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Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Titel: Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt <München>
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Leistung) nur in der »Harvard Business Review« veröffentlicht wurden, weil sein Installateur, ein Abonnent des Blattes, einen empörten Leserbrief an die Zeitschrift schrieb – wieso ein solches Genie dort kein Forum erhalte? Die letzten drei Jahrzehnte seines Lebens lebte er, auch aufgrund einer angegriffenen Gesundheit, abgeschieden mit seiner Frau auf einer kleinen Farm im Hudson Valley, mit Pferden und einer namenlosen Katze. Dort schrieb er an seinem Zentralwerk, das unvollendet blieb: »Up the Existential Staircase«. 18

    In den fünfziger Jahren entwickelte Graves seine »Emergent Cyclical Levels of Existence Theory« – eine ganzheitliche, evolutionäre Existenztheorie des Menschen. Ein wahrhaft ehrgeiziges Unterfangen. Graves nannte es ein »biopsychosoziales Entwicklungsmodell«.
    Menschen reagieren auf Herausforderungen der Umwelt, indem sie Strategien bilden und Lösungen suchen. Dabei entstehen »mindsets«, das heißt Haltungen und Mentalitäten, die auf dem Weg der sozialen Kopie zu Kultur- und Zivilisationsmodellen mit den entsprechenden Soziotechniken werden. Diese wiederum verändern die soziale Umwelt und erzeugen so neue Herausforderungen … In den Worten von Graves: »Die Lösungen von gestern sind die Probleme von heute, die Lösungen von heute die Probleme von morgen.« Der Prozess der stetigen Adaption und neuerlichen Entstehung von Problemen pendelt dabei zwischen den Polen »Ich« und »Wir«. Menschen sind einerseits Individuen, die autonome Coping-, das heißt Bewältigungsstrategien entwickeln, aber eben auch Gruppenwesen, die immer neue Organisationsweisen erzeugen. In der Wechselwirkung zwischen beiden Aspekten entsteht soziale Komplexität.
    Zeit seines Lebens – er starb 1986 – wehrte sich Graves fast schon verzweifelt gegen den Determinismus, ebenso wie gegen jeden spirituellen Missbrauch seiner Theorie. »Die Natur des Menschen«, formulierte Graves, »ist keineswegs fixiert oder festgesetzt. Sie ist ein offenes System, kein geschlossenes.« Obwohl er reihenweise psychologische Tests auf der Grundlage seines Spiralmodells durchführte, ging Graves nicht davon aus, dass man es praktisch, etwa im Rahmen von Therapien nutzen könne. Er ahnte die »Scientology-Falle«. Er warnte ausdrücklich davor, es als Kategorialsystem zur Beurteilung von Menschen zu verwenden.
    Zur besseren Illustration von Graves’ endloser Spirale wählten Beck und Cowan Farben für die verschiedenen Abschnitte. Das menschliche Leben in seiner biopsychosozialen Ganzheit beginnt in der Urzeit, mit den elementaren Bedürfnissen nach Überleben, Ernährung und Geborgenheit.

    Beige: Unser inneres Selbst entsteht in einem Zustand des archaischen Egoismus. Es geht in dieser Phase ums nackte Überleben in einer feindlichen Umwelt. Instinkt, Angst, Not und Fortpflanzung prägen diesen archaischen Ausgangspunkt. Zwar leben Menschen auch hier schon in Sozialsystemen, diese haben sich jedoch noch kaum ausdifferenziert. Das Dasein ist tribal in einem rudimentären Sinne.
     
    Purpur: In der zweiten Phase entdecken Menschen ein höheres »Wir«. Sie suchen in der Gemeinschaft nach übernatürlichen Erklärungen, um ihre Ohnmacht zu überwinden. Sie »formulieren« Außenkräfte, mit denen sie sich verbünden können, um die Angst und Verlorenheit zu überwinden, um endlich mächtig zu werden. Brauch und Beschwörung, Religion, Zugehörigkeit und Magie stellen die tragenden Kräfte dieses Spiralabschnitts dar. In der Kindheit findet diese Phase im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren statt, wenn wir uns mit »magischen Kräften« auseinandersetzen. In der Zivilisationsgeschichte entstehen nun die ersten Kulte und Religionssysteme. Die »vertikale Spannung« der Kultur entsteht.
     
    Rot: Es folgt die Phase der Suche nach unmittelbarer Wirksamkeit im Ich-Prinzip. Die Phase »Rot« signalisiert Strategien des Wollens und Erzwingens, der Eroberung und Weltmächtigkeit. Menschen entdecken, dass Zorn und Gewalt Wirkungen haben, dass sie nicht passiv oder gar Opfer sein müssen, dass Dominanz möglich ist. Das Pendel schwingt zurück zum Ego, das nun sein Begehren, aber auch seine Ängste in Strategien der Durchsetzung und Macht umformt. In der Entwicklungspsychologie ist dies eine Mischung aus Trotz- und »Halbstarken«- oder «Heroismus«-Phase (praktisch alle neuen Hollywood-Filme »sehen rot«).
     
    Blau: In der nächsten Phase bildet sich ein neues, komplexeres Wir aus der Idee der differenzierten Organisation.
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