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Das Mordgesindel (German Edition)

Das Mordgesindel (German Edition)

Titel: Das Mordgesindel (German Edition)
Autoren: Moe Teratos
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ihrem Transport in das Krankenzimmer her in Erinnerung hatte. Die Fugen waren an manchen Stellen rostbraun gesprenkelt. Sie wusste, was das bedeutete. Blut, das an die Wände gespritzt war und sich in den Fugen abgesetzt hatte. Die Reinigungsmannschaft hatte nicht sorgfältig genug gearbeitet und nur die gröbsten Spuren der Gewalt beseitigt. Wie ein roter Faden zogen sich die Sprenkel fort. Meter um Meter, Stück für Stück.
    »Was ist hier passiert?« Diana erschrak vor ihrer eigenen Stimme, die durch den langen Flur hallte.
    »Was meinst du, Schätzchen?« Ladys Griff gewann an Stärke. Ihre Hand drückte unerbittlich zu.
    Etwas in ihr schrie: »Nein! Frag sie bloß nicht!« Sie konnte nicht anders.
    »Die Fugen«, Diana deutete mit ihrer freien Hand darauf, »da klebt getrocknetes Blut.«
    »Der Scharfsinn einer Polizistin!« Lady lachte und blieb stehen. »Ich will dir ja nicht den Tag verderben, Süße«, sie strich mit einem Finger über die Kacheln, »aber wenn du nicht aufpasst, klebt dein Gehirn heute Abend neben den Überresten hunderter Frauen.«
    Diana starrte Lady an. Hunderte? Welche perversen und grausamen Spielchen trieben die Leute hier? Oder bluffte Lady? Wollte sie ihr Angst einjagen, um sie noch gefügiger zu machen?
    »Komm, wir haben keine Zeit.« Sie riss an Dianas Arm und zog sie hinter sich her.
    Diana achtete nicht auf die Frau oder die Türen, die sie auf dem Weg durch den Flur passierten. Sie hatte nur Augen für die Sprenkel; rostrot, mahnend und furchterregend. Ein Zeichen dafür, dass Diana in kurzer Zeit nicht mehr selbst darüber bestimmen konnte, wie und wann sie starb.
     
     

Kapitel 6
     
    Wir fuhren seit einer Stunde schweigend auf der Autobahn Richtung Amsterdam. Mein Navigationsgerät ließ mich wissen, dass wir die Hälfte des Weges bereits hinter uns gebracht hatten. In mir wechselten sich Langeweile und Hass auf andere Autofahrer ab. Das Radio konnte mich nicht von unserer bevorstehenden Mission ablenken und ich entschloss mich, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen war, wo ich ein wenig mehr über meinen Begleiter erfahren wollte.
    »Du wolltest mir doch erzählen, was du Wichtiges erledigen musst.«
    Ich sah aus dem Augenwinkel, wie Snake zusammenzuckte.
    »Hast du etwa geschlafen?«
    »Ja, Mann. War eine harte Nacht, hab kaum gepennt. Die Weiber mussten mal wieder richtig zugeritten werden.« Er lachte und zündete sich eine Zigarette an, ich lehnte dankend ab.
    »Also? Welche Rechnung hast du noch offen?«
    Snake holte tief Luft. »Meine Schwester Clara zog vor einem Jahr nach Amsterdam, ihre Wohnung lag in der Nähe des Rotlichtviertels De Wallen , weil dort die Mieten relativ niedrig sind. Kurz nach ihrem Einzug verschwand sie spurlos.«
    Der Wagen kam ins Schlingern, als ich zur Seite blickte und sah, dass Snake nicht der herzlose Zuhältertyp war, der er vorgab zu sein. Tränen liefen ihm über die Wangen und er hielt sich eine Hand vor den Mund.
    »Vor zwei Monaten hat die Politie sie gefunden, oder eher Passanten.«
    »Geht es ihr gut?« Ich bereute die Frage gleich, nachdem ich sie gestellt hatte. Wenn sie sie lebend gefunden hätten, würde der Mann dann neben mir weinen?
    »Dort, wo sie jetzt ist, bestimmt.« Snake kramte ein Taschentuch aus seinem Rucksack und schnäuzte sich. »Sie trieb in einer Gracht. Sie zogen ihren schlaffen Leib aus dem Kanal; hunderte Touristen gafften und sahen dabei zu, wie die aufgedunsene Leiche abtransportiert wurde.«
    »Weiß die Politie, wer es war?«
    »Sie haben einen Verdacht, aber keine Beweise. Sie behaupten, sie sei der Prostitution nachgegangen und an einen perversen Freier geraten.« Snakes Stimme schwoll an. »Diese Blödärsche! Clara hatte nie etwas mit dem Milieu zu schaffen, sie war eine Art Heilige. Ich musste mir ständig Standpauken anhören, wie falsch es sei, was ich mache. Sie wäre nie anschaffen gegangen!«
    »Glaubst du, sie wurde gezwungen?«
    »Das glaube ich nicht nur, ich weiß es!« Snake schnipste die Kippe aus dem Fenster.
    »Wie kam sie ums Leben?« In mir zog sich allmählich alles zusammen. Ich dachte an Diana und die Tatsache, dass genau in der Umgebung, in der Snakes Schwester gefunden worden war, meine Partnerin zuletzt lebend gesehen wurde.
    »Die Polizei sagte mir, man habe sie mehrfach missbraucht und geschlagen, bevor man sie mit den Händen erdrosselte.«
    »Gott! Das tut mir leid.«
    »Muss es nicht, davon kommt sie nicht zurück.«
    »Warum bist du nicht schon längst nach Amsterdam
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