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Das Mitternachtskleid

Das Mitternachtskleid

Titel: Das Mitternachtskleid
Autoren: Terry Pratchett
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jemals damit in Berührung kommen würde. Und weil man nie vorsichtig genug sein kann, wuschen sie sich hinterher mit einer starken Laugenseife gründlich die Hände. Genau genommen war es kein besonders romantisches Stelldichein.
    »Glauben Sie, dass er irgendwann wieder zurückkommen wird?«, fragte Preston, während sie sich auf ihre Schaufeln stützten.
    Tiffany nickte. »Der Tückische auf jeden Fall. Früher oder später findet er bei irgendwem wieder ein offenes Ohr.«
    »Und was haben Sie jetzt vor, nachdem er weg ist?«
    »Ach, nur die üblichen spannenden Abenteuer. Irgendwo findet sich schon wieder ein Bein, das verbunden, und eine Nase, die geputzt werden will. Da hab ich den lieben langen Tag zu tun.«
    »Das klingt aber nicht sehr spannend.«
    »Kann schon sein«, sagte Tiffany. »Aber nach dem, was wir gestern erlebt haben, klingt es für mich richtig einladend .« Sie machten sich auf den Rückweg zum Rittersaal, wo inzwischen das Hochzeitsfrühstück als Mittagessen aufgetragen wurde. »Du bist ein ausgesprochen tatkräftiger junger Mann«, sagte Tiffany. »Und ich danke dir sehr für deine Hilfe.«
    Preston nickte glücklich. »Gern geschehen, Fräulein. Vielen Dank für Ihren Dank. Allerdings hätte ich da doch noch einen – wie soll ich sagen? – einen kleinen Verbesserungsvorschlag anzubringen. Sie sind knapp sechzehn, und ich bin siebzehn. Womit also klar sein müsste, dass die Anrede junger Mann nicht angeht. Mein Gemüt mag ja jugendlichsonnig sein, aber, meine Liebe, ich bin ganz einfach älter als du.«
    Nach einer kleinen Pause fragte Tiffany bedachtsam: »Woher weißt du, wie alt ich bin?«
    »Ich hab mich umgehört.« Preston lächelte noch immer.
    » Warum?«
    Auf eine Antwort musste Tiffany vorerst verzichten, denn der Feldwebel kam ihnen aus dem Haupttor entgegen, inmitten eines Konfettiregens, der ihm vom Helm rieselte. »Ah, da bist du ja, Tiff. Der Baron hat nach dir gefragt und die Baronin ebenfalls.« Er schmunzelte versonnen. »Wie schön, dass wir wieder eine Burgherrin haben.« Als sein Blick auf Preston fiel, runzelte er die Stirn. »Na, vertrödeln wir mal wieder unsere Zeit, Untergefreiter Preston?«
    Preston salutierte zackig. »Sie gehen vollkommen recht in Ihrer Annahme, Feldwebel. Sie haben den korrekten Sachverhalt erschöpfend beschrieben.« Womit er sich von seinem Feldwebel den üblichen entgeisterten Blick einhandelte. Zusätzlich erntete er heute auch noch ein missbilligendes Knurren, was so viel bedeutete wie: Eines Tages kriege ich schon noch raus, was du da eigentlich immer von dir gibst, Bürschchen, und dann kannst du dein blaues Wunder erleben.
     
    Mit Trauungen ist es wie mit Beerdigungen: Sobald sie vorbei sind, weiß – außer den Hauptbeteiligten — niemand so recht, wie es weitergehen soll. Weshalb man erst einmal nachschauen geht, ob sich nicht noch irgendwo ein Fläschchen Wein auftreiben lässt. Aber Lätitia gab, wie es sich für eine Braut gehörte, eine strahlende Erscheinung ab, und ihre leicht angesengten Haarsträhnen fielen unter der herrlich funkelnden Tiara gar nicht weiter auf. Roland sah ebenfalls aus wie aus dem Ei gepellt und roch nur noch aus nächster Nähe ein klein wenig nach Schwein.
    »Diese Sache gestern Abend … «, begann er nervös. »Äh, die ist doch wirklich passiert, nicht wahr? Ich erinnere mich noch an den Schweinestall und dass wir gerannt sind, aber …« Er brach ab.
    Tiffany sah Lätitia an, die mit den Lippen lautlos den Satz formulierte: »Ich erinnere mich an alles !«
    Ja, sie war tatsächlich eine Hexe. Das konnte also noch spannend werden.
    Roland hüstelte. Tiffany lächelte. »Wertes Fräulein Weh«, sagte er, und diesmal verzieh Tiffany ihm seine »offiziöse Ausdrucksweise«. »Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass ich mitverantwortlich für einen Justizirrtum bin, bei dem Sie die Leidtragende waren.« Er hüstelte erneut, und Tiffany dachte: Hoffentlich kann Lätitia ihn ein bisschen lockerer machen. »Aus diesem Grund habe ich mich der Hilfe des jungen Preston versichert, der im Gespräch mit den Küchenmägden auf seine unbekümmerte Art herausgefunden hat, wohin sich die Pflegerin abgesetzt hatte. Der größte Teil des Geldes konnte sichergestellt werden, und ich darf Ihnen verkünden: Es gehört Ihnen.«
    Tiffany bekam einen Knuff in die Seite.
    Er kam von Preston, der ihr zuzischelte: »Das hier haben wir auch noch gefunden.«
    Damit drückte er ihr die abgewetzte Ledermappe in die Hand. Sie nickte
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