Autoren: Barbara Wood
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hatte, gekonnt durch die Wellen. Dunkle Wolken, Windböen, die sich kurzfristig zu heftigen Stürmen auswuchsen, waren dagegen ein ständiges Risiko und erforderten die ganze Aufmerksamkeit der Mannschaft. Yúo beobachtete unentwegt den Horizont.
    Und plötzlich sah er …
    Er riss die Augen auf. Da war noch ein Boot. »Guay!«, schrie er und deutete nach Süden.
    Die zwanzig Ruderer starrten gebannt auf das, was sie ausmachten. War das ein feindliches Kanu vom Festland? Jeder dachte an das, was man sich – ob wahr oder unwahr – von den grausamen Maya-Kriegern erzählte, die in diesen Gewässern ihr Unwesen trieben, und legte sich, den Blick auf das sich nähernde Boot geheftet, ins Zeug.
    Bis sie verblüfft feststellten, dass das Kanu aus der Richtung der Perleninsel kam.
    Als Tonina den Bootsführer des kleineren Kanus winkend am Bug stehen sah, schlug ihr Herz höher. Macu!

    Freundlich winkend steuerte Macu, Wind und Wellengang geschickt ausnutzend, mit hoher Geschwindigkeit auf das sehr viel größere Boot zu; was man von Toninas Boot aus nicht sah, war, dass sein Bruder Awak und weitere Kumpane sich flach auf den Boden des Kanus drückten, sodass nur vier Ruderer das Boot vorwärts zu bewegen schienen. Kurz vor der Kollision, so Macus Plan, würde er seinen Männern das Zeichen geben, aufzuspringen und mit Pfeilen und Speeren anzugreifen.

    Als er den jungen Mann in dem rasch auf ihn zukommenden Kanu erkannte, winkte Yúo lächelnd zurück.
    Toninas Herz klopfte. Warum war Macu hier? Wollte er sie auf das Festland begleiten?
    Als das kleinere Kanu fast bei ihnen angelangt war, gab Yúo seinen Männern den Befehl, die Ruder aufzustellen.
    Macu grinste und gab seinen Leuten, die sich versteckt hielten, ein Zeichen.
    »Wir wollten euch Glück wünschen!«, rief er, als sein Boot beidrehte.
    »Danke!«, rief Yúo zurück, und sein Lächeln entblößte die perlweiß schimmernden Zähne in seinem dunkelbraunen Gesicht. »Mögen die Götter uns alle auf dieser Reise segnen.«
    Beide Rudermannschaften legten eine Pause ein, man hörte nur noch die Wellen seitlich an die langen, schmalen Boote klatschen. Als Macus Kanu nahe genug beigedreht hatte, dass ein Mann auf das andere hinüberspringen konnte, wandte er sich zu seinen Leuten um und wollte den Befehl zum Angriff geben, als etwas Scharfes seinen Schenkel traf.
    Überrascht sah er nach unten. Ein brennender Pfeil hatte sich in sein Fleisch gebohrt.
    Im nächsten Augenblick ging ein Hagel von Feuerpfeilen auf das kleinere Kanu nieder. Macus Männer sprangen auf und schleuderten ihre eigenen Pfeile und Speere.
    Entgeistert verfolgte Tonina den Kampf.
    Sie konnte nicht wissen, dass ihre Großmutter vor Beginn der Reise heimlich Yúo gewarnt hatte: »Ich traue diesem Macu nicht. Nachdem Tonina ihm das Leben gerettet hatte und seine Freunde ihn vom Strand wegführten, habe ich gesehen, wie er sich umschaute und ihr einen bösen Blick zuwarf. Nein, ich traue ihm nicht.«
    »Wir werden auf alles vorbereitet sein«, hatte Yúo ihr versichert. Und er wusste auch, wie er das anstellte. Wenn Tonina im Bug saß und in Richtung Westen Ausschau nach Land hielt, würde ihr entgehen, dass im Heck ihres langen Kanus Yúos Männer hockten, bereit, sich mit sogenannten Feuerpfeilen zu verteidigen – mit Pfeilen, deren Spitze mit Harz ummantelt war und die man an der glimmenden Asche entzündete, die man für das Lagerfeuer auf dem Festland mitnahm. Beim Näherkommen des anderen Kanus hatte Yúo Macu nicht aus den Augen gelassen; er hatte die Nervosität auf den Gesichtern der lediglich vier Ruderer in dessen Boot gesehen. Und dann hatte er die geduckten Männer erspäht. So konnte Yúo als Erster zuschlagen.
    Mittlerweile loderte auf Macus Kanu bereits hier und dort Feuer auf. Männer schöpften um die Wette Wasser, um die Flammen zu löschen; mit Messern und Äxten bewaffnet, sprangen andere hinüber auf Toninas Kanu. Ein Kampf Mann gegen Mann entbrannte, man brüllte und stach und schlug aufeinander ein. Das Kanu schwankte bedrohlich. Tonina hielt sich mit beiden Händen an der Bordkante fest, sie schrie vor Entsetzen.
    Rauchschwaden stiegen aus dem kleineren Kanu auf, das die Strömung samt der dort befindlichen Männer mit sich riss.
    Wie durch einen dicken Nebel sah Tonina, wie sich Macu mit wutverzerrtem Gesicht auf Yúo stürzte, einen Knüppel schwang und mit einem heftigen Schlag Yúos Kopf traf. Huracans Neffe stürzte zu Boden. Macu stieg über ihn hinweg, holte erneut
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